„Ich will immer noch gerne Profi werden“

Kosovas Neuzugang Mazlum Oruk im Gespräch

09. September 2016, 09:37 Uhr

Hat seinen Traum vom bezahlten Fußball noch nicht aufgegeben: Kosovas Mazlum Oruk (vo., hier gegen Curslacks Daniel Wulff). Foto: KBS-Picture

„Wir haben ihn getestet und für gut befunden“, sagt Kosovas Trainer Thorsten Beyer über seinen Neuzugang Mazlum Oruk, den der Verein vor der laufenden Saison an die Dratelnstraße lockte. Wie gut er ist – das zeigte der Ex-Junioren-Spieler des HSV in den zurückliegenden Spielen bereits. Im Gespräch mit den FussiFreunden blickt er auf die Anfänge seiner Karriere zurück und verrät seine Ziele für die Zukunft. 

Es war irgendwann im Juli, als Thorsten Beyer andeutete, dass der Klub Kosova personell noch einmal nachlegen würde. „Wir testen da einen, der ganz gut ist“, erzählte der Coach des Oberliga-Aufsteigers damals fast beiläufig. Etwas mehr als einen Monat später, ist der, „der ganz gut ist“, nun Bestandteil des Kaders der Wilhelmsburger – und Mazlum Oruk bereitet dem Klub Kosova jede Menge Freude.


In die Worte seines Trainers gefasst hört sich das etwa so an: „Wenn er auch noch ein Tor gemacht hätte, dann hätte ich gesagt: Das war eine Weltklasse-Leistung“, schrieb Thorsten Beyer dem 19-Jährigen nach dessen Auftritt am zurückliegenden Wochenende im Heimspiel gegen den Wedeler TSV (2:1) ins Stammbuch. Und in der Tat: Oruk war ein enorm belebendes Element im Spiel des Klub und an fast jeder Offensivaktion der Hausherren beteiligt. Gleich zwei Mal traf der feine Fußballer (Beyer: „Seine Stärken sind seine Schnelligkeit und seine Ballgewandtheit“) den Pfosten des Wedeler Tores.

Menzel: „Mazlum ist eine Granate“

Ein Bild aus HSV-Tagen: Mazlum Oruk (li.) jubelt mit seinen damaligen C-Junioren-Mitspielern Mohamed Bussaidy (Mitte) und Dren Feka (Zweiter v. re.). Foto: KBS-Picture

„Ja, zur Zeit läuft es ganz gut für mich. Ich hab zwei, drei gute Spiele gemacht“, hat Oruk selbst erkannt, dass er durchaus in der Lage ist, in der Oberliga Fuß zu fassen. Nur die letzte kleine Nuance, das berühmte i-Tüpfelchen fehlt noch: „Richtig gut wäre es, wenn ich auch mal ein Tor machen würde...“

Dass ihm das früher oder später gelingen wird – daran haben sie beim Klub Kosova keinerlei Zweifel. „Mazlum ist eine Granate, fußballerisch sehr wissbegierig. Er hilft uns weiter“, schwärmt beispielsweise Torhüter Sebastian Menzel von seinem neuen Mitspieler, während Thorsten Beyer konstatiert: „Er hat viel Potenzial, ist vom Neuzugang direkt zum Stammspieler und Leistungsträger geworden“, gleichzeitig aber auch ein wenig auf die Euphoriebremse tritt: „Mazlum sollte, wenn er uns irgendwann wieder verlässt, den nächsten Schritt seiner Karriere mit Bedacht wählen und nicht zu irgendeinem Regionalligisten gehen, nur weil es Regionalliga ist.“

Und dass der 19-Jährige, der in der Jugend des Hamburger SV ausgebildet wurde und dort unter Trainern wie Thorsten Judt, Torsten Fröhling (B-Junioren), Otto Addo und zuletzt Daniel Petrowsky (A-Junioren) spielte, irgendwann höherklassiger als an der Dratelnstraße spielen will, steht fest. „Ich will immer noch gerne Profi werden“, sagt Oruk, weiß aber auch: „Das wird nicht übermorgen passieren. Man darf de zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen. So gesehen also sei Kosova, nachdem es beim HSV nicht direkt mit dem Sprung nach oben klappte, „der Umweg in Richtung Profi.“ Ein Umweg aber, den Oruk gern geht.

Oruk: „Für mich ist es wichtig, das ich viel spiele“

„Für mich ist es wichtig, dass ich viel spiele. Ich war beim HSV zuletzt oft verletzt. Es tut gut, oft auf dem Platz zu stehen. Für mich geht es Schritt für Schritt voran“, sagt der 1,67 Meter große Youngster, der nach eigenem Bekunden bei den ersten Trainingseinheiten in der Vorbereitung schnell gesehen hat, „dass die Mannschaft von Kosova Qualität hat.“ Ein weiterer Grund für die Entscheidung, dass Klub-Trikot überzustreifen: „Ich kannte vorher schon einige der Jungs. Berat Ademi zum Beispiel. Mit Egzon Vejseli habe ich schon bei Einigkeit Wilhelmsburg zusammengespielt. Burhan Bedrolli kenne ich, seit ich fünf Jahre alt bin, weil er ein Freund meines Bruders ist.“ Und mit Mert Kepceoglu kreuzen sich Oruks Wege „seit ich in Hamburg Fußball spiele.“


Irgendwann aber möchte Oruk eben den nächsten Schritt auf der Karriereleiter nach oben klettern, um vielleicht irgendwann ähnlich erfolgreich zu sein, wie einige ehemalige Mitspieler. Mit Melvin Krol, der jetzt bei Werder Bremen spielt, kickte Oruk in der Jugend beim HSV. „Wir treffen uns immer noch oft und spielen dann gemeinsam an der Playstation“, verrät Oruk. Auch Levin Öztunali (jetzt FSV Mainz 05) und Jonathan Tah (Bayer Leverkusen) lernte er im Nachwuchs der „Rothosen“ kennen. „Ich bin nicht neidisch auf die Jungs, ich gönne es jedem einzelnen von ihnen. Aber es ist schon heftig, wenn man vor dem Fernseher sitzt, Jonathan in der Champions League spielen sieht und denkt: Mit dem hast du früher zusammen im HSV-Nachwuchsleistungszentrum beim Essen gesessen...“, verrät Oruk, der übrigens selbst auch schon international Erfahrung sammelte: in der deutschen U15-Nationalmannschaft. 

Zwei U15-Länderspiele für Deutschland

Saisonziel Klassenerhalt: Mazlum Oruk will mit dem Klub Kosova nicht aus der Oberliga absteigen. Foto: noveski.com

„Ich war damals bei zwei Länderspielen gegen Polen im Kader“, erinnert er sich an das Jahr 2011. Das war bisher das Highlight meiner Karriere. Es ist ein geiles Gefühl, wenn du da stehst und die Nationalhymne singst. Das ist Gänsehaut pur“, so Oruk (fußballerisches Vorbild: Arturo Vidal, Lieblingsverein: Borussia Dortmund), der ein Mal eine Halbzeit spielte, im anderen Spiel nach der Pause eingewechselt wurde und an dessen Seite seinerzeit Bundesliga-Kicker wie Benjamin Henrichs (Leverkusen) und Philipp Ochs (Hoffenheim) standen.

Doch statt in Erinnerungen an die Vergangenheit zu schwelgen, will sich Oruk nun erstmal auf die Gegenwart konzentrieren – die Saison mit dem Klub Kosova: „Unser Ziel bleibt der Klassenerhalt. Wir wollen nicht absteigen. Wenn wir an den letzten fünf bis zehn Spieltagen deutlich über dem Strich stehen würden, dann könnte man auch mal aufs Mittelfeld der Tabelle schielen.“ Und wer weiß: Vielleicht trägt Mazlum Oruk bis dahin ja auch mit dem einen oder anderen Torerfolg dazu bei...


Jan Knötzsch