„Ich bin ein robuster Spieler, aber nicht unfair“

Billstedts kickender Jurist Semir Osmanbegovic im Porträt

08. September 2016, 10:30 Uhr

„Ich habe die Szenen gar nicht so hart wahrgenommen“, blickt Semir Osmanbegovic auf die Vorkommnisse im Spiel gegen Paloma zurück. Foto: noveski.com

Beim Spiel gegen den USC Paloma stand Semir Osmanbegovic am vergangenen Wochenende in der Schlussphase im Mittelpunkt. In gleich zwei Situationen ging der Innenverteidiger des SC V/W Billstedt derart energisch zur Sache, dass Gegner und Zuschauer der Meinung waren, er hätte vom Platz fliegen müssen. Nun schildert der 28-Jährige seine Sicht der Dinge und spricht über die Ziele mit seinem Club, zu dem er im Sommer wechselte.

Es lief bereits die siebte Minute der Nachspielzeit, als am vergangenen Wochenende in der Partie des SC V/W Billstedt beim USC Paloma, als die Emotionen noch einmal hochkochten. Schon fünf Minuten zuvor hatten sich Billstedts Semir Osmanbegovic und Torsten Hartung gegenübergestanden, dann war der Palomate plötzlich zu Boden gegangen. Nun hatte Osmanbegovic Hartung erneut getroffen – diesmal am Boden liegend mit dem Fuß am Kopf. Die Folge: Ein großer Tumult, in dessen Rahmen sogar USC-Manager Carsten Gerdey aufs Spielfeld eilen musste, um Hartungs aufgebrachten Teamkollegen Max Krause zu besänftigen. 

„Ich habe Hartung keine Kopfnuss gegeben“

EIne Szene, die die Gemüter hochkochen ließ: Palomas Torsten Hartung (li.) liegt am Boden, Semir Osmanbegovic (Dritter v. re.) wird abgedrängt. Foto: noveski.com/Bode

„Ich habe die Szenen gar nicht so hart wahrgenommen“, erklärt Semir Osmanbegovic, „es hat mich gewundert, dass da mehr drüber gesprochen und medial berichtet wurde als zum Beispiel über die vier Platzverweise für Hamm United im Spiel gegen den SV Altengamme.“ Klar habe es, so der Abwehrmann der Billstedter weiter, „im Spiel ein paar Nicklichkeiten gegeben – aber das ist im Fußball normal.“ Und – worauf der 28-Jährige großen Wert legt: „Ich habe Hartung in der ersten Situation keine Kopfnuss gegeben. Wir haben uns Kopf an Kopf gegenübergestanden, dann ist er gefallen und hat sich die Hände vors Gesicht gehalten.“


Denn: „Sowas hat auf dem Platz nichts zu suchen. Natürlich bin ich ein robuster Spieler, das muss ich als Innenverteidiger auch sein. Aber ich bin nicht unfair“, sagt Osmanbegovic mit Bestimmtheit und ist damit bei einem seiner Grundprinzipien angekommen: Nicht nur auf, sondern auch außerhalb des Platzes spielt die Fairness, oder besser gesagt: das Recht, eine große Rolle im Leben des 28-Jährigen: Osmanbegovic ist Jurist und arbeitet als Rechtsreferendar am Landgericht Hamburg.

„Fußball ist mir als Ausgleich neben dem Job wichtig“

Hier der Mann, der für das Recht kämpft. Dort der Fußballer Osmanbegovic, der im Zweifelsfall auch mal dem einen oder anderen Gegenspieler in die Parade fahren muss – wie passt das zusammen? „Der Fußball ist mir als Ausgleich neben dem Beruf extrem wichtig“, erklärt Osmanbegovic, „da bekommt man den Kopf frei.“ Zumindest inzwischen wieder. Denn als er noch beim Klub Kosova spielte, war das eine zeitlang anders: Beim Verein von der Dratelnstraße musste Osmanbegovic wegen seines Studiums zwischenzeitlich kürzer treten. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Vorbereitung auf das Staatsexamen den Fußball so beeinflusst“, blickt der 28-Jährige, der zuvor in seiner Karriere auch schon für Einigkeit Wilhelmsburg und den TSV Auetal am Ball war, auf die heiße Phase seiner Uni-Zeit zurück.


Apropos Kosova: „Semir ist ein sehr ehrgeiziger Typ, der will in jedem Trainings- und Pflichtspiel gewinnen. Manchmal ist er etwas überehrgeizig und steht kurz vor der Explosion“, charakterisiert Thorsten Beyer, sein Ex-Trainer beim Klub Kosova, den Abwehrspieler, der von sich selbst sagt: „Klar hat es in meiner Karriere mal Ausrutscher in der Vergangenheit gegeben – aber man versucht sich zu verbessern. Beim Spiel gegen Paloma habe ich bei dem Tumult meine Mitspieler, die ankamen, um mir zu helfen, beiseite geschubst und ihnen gesagt, dass wir uns alle zurückhalten müssen. So eine Rudelbildung ist schlechtes Benehmen. So etwas brauche ich nicht. Schon als ich bei Kosova Kapitän war, habe ich immer versucht, zu schlichten.“ 

Ganz wie es sich für einen Hüter gehört, also.  Mit Sportrecht hat es als solcher allerdings wenig am Hut. „Ich hab mich mit den Sportgerichtsurteilen und den Fällen, die es zuletzt im Hamburger Amateurfußball gab, nicht besonders befasst. Mein Faible ist eher das Wirtschaftsrecht. Anderen liegt vielleicht das Straf- oder das öffentliche Recht mehr, aber ich finde diese Materie interessant“, berichtet Osmanbegovic, der auch in einem anderen Bereich Spannung ausgemacht hat: in der Tabelle des Landesliga Hansa.

„Geile Kulisse in der Oberliga ist ein Anreiz“

„Mit unserer Mannschaft müssen wir eigentlich oben mitspielen", sagt Semir Osmangebovic zu den Aussichten für den SC V/W Billstedt in dieser Saison. Foto: noveski.com

„Die Liga ist sehr ausgeglichen, es gibt kein Team, das konstant Leistung zeigt“, konstatiert Osmanbegovic. Auch „sein“ SC V/W Billstedt nicht. „Der Abbruch des Spiels gegen Lohbrügge und der Ausfall des Spiels gegen Bramfeld waren nicht gut für unseren Rhythmus. Bei Paloma verlieren wir unnötig: Wir fangen uns nach einer Ecke einen Konter ein. Nur wegen dieser Szene holen wir da keinen Punkt. Mit unserer Mannschaft müssen wir eigentlich oben mitspielen, aber nach so einer Leistung sollten wir nicht vom Aufstieg sprechen...“

Dabei wäre selbiger für Osmanbegovic („Ich bin ja inzwischen auch nicht mehr der Jüngste“) auf jeden Fall nochmal ein Highlight seiner Karriere: „Vor so geilen Kulissen in der Oberliga zu spielen, ist schon ein großer Anreiz“, verrät er. Auf dem Weg dorthin wären Siege gegen Dersimspor (Sonntag) und Lohbrügge (Nachholspiel am 13. September) natürlich ideal. „Das gegen Lohbrügge wird ein geiles Spiel“, freut sich Osmanbegovic, weiß aber auch: „Es wird nicht einfach, Lohbrügge hat eine gute Mannschaft...“

Jan Knötzsch