Nach „Krisen-Gipfel“ – Dassendorf meldet sich zurück!

Erst hinten gepatzt, dann vorne doppelt genetzt: Atugs Kampfansage

24. September 2016, 18:30 Uhr

Tor Nummer zwei? Wieder ich? Ja! Seyhmus Atug (M.) blickte nach seinem zweiten Streich selbst etwas ungläubig drein. Foto: noveski.com/Bode

Um den Reset-Knopf zu betätigen – oder „einen Cut zu machen“, wie es Seyhmus Atug ausdrückte, fand am Dienstagabend der große „Krisen-Gipfel“ bei der TuS Dassendorf statt. „Wir haben nicht trainiert, sondern zwei Stunden Klartext gesprochen“, erklärte Trainer Thomas Hoffmann im Anschluss an das vermeintliche Spitzenspiel gegen den SC Victoria. Offenbar war jene Aussprache am Wendelweg ein voller Erfolg! Denn Dassendorf war zu Beginn zwar eine gewisse Verunsicherung gegen den Seriensieger der letzten Wochen anzumerken – aber vor allem die zweite Halbzeit war Einbahnstraßen-Fußball vom Allerfeinsten.

Mirco Bergmann (l.) - hier mit schulbuchmäßiger Kopfballhaltung gegen Onur Akdogan - konnte seinen SCV nach einem "Doppelschnitzer" der TuS in Front bringen. Foto: noveski.com/Bode

„Es ist kein unglaubliches Pech, es sind nicht die Schiris, es ist nichtmal eine anhaltende Verletztenmisere wie im Frühjahr ... Wir sind es selbst!“ TuS-Sportchef Jan Schönteich wählte im Vorwort der Stadionzeitung die absolut richtigen, wenngleich auch überaus deutlichen Worte. Allerdings betonte er auch: „Wir haben noch lange nicht fertig. Niemand von uns!“ Eine klare Kampfansage, der die Spieler offenbar auch Gehör schenkten. Zwar tasteten sich beide Teams über weite Strecken ab, ehe Pascal Nägele nach Schied-Flanke von rechts den ersten Warnschuss abfeuerte (16.). Dass aber noch längst nicht alles rund läuft, zeigte sich wenig später, als sich ein schlecht getretener Freistoß von Sven Möller zu einem Boomerang entwickelte. Plötzlich war die TuS hinten offen wie ein Scheunentor, profitierte aber davon, dass Julian Schmid die Zwei-gegen-Eins-Situation schlecht ausspielte. Sein Querpass auf den mitgelaufenen D. Bergmann kam im falschen Moment, so dass der bärenstark zurückeilende Nägele in letzter Not retten konnte (21).

Kurz vor dem Pausenpfiff traute Thomas Hoffmann seinen Augen kaum. „Da ist er ja wieder, der Fehler“, blickte er sich ungläubig um, als zunächst Kristof Kurczynski einen haarsträubenden Chip-Fehlpass ins Zentrum spielte, woraufhin Len Aike Strömer mit dem direkten Pass in die Gasse antwortete. Dort rutschte Seyhmus Atug unglücklich am Leder vorbei – und Mirco Bergmann hatte freie Bahn, schob gekonnt zur Victorianer Führung ein (42.)! Ein herber Rückschlag in der aktuellen Situation für die „Wendelwegler“, die fortan aber keineswegs aufsteckten. Ganz im Gegenteil. Die Schlussminute des ersten Durchgangs lief bereits, da beförderte Möller einen ruhenden Ball aus dem rechten Halbfeld in die Gefahrenzone, Kurczynski köpfte das Spielgerät in Richtung langes Eck, wo Marcel von Walsleben-Schied heranrauschte und im Fallen rechts oben einschoss – 1:1 (45.)!

Vicky ohne Drei - Dassendorf im Abschlusspech

Der sitzt! Seyhmus Atug (l.) schädelt das Runde zum 2:1 ins Eckige. Foto: noveski.com/Bode

Konnte der Gast, der mit Marius Ebbers (Oberschenkel-Zerrung) sowie den beiden etatmäßigen Innenverteidigern Marcus Rabenhorst und Torben Wacker (beide berufsbedingt) auf drei ganz wichtige Stützen verzichten musste, die ersten 45 Minuten noch weitestgehend relativ ausgeglichen gestalten, spielte sich die zweite Hälfte fast ausschließlich in der Hälfte der „Blau-Gelben“ ab. Für die angeschlagenen Schied und Kurczynski brachten Hoffmann/Martens mit Onur Akdogan und Tarik Cosgun zwei frische Offensivkräfte. Letztgenannter brauchte nicht einmal 60 Sekunden, ehe er nach Thomas-Zuspiel, der den Ball allerdings mit der Hand mitnahm, völlig freistehend auf Tim Wiegand zulief. Es hätte das 2:1 sein müssen – doch der Abschluss des Flügelspielers landete am Innenpfosten (46.). Es ging nur noch in eine Richtung! Schmid musste für seinen bereits geschlagenen Schlussmann Akdogans Schuss aus spitzem Winkel von der Linie kratzen (59.), dann konnte S. Atug nach Möller-Eckball und Akdogans Kopfballvorlage das Runde aus allerkürzester Distanz ebenfalls nicht im Eckigen unterbringen, da dieses Mal Strömer zum Spielverderber mutierte (62.). Es schien wie verhext – der Ball wollte nicht rein.

"Man konnte den Eindruck gewinnen, dass wir keine Mannschaft sind"

Doch dann: nahezu nach demselben Muster wie beim 1:1 brachte Möller einen Freistoß lang auf den zweiten Pfosten, wo Amando Aust am höchsten stieg und aufs lange Eck schädelte. Dort stand S. Atug und konnte unbedrängt einnicken – 2:1 (68.)! Der Bann war gebrochen und die TuS legte noch einen Treffer nach – wieder nach einem Standard: nun war es aber kein Freistoß von Kapitän Sven Möller, sondern ein Einwurf von Pascal Nägele, den Joe Warmbier zwar knapp verpasste, aber M. Bergmann in seinem Rücken unglücklich vor die Füße von Atug klärte, der eiskalt einschoss und mit seinem zweiten Treffer für die Entscheidung sorgte (79.)! „In den letzten Spielen konnte man den Eindruck gewinnen, dass wir keine Mannschaft sind. Jeder hat mehr oder weniger sein Ding gemacht. Heute hat einer einen Fehler gemacht, dann war der andere sofort da und hat diesen ausgebügelt. Das war eine klasse Mannschaftsleistung“, befand Zweifachschütze Atug, der seinen Fehler vor dem 0:1 gleich doppelt wettmachte. „Ich habe den Ball ein bisschen unterschätzt und dann nicht richtig getroffen. Ich wollte auch nicht allzu viel riskieren, da ich vorher schon Gelb hatte“, erklärte er die Situation, die zum Rückstand führte. Vicky-Coach Jasko Bajramovic bilanzierte: „In der zweiten Halbzeit haben wir keine fußballerischen Lösungen gefunden und mir fehlte ein wenig der Mut. Bitter ist natürlich, dass wir alle drei Gegentore nach Standards kassiert haben.“

"Die müssen aufpassen, dass sie nicht stolpern"

Der Doppeltorschütze (r.) hat allen Grund zum Jubeln. Hier mit Amando Aust. Foto: noveski.com/Bode

Ganz anders war die Stimmungslage beim Gegner. „Wir sind zurückgekommen, was zeigt, dass wir wieder eine Mannschaft sind. Das Gegentor war ja unser Fehler und nicht von Vicky herausgespielt. Ansonsten hatten die ja überhaupt keine Torchance“, konstatierte Atug, der sich nach seinem Doppelpack am Ende der vergangenen Saison bei BU zum Mann für die wichtigen Tore bei Dassendorf mausert. „Ich freue mich, dass ich schon zweimal in wichtigen Spielen zwei Tore gemacht habe. Ich hoffe, das geht so weiter – Cordi kommt ja in ein paar Wochen“, schickte er gleich mal eine Kampfansage an die Konkurrenz raus und arbeitete die vergangenen Wochen wie folgt auf: „Es musste etwas passieren, denn das, was wir bisher gezeigt haben, ist nicht unser Anspruch. Wir turnen irgendwo im Mittelfeld herum. Die Ansprache hat auf jeden Fall geholfen, das hat man heute gesehen. Es herrschte eine gewisse Unruhe. Vor allem nach dem Kosova-Spiel, wo wir gegen eine Mittelmaß-Mannschaft verlieren. Da haben wir uns gesagt: so kann es nicht weitergehen! Irgendwann müssen Fortschritte zu sehen sein. Stattdessen wurde es Woche für Woche schlechter. Deshalb gucken wir jetzt nur auf uns. Cordi hat nun den Druck, nicht wir. Das war die letzten Jahre auch so mit HR oder BU, die schon gefühlt weg waren. Am Ende zeigen sich die Eier, wie Kobra (Sponsor Michael Funk, Anm. d. Red.) immer sagt. Wir holen die noch. Die müssen aufpassen, dass sie nicht stolpern!“