„Wir spielen in der besten Stadtliga Deutschlands!"

Niendorf-Coach Farhadi über Negativserien und Transferplanungen

08. Juni 2016, 09:43 Uhr

Nach der Niederlagenserie zu Beginn der Rückrunde, dem Durchreichen in der Tabelle und einem schlussendlich durchwachsenden zwölften Tabellenplatz, hat der Niendorfer TSV nun vor allem mit den Abgängen gestandener Stammkräfte zu kämpfen. Wir sprachen mit Ali Farhadi über die kritischen Momente in der zurückliegenden Saison und über die Kaderplanung für die kommende Serie.

„Solch eine Niederlagenserie ist immer relativ schwer zu beenden“, weiß auch Farhadi und fügt an: „Wir haben eine gute Hinrunde gespielt, dann aber einen holprigen Start in die Rückserie erwischt.“ In der Tat: Nach einem 1:1 gegen BU im neuen Jahr folgten sechs Niederlagen hintereinander. „Ab der vierten Niederlage wurde es immer kniffliger“, gesteht der 41-Jährige. Aber während einige Beobachter schon mit dem Abdanken des Übungsleiters rechneten und dieser selbigen nach der Packung in Meiendorf auch andeutete, konzentrierte er sich weiterhin auf die grundlegenden Aufgaben und Ziele: „Mir ging nur durch den Kopf, dass wir das nächste Spiel gewinnen müssen, denn das beste Mittel gegen einen solchen Negativlauf ist nun mal ein Sieg.“ Warum es auf einmal nicht mehr lief, wusste man auch am Sachsenweg nicht, allerdings sah man in der zwischenzeitlichen Personalnot einen Grund: „Wir sind ein junges Team, bei dem Eckpfeiler wie Kocadal, Benn, Yapici und Kindler den Ausschlag geben können.“ Diese elementaren Akteure hangelten sich teilweise aber mit Verletzungen von Spiel zu Spiel und musste mit ansehen, wie man nacheinander die Begegnungen gegen Dassendorf, Buchholz und Condor jeweils mit 0:1 äußerst knapp verlor.

„Manchmal hast du halt Tage – gut, bei uns waren es Wochen – die schwierig sind"

Auch bei „den vielen Mannschaften in der Oberliga, die sich auf Augenhöhe befinden und wo meist die Tagesform entscheidend ist“, sah Farhadi einen Grund, dass man über mehr als fünf Wochen lang keinen Dreier mehr einfahren konnte. Als es dann aber zum 1:4-Debakel gegen den späteren Absteiger aus Meiendorf kam, platzte auch dem ansonsten so besonnenen Vertreter öffentlich der Kragen und er gab ein Statement ab, in das man viele Dinge hinein interpretieren konnte („…Wenn zwischen Sender und Empfänger etwas gestört ist, dann wird es schwer…“). Rückblickend sagt Farhadi über diesen Moment: „Man muss irgendwann auch mal Signale setzen und ich hatte das Gefühl, dass es an der Zeit war.“ Womöglich war es eben genau dieses Signal, welches gefehlt hat! Denn nach sechs Niederlagen in Folge gelang es dem NTSV endlich, dem bösen Strudel zu entkommen – auch weil sich mit dem SV Lurup (8:0) ein Gegner nach Niendorf verirrte, der eben nicht auf Augenhöhe agierte. „Manchmal hast du halt mal Tage – gut, bei uns waren es Wochen – die schwierig sind. Doch im Nachhinein haben wir das ganz gut gelöst.“

Nach dem Luruper Torfestival ging es wieder stetig bergauf: Mit 13 Punkten aus fünf Spielen kletterte der Niendorfer TSV peu à peu in der Tabelle nach oben, stand nach vier Wochen auf einem gesicherten Mittelfeldplatz und konnte frühzeitig das Minimalziel „Klassenerhalt“ erreichen. „Wir haben nicht viel verändert, das ist dann auch zu viel Hokuspokus“, so Farhadi, der anfügt: „Wir haben weiter hart gearbeitet und uns nicht von den anderen Ergebnissen beeinflussen lassen. Mit dieser schwierigen Phase mussten wir aber erstmal zurechtkommen und uns schütteln.“ Schlussendlich habe man aber „absolut verdient die Klasse gehalten“.

Wo womöglich in anderen Vereinen der Trainer nach vier oder fünf Spieltagen komplett in Frage gestellt worden wäre oder dieser selbst das Handtuch geworfen hätte, genoss Farhadi in Niendorf weiterhin vollsten Zuspruch der Verantwortlichen: „Ich habe nach wie vor eine großartige Unterstützung im Verein“, freut sich der Iraner über die Rückendeckung und dachte genau aus diesem Grund zu keiner Zeit an einen Abschied, wie er heute sagt: „Ich hatte nie den Gedanken, aufzugeben – auf gar keinen Fall!“

„Man versucht nicht, über die Hintertür an einen Spieler zu gelangen!"

Hat der NTSV-Coach mit seinem Team den schweren Kampf gegen die Krise gewonnen, muss er nun in den nächsten Kampf ziehen: Denn wie wir bereits vermeldeten, verpflichtete der FC Türkiye die Niendorfer „Lebensversicherung“ Serhat Yapici. Wenige Tage später mussten die Sachsenwegler auch Ebenezer Utz ziehen lassen. Beide Abgänge wiegen enorm schwer, wobei die Transfers unter komplett unterschiedlichen Voraussetzungen zustande kamen: „Mit Sicherheit tun beide Abgänge fußballerisch weh“, gibt Farhadi zu, und wird direkt im Anschluss etwas konkreter: „Im Fall von Ebbi (Ebenezer Utz, Anm. d. Red.) waren wir frühzeitig informiert, dass er gerne eine Klasse höher spielen möchte. Das wollte er schon letztes Jahr, doch damals klappte es nicht. Nun ist er sich mit dem Lüneburger SK einig geworden und das freut mich für ihn total. Ich bin mir sicher, dass er zeigen wird, dass er ein richtig Guter ist. Bei Serhat ist es dagegen sehr unglücklich gelaufen. Er hat mir fest für zwei Jahre zugesagt und er weiß ganz genau, dass bei mir eine Zusage mehr zählt als eine Unterschrift.“ Doch auch beim aufnehmenden Verein gefielen Farhadi gewisse Dinge nicht:: „Türkiye hat kein gutes Spiel daraus gemacht. Man versucht nicht, über die Hintertür an einen Spieler zu gelangen!“ So habe man sich beim FC Türkiye neuerdings dem Begriff der „freien Marktwirtschaft“ angenommen, so der 41-Jährige.

Yapici, Utz, Klüver weg – gehen auch Buttler und Dieckmeyer?

Neben Yapici und Utz wird auch Nico Klüver (TuRa Harksheide) den Sachsenweg verlassen. Auch die Abgänge von Johann Buttler und Marcel Dieckmeyer stehen derzeit im Raum. Während Buttler „gerne eine Liga höher spielen möchte“ und nun mit dem VfB Lübeck in Verbindung gebracht wird, habe Dieckmeyer versucht, ebenfalls bei Türkiye anzuheuern. „Ich weiß nicht, wie er sich das vorstellt. Man kann sich nicht einfach so den Verein aussuchen, als würde man in einen Einkaufladen gehen“, so Farhadi, der weiter ausführt: „Es ist unwahrscheinlich, dass er uns verlässt, denn er hat bei uns noch einen Zweijahresvertrag.“

Auf der anderen Seite wurde inzwischen aber auch bekannt, dass neben Magnus Hartwig (SC Poppenbüttel) mit Marc Aaron Kassler (Torwart, Henstedt-Ulzburg), Aboubacar Fofana, Nico Kukuk, Moritz Niemann (alle eigene A-Regio) sowie Marcel Jobmann (eigene Zweite) weitere fixe Zugänge hinzu kommen werden. Vor allem über die Verpflichtung von Hartwig ist Farhadi enorm glücklich: „Er ist ein Wunschspieler, den ich schon im Winter haben wollte. Damals waren wir allerdings ein bisschen spät dran, sodass er sich schlussendlich für Poppenbüttel entschieden hat. Als ich dann gehört habe, dass er nicht im ersten Atemzug mit nach Meiendorf geht, habe ich mich mit ihm erneut zusammengesetzt. Er ist einer der besten offensiven Mittelfeldspieler der Liga!“

Vor allem durch die jungen Neuzugänge möchte man die Philosophie fortführen: „Es ist eine interessante und reizvolle Aufgabe. Der Lernprozess geht weiter – ich beziehe mich da selbst voll mit ein. Durch die hervorragende Jugendarbeit haben wir beste Voraussetzungen in Niendorf, um dies weiterzuführen.“

„Es ist ein enormer Reiz, gegen die ganzen anderen Stadteile zu spielen"

Über die Ziele und Erwartungen für die kommende Saison, in der man laut Farhadi wieder „in der besten Stadtliga Deutschlands spielt und es ein enormer Reiz ist, gegen andere Stadtteile anzutreten“, sagt Farhadi: „Wir wollen einen weiteren Schritt nach vorne machen, schnellstmöglich sicher sein in der Liga und so viele Punkte wie möglich sammeln. Tabellarisch etwas auszugeben macht eigentlich keinen Sinn.“ Doch auch den ODDSET-Pokal möchte man in der kommenden Serie nicht vernachlässigen. „Es ist total interessant, zu sehen, was man dadurch im Hamburger Fußball erreichen kann“, so Farhadi abschließend.

Autor: Daniel Meyer