„Uns fehlen drei Viertel unserer Herzkammer“

Harksheides Trainer Marcus Fürstenberg im Interview

26. Oktober 2016, 15:40 Uhr

Sieht seine Pläne bei TuRa Harksheide nicht als gescheitert an: Coach Marcus Fürstenberg. Foto: noveski.com

Platz neun – so lautet derzeit der Status Quo bei TuRa Harksheide. Eine alles andere als zufriedenstellende Zwischenbilanz. Im Interview mit den FussiFreunden spricht Trainer Marcus Fürstenberg über die Gründe, warum noch nicht alles so läuft wie es soll, er aber trotzdem Spaß am Fußball hat. Zudem erklärt der 42-Jährige, warum er unter anderem Sidnei Marschall auf dem Feld so sehr vermisst und wieso sein 2012 ausgerufener Fünf-Jahres-Plan nicht ganz gescheitert ist.  

Herr Fürstenberg, in der vergangenen Saison gab es laut Ihrem eigenen Bekunden Tage, an denen sie keinen Bock auf Fußball hatten. Wie ist es derzeit um Ihre Lust bestellt? Macht Fußball Ihnen noch Spaß?
Fürstenberg:
Ja, ganz sicher!


So richtig prickelnd ist der jetzige Tabellenplatz von TuRa Harksheide aber auch nicht. Wie zufrieden kann man mit der Ausbeute von 19 Punkten und Tabellenplatz neun sein, wenn sogar drei Aufsteiger im Tableau vor einem stehen?
Fürstenberg:
Ja, sicher stehen im Moment drei Aufsteiger vor uns. Aber man weiß ja, wie das ist: Aufsteiger gehen mit Euphorie in der Saison, aber irgendwann kommt da auch noch mal eine schwächere Phase. Ich finde, unser Platz neun ist gar nicht so aussagekräftig. Die Saison ist noch nicht so alt. Vor der Niederlage am Wochenende gegen Tornesch waren wir Vierter. Aber es ist schon klar, dass die Presse lieber dann eine Geschichte machen will, wenn wir Neunter statt Vierter sind (lacht). 

„Wir haben einfach kein Glück und machen die Dinger nicht“

"Für einen Trainer ist es irrelevant, wer die Tore macht", sagt Fürstenberg über Kritik an Stürmer Adrian Sousa. Foto: noveski.com

Vor der Saison sagten Sie, wenn man den im Sommer eingeschlagenen Weg fortsetzen und alles gut laufen würde, dann gehöre TuRa zu den oberen Teams der Liga. Worin liegen die Gründe, dass das es jetzt anders aussieht?
Fürstenberg:
Wir haben einfach kein Glück. Genau wie schon gegen den HSV III hätten wir auch gegen Tornesch mindestens einen Punkt verdient gehabt. Wir haben bis jetzt noch keinen Punkt glücklich geholt. Gegen Victoria II zum Beispiel verschießen wir einen Elfer, der das 1:1 bedeutet hätte und verlieren am Ende 0:2. Gegen Inter Hamburg spielen wir 1:1, obwohl wir ein Chancenverhältnis von 10:1 hatten. Gegen SCALA verlieren wir trotz eines Chancenverhältnisses von 6:2 mit 1:2 Wir haben einfach die Dinger nicht gemacht und oftmals kommt der Gegner mit zwei, drei Kontern durch. Aber was soll ich machen? Die Fehler bei uns werden ja nicht absichtlich gemacht...

Wenn Sie sagen: Wir haben die Dinger nicht gemacht – ist das dann insbesondere eine Kritik an Ihrem Stürmer Adrian Sousa?
Fürstenberg:
Ich sehe immer wieder, dass sich die Medien auf ihn konzentrieren: Sousa trifft, Sousa schießt TuRa zum Sieg, Sousa trifft nicht... Zunächst einmal ist es für einen Trainer irrelevant, wer die Tore macht. Hauptsache, irgendwer macht sie. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es in dieser Saison ein paar Mal so war, dass Adrian den besser postierten Mitspieler übersehen hat und – ganz Stürmer – selbst den Abschluss gesucht hat. Ich hab ihm gesagt: Guck mal, das sieht nicht nur dein Trainer so, auch anderen wie zum Beispiel der Presse fällt das auf, probier es doch mal anders. Gegen Tornesch hat er das gemacht. Deswegen war er für mich auch ohne Torerfolg gegen Tornesch der beste Spieler. Weil er es verstanden und auch mal quergelegt hat.

„Phänomenal, wie sehr das mit dem Fünf-Jahres-Plan in den Köpfen geblieben ist“

Da soll's hingehen: Marcus Fürstenberg traut seinem Team zu, in der Endabrechnung unter den Top Vier zu landen. Foto: noveski.com

Ein weiterer Aspekt, so sagten Sie vor der Saison, sei, „dass wir als Mannschaft besser funktionieren müssen als in der letzten Saison“. An welchen Stellschrauben müssen Sie drehen, damit das Team noch besser funktioniert“
Fürstenberg:
Nach der vergangenen Saison, die der reinste Horror in Sachen Verletzungen, Abgängen in der Saison, Auszeiten und Urlaubsplanung der Spieler war, wollte ich ja eigentlich nicht mehr klagen... Wir haben ganz bewusst eine neue Mannschaft zusammengestellt. Aber es leider fehlt es uns an Struktur und Taktgebern. Daniel Jeschke zum Beispiel ist lange verletzt. Auch Sidnei Marschall. Neben ihm stehen uns auf der Sechs, der für mich wichtigsten Position im Fußball, mit Dren Hoti und Nassim Saleh insgesamt drei von vier Spielern nicht zur Verfügung. Nur Kjell Brumshagen ist fit und da. So gesehen fehlen uns drei Viertel unserer Herzkammer. Dazu die vielen Neuen, die integriert werden müssen... Wir haben eben einfach noch nicht die Struktur gefunden oder finden können, die es braucht. Wenn es läuft, ist sowas einfach, aber wenn es nicht läuft, braucht es solche Typen, die die anderen an die Hand nehmen und führen.

Wenn wir mit Sousa schon mal bei den Zugängen angelangt sind: Welcher andere Neue hat sie überzeugt, von wem erwarten Sie mehr?
Fürstenberg:
Das ist etwas, was ich nicht explizit öffentlich beurteilen will, sondern meinen Spielern im Gespräch sage.

2012 zu Ihrem Amtsantritt sprachen Sie von einem Fünf-Jahres-Plan, an dessen Ende TuRa in der Oberliga stehen sollte. 2017 laufen diese fünf Jahre ab, TuRa wird wohl eher nicht aufsteigen. Wie sehr wurmt es Sie, dass der Plan nicht aufgegangen ist?
Fürstenberg:
Ich finde es phänomenal, dass das so in den Köpfen geblieben ist! Natürlich kann man als Trainer auch ein Leisetreter sein und so etwas nicht sagen. Aber meine Art ist es nun einmal, Ziele zu formulieren. Damals kam ich aus Bramfeld, wo ich kurz vorm Aufstieg gehen musste, zu TuRa. Ich wollte diesen Schritt also demenstprechend gerne in Harksheide schaffen. Aber mir kommt etwas anderes bei der Beurteilung dieses Plans zu kurz.

„Wir haben das Potenzial, um unter den Top Vier zu stehen“

Künftig spielender Co-Trainer: Sidnei Marschall. Foto: noveski.com

Was genau?
Fürstenberg:
Wir haben Einiges gemacht und erreicht und sind auf einem guten Weg. Es ging ja nicht nur darum, in die Oberliga aufzusteigen. Als ich anfing, hatten wir keinen einzigen Spieler, der aus der eigenen Jugend kam, im Ligakader. Jetzt haben wir mit Lion Jodeit, Fabian Eggelmeyer, Malte Carolus und Jannik Flint vier. In der nächsten Saison werden noch zwei, drei dazu kommen. In der „Zweiten“ spielen bis auf einige Ausnahme Jungs, die aus der TuRa-A-Jugend kommen. Die jetzige A-Jugend spielt in der Landesliga, die B-Jugend in der Oberliga. Wir sind also gut dabei!

Gibt es dennoch schon einen neuen Plan? Den Plan B sozusagen...
Fürstenberg:
Das letzte Jahr war ein verschenktes, das ist klar. Im Moment sind wir Neunter, aber ich hoffe, dass wir, wenn die FussiFreunde sich vielleicht im Winter zur Analyse der bisherigen Saison noch mal melden, unter den ersten Vier stehen. Das Potenzial dazu haben wir. Genau das muss auch unser Nahziel sein. Zudem ist im Sponsoring-Bereich noch nicht alles umgesetzt worden, was wir uns vorgenommen haben. Ich hab vor der Saison mit 15 Spielern aus der Oberliga gesprochen, die fanden bei uns alles toll, aber als es dann um bestimmte Dinge ging, waren andere Vereine doch interessanter... Kurz gesagt: Wir haben noch ein paar Sachen zu tun, um in die Oberliga zu dürfen – sowohl da, als auch sportlich.

Zuletzt wurde bekannt, dass Ihr „Co“ Oliver Kral aus beruflichen Gründen im Dezember 2016 nach Krefeld zieht. Gibt es bereits einen Nachfolger:
Fürstenberg:
Ja, Sidnei Marschall wird mein spielender Co-Trainer. Als ich ihm gesagt habe, dass ich ihn gern als Assistenten haben will, dachte er, dass er dann gar nicht mehr spielen solle. Ich hab ihm aber erklärt, dass er viel zu wichtig für uns ist, als dass ich auf ihn als Spieler verzichten könnte, wenn er fit ist und ich ihn gern weiter auf dem Feld einsetzen will. Mit dem Wissen hat er dann relativ schnell „ja“ gesagt.

Interview: Jan Knötzsch