„Und so spielt ein Aufsteiger!“

Osdorf „scheitert an sich selbst"

20. August 2016, 00:25 Uhr

Doppeltorschütze Hendrik Ebbecke (r.) bejubelt das zwischenzeitliche 3:1 mit Mark Hinze. Foto: noveski.com

Eine gute Viertelstunde war noch auf der Uhr, als Wedels Hendrik Ebbecke mit seinem zweiten Torerfolg für die Vorentscheidung zugunsten seines WTSV sorgte und die Anhängerschar der Elbstädter in regelrechte Euphoriestürme versetzte. „Und so spielt ein Aufsteiger“, hallte es durchs Rund am Blomkamp. Am Ende triumphierte der Hammonia-Vize-Meister der Vorsaison sogar mit 4:1 beim Meister und langjährigen Erzrivalen. Ein Resultat, das zumindest den Spielverlauf der ersten 45 Minuten in keinster Weise widerspiegelt. Doch Osdorf-Chefcoach Piet Wiehle brachte es im Nachgang nüchtern auf den Punkt: „Wir treffen einfach das Tor nicht!“

Allein in den ersten neun Zeigerumdrehungen durfte der heimische TuS vor 413 zahlenden Zuschauern drei Hochkaräter für sich verbuchen: die ersten beiden Möglichkeiten leitete Patrick Herbrand mit seinen berühmt-berüchtigten weiten Einwürfen ein. Beim ersten Mal zielte Jeremy Wachter noch etwas zu ungenau (5.) – während der Ball kurz darauf im Netz zappelte. Wieder war es Wachter, der den Ball nach einer Kopfballverlängerung am zweiten Pfosten stehend unter die Latte donnerte (7.). Doch eben jene Verlängerung des Herbrand-Einwurfes sorgte dafür, dass der Unparteiische Björn Lassen (Barsbütteler SV) den Treffer nicht anerkannte, weil er Wachter im Abseits wähnte. Die Hausherren beschwerten sich vehement, dass die Kugel von einem Wedeler Kopf weitergeleitet wurde. Dennoch schreckten die Hausherren nicht auf – allerdings standen sie sich wenig später selbst im Weg: Sven Müller und Antonio Ude hatten nach einem Enderle-Freistoß freie Bahn, waren sich aber uneins darüber, wer das Spielgerät nun ins Tor tragen soll (9.). Im Gegenzug dann das: Marlo Steinecke mit dem tollen Pass auf den links durchstartenden Jorma Eggers. Dieser scheiterte zwar im ersten Anlauf an Christoph Möhring, bugsierte jedoch den Abpraller ins Glück! Spielgeschehen komplett auf den Kopf gestellt!

Jorma Eggers (M.) stellt den Spielverlauf auf den Kopf und schießt im zweiten Anlauf zur Wedeler Führung ein. Foto: noveski.com

Bis zur Pause erspielten sich die Wiehle-Schützlinge drei weitere Gelegenheiten durch Dennis Schmidt, dessen Vier-Meter-Kopfball von Lucas Albracht um den Pfosten gelenkt wurde (18.), Jeremy Wachter, der die Kugel an den Querbalken nickte (20.), sowie Melvin Bonewald, der Christian Najjar zu einem kapitalen Aussetzer zwang und freistehend am langen Eck vorbei zielte (39.). Eigentlich hätte der Hammonia-Meister nach 45 Minuten führen müssen, stattdessen lief man einem unnötigen Rückstand hinterher. „Laut meinem Zettel hatten wir in der ersten Halbzeit ein Chancenverhältnis von Sechs zu Eins. Genau das ist momentan unser Problem. Uns gelingt es nicht, in Form eines Führungstreffers mal einen Brustlöser zu haben. Und dann ist es natürlich doppelt ärgerlich, dass sie einmal vor unser Tor kommen und es gleich klingelt“, ärgerte sich Wiehle. Ähnliches Bild zu Beginn des zweiten Abschnitts: Herbrand flankte, Ude und Bonewald im Doppelpass. Erstgenannter aus 14 Metern – erneut war Albracht, der gar nicht so schnell reagieren konnte, Sieger (50.).

Wedel spielte nun zwar deutlich gefälliger mit, ohne aber wirklich zwingend vor des Gegners Tor aufzutauchen – bis zur 60. Spielminute: Jorma Eggers mit einem einfachen Pass in die Spitze auf Ebbecke, der abermals eiskalt blieb und aus halblinker Position ins lange Eck einschob – 0:2! Wiehle reagierte mit einem Doppelwechsel: Luca D’Agata und Torben Krause sollten für neuen Offensivschwung sorgen. Letztgenannter feierte damit sein Oberliga-Debüt und war nicht einmal 20 Sekunden auf dem Platz, als Albracht seinen Freistoß aus dem Eck fischen musste (65.). 180 Sekunden darauf war es ein weiteres Mal der angeschlagene „TK9“, dessen 25-Meter-Freistoß an den rechten Pfosten klatschte, ehe Kevin Trapp zum Anschluss abstaubte (68.)! „Das war nochmal ein Hoffnungsschimmer. Ich hatte ein gutes Gefühl – auch aufgrund der langen Vorgeschichte gegen Wedel“, so Wiehle. Sein Gegenüber befand: „Es wurde zwar nochmal kritisch, aber ich war zuversichtlich, dass wir heute als Sieger vom Platz gehen werden.“

Harter Einsatz von Osdorfs Bennet Krause (h.) gegen Mark Hinze. Foto: noveski.com

Die Dramatik nahm zu – auch abseits des Spielfeldes. WTSV-Sportchef Frank Ockens wurde nach einem Scharmützel mit der Osdorfer Bank hinter die Bande verwiesen (72.). Seine Mannschaft quittierte dies mit der Vorentscheidung, als der eingewechselte Othniel Kenou zunächst im Eins-gegen-Eins in Möhring seinen Meister fand, aber der bärenstarke Steinecke schnell reagierte und den Ball von der linken Eckfahne scharf vors Tor brachte, wo Ebbecke mit der rechten Innenseite unter die Latte vollstreckte (74.)! Nun ergaben sich viele Räume für die Gäste, die zu einigen Chancen kamen und sieben Minuten vor Schluss endgültig für klare Verhältnisse sorgten: Gary Voorbraak von links auf Mark Hinze, der die Pille auf der halbrechten Seite einmal auftitschen ließ und dann per Dropkick ins lange Eck nagelte! „Wir haben versucht, Fußball zu spielen – das war der Unterschied“, meinte Wedels Co-Trainer Kemal Mimaroglu, der den verhinderten Daniel Domingo vertrat. „Wir wussten, dass der Gegner über Standards und lange Bälle kommen wird. Wir haben einige Minuten gebraucht und mit unserer ersten Kombination gleich zugeschlagen. Danach war es ein Fight, diesen haben wir angenommen. In der zweiten Halbzeit haben wir unsere Chancen konsequent genutzt.“ Die abschließenden Worte gebührten Piet Wiehle: „In der letzten Konsequenz war entweder ein Bein dazwischen oder aber wir wollten den Ball nicht reinmachen. Und dann passieren Fehler bei Spielern, die im letzten Jahr noch eine absolute Bank für uns waren. Meiner Meinung nach scheitern wir derzeit an uns selbst. Das Spiel musst du nicht verlieren!“

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