Erst Fehlschuss des Jahres, dann der goldene Luckypunch!

"Rothose" Daouri sorgt für ersten HSV-Dreier

20. August 2016, 18:08 Uhr

Chancenlos! Nach einigen starken Paraden musste sich Lupo-Schlussmann Marius Sauß nach einer guten Stunde geschlagen geben. Foto: noveski.com

Die rund 200 Schaulustigen an der Hagenbeckstraße trauten ihren Augen kaum – die neunte Spielminute im Duell zwischen der U21 des HSV und Regionalliga-Aufsteiger Lupo Martini Wolfsburg hätte Adel Daouri beinahe einige schlaflose Nächte bereitet. Denn nachdem „Rothosen“-Angreifer Törles Knöll von Lupo-Verteidiger Niklas Eilbrecht zu Boden gedrückt wurde, zeigte der sehr gut leitende Schiedsrichter Lukas Kirchland völlig zu Recht auf den Punkt. Daouri übernahm die Verantwortung – und…

Der 21-Jährige musste sich im ersten Anlauf dem stark reagierenden Wolfsburger Schlussmann Marius Sauß geschlagen geben. Kann passieren, wird sich der neutrale Besucher gedacht haben. Doch der Abpraller fiel Daouri erneut vor die Füße – und was dieser damit anstellte, fällt unter die Kategorie „Slapstick pur“: Denn aus sechs Metern beförderte er das Spielgerät nichts ins komplett verwaiste Gehäuse, sondern an den rechten Pfosten! „Ich dachte, der ist schon drin und bin es zu relaxed angegangen“, gestand Daouri anschließend und fügte an: „Den muss ich reinmachen!“ Sein Trainer meinte: „Ich weiß nicht, was ihm da durch den Kopf gegangen ist. Der Wahnsinn!“ Im dritten Anlauf wurde schließlich Enes Küc im entscheidenden Moment noch geblockt. Eine Szene, die zum Nachmittag passte. Der HSV-Nachwuchs diktierte und dominierte das Geschehen, wirkte im Abschluss aber immer wieder viel zu fahrig. Kurz darauf vergab nämlich auch Knöll gleich im Doppelpack (12.). Nach starkem Beginn der „Rothöschen“ gegen einen technisch doch arg limitierten Gegner, verfielen die Kunert-Schützlinge ein wenig in Schockstarre. Viel lief nicht mehr in den ersten 45 Minuten zusammen. Ein Glück aus HSV-Sicht, dass Lupo Martini – mit einem 4-5-1-System ins Spiel gegangen – kaum Anstalten machte, mal den Vorwärtsgang einzulegen.

Der gehaltene Strafstoß: Daouri scheitert an Sauß. Foto: noveski.com

Ähnlich wie im ersten Abschnitt kam der Gastgeber auch druckvoll aus der Pause und hatte in Person von Enes Küc den ersten Hochkaräter, als dieser von Finn Porath steil geschickt wurde. Lupo-Fänger Sauß war bereits überwunden – doch Elfer-Verursacher Eilbrecht rettete auf der Linie (53.). 180 Sekunden darauf zeigte sich auch der Liga-Neuling, der von einer kleinen Fangruppe lautstark unterstützt wurde, mal in der gegnerischen Hälfte – und wie: Nach einem Eckball und kurzem Kopfball-Pingpong musste Finn Ronstadt gegen Andrea Rizzo auf der Linie klären (56.). Das wäre es gewesen! Stattdessen avancierte ausgerechnet „Fehlschuss-Schütze“ Adel Daouri zum Matchwinner, als er nach sehenswerter Kombination über Rafael Brand, der toll durchsteckte, und Törles Knöll, der von links mustergültig quer legte, dessen Zuspiel mit der rechten Innenseite ins kurze Eck schob (62.)! „Es war schwer, nach der vergebenen Großchance wieder ins Spiel zu kommen. Aber man muss weiter dranbleiben“, so der Franzose hinterher. Der Bann war gebrochen – allerdings verpasste es der HSV in der Folge für klare Verhältnisse zu sorgen.

Sebastian Haut verfehlte mit seinem Distanzschuss das linke Toreck nur hauchdünn (72.), ehe Dennis Strompen nach feinem Angriff über den eingewechselten Dren Feka, Knöll sowie Ashton Götz zu unentschlossen in der Abwehr hängen blieb (80.). hinzu kamen zahlreiche Situationen, die von den „Rothosen“ einfach schlecht ausgespielt wurden. Zu allem Überfluss konnte auch Torschütze Daouri einen weiteren „Riesen“ nicht verwerten, als er Götz‘ Hereingabe aus zehn Metern am kurzen Eck vorbei schoss (87.). Und so musste man wie schon in der Vorwoche bei Hannover 96 II (1:1), als man in der Nachspielzeit den unglücklichen Ausgleich hinnehmen musste, bis zum bitteren Ende zittern. „Die letzte Woche hat uns gelehrt, dass man bis zur allerletzten Sekunde wach sein muss. Komischerweise habe ich da gar nicht mehr gezittert, weil Hannover genug Chancen hatte und eigentlich drei Stunden hätte spielen können. Dann machen sie aber doch noch mit einem Verzweiflungsschuss das Tor. Heute war es so, dass mir schon etwas mehr Bange war, weil wir gerade erst die Erfahrung gemacht haben. Deshalb bin ich jetzt einfach nur froh, dass wir die drei Punkte haben“, konstatierte ein erleichterter Dirk Kunert.

Sebastian Haut (l.) im Kampf um den Ball mit David Chamorro. Foto: noveski.com

Es war alles andere als ein glanzvoller Auftritt des HSV II. Dennoch befand auch Kunert: „Erstmal bin ich richtig glücklich, dass wir das Spiel gewonnen haben. Der Sieg war hochverdient! Für die Mannschaft war es enorm wichtig, dass wir mal ein Erfolgserlebnis haben. Denn das Gegentor in der letzten Woche war für uns wie ein Todesstoß. Wenn wir ein bisschen cleverer und abgewichster sind, müssen wir hier deutlich mehr Tore machen. Uns fehlt noch die Qualität im letzten Drittel. Es ist ganz einfach zu viel, was wir an Chancen liegenlassen. Im Endeffekt müssen wir die abschießen!“ Eine klare Aussage von Kunert, der noch gewisse Kriterien anprangert und verbessern will: „In der ersten halben Stunde haben wir das gut gemacht, danach haben wir aber etwas zu langsam gespielt und hatten nicht die nötige Schärfe drin. Wir haben einige Situationen nicht richtig ausgespielt, da fehlten die Konzentration und der letzte Wille, das Tor unbedingt machen zu wollen. Ich habe die Chancen alle gar nicht mitgezählt, wo eigentlich nur noch ein einfacher Pass kommen muss.“ Zur Belohnung für die ersten drei Zähler der Saison gab der Chefcoach seinen Kickern zwei Tage frei. „Nun haben sie 48 Stunden Zeit, um mal ein wenig runterzufahren und mit neuem Elan dann wieder durchzustarten. Hätten wir das Spiel nicht gewonnen, hätte es auch keine freien Tage gegeben!“ Trotz der Überlegenheit gegen einen eher bieder auftretenden Gegner musste man lange auf die Erlösung warten. „Es kann immer schiefgehen, wir sind noch nicht so gefestigt. Klar kommt irgendwann der Gedanke: wir haben Chancen über Chancen und machen diese nicht rein. Hoffentlich rächt sich das nicht. Aber dieser Gedanke verfliegt natürlich schnell, wenn sich eine Aktion an die nächste reiht“, gab Kunert abschließend zu Protokoll.

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