„Maximal zwei Spiele Euphorie, der Rest ist Entwicklung“

Condor II und Coach Robin Hüttig sind eine der Überraschungen in der Hansa-Staffel

23. Dezember 2016, 12:47 Uhr

Wusste um die Qualität im Team: Condor II-Coach Robin Hüttig. Foto: noveski.com/Herzog

Vor der Saison gab es nicht Wenige, die der Zweitvertretung des SC Condor prophezeiten, dass es für die „Raubvögel“-Reserve eng und die Realität Abstiegskampf lauten würde – zumal nach dem Sprung von der Bezirks- in die Landesliga Aufstiegstrainer Heiko Klemme dem Berner Heerweg den Rücken kehrte und unter den Zugängen nicht unbedingt „Kracher“ zu finden waren, die für eine enorme Qualitätsverbesserung sprachen. Doch so kann man sich täuschen: Nach 17 absolvierten Spielen haben die „Raubvögelchen“ 25 Zähler auf dem Konto – und damit bemerkenswerte zehn Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz.

Schwarzenbek, Elazig Spor, Barsbüttel, Lohbrügge, Hamm und schließlich Altengamme. Nein, das ist nicht etwa die Route der Clubs, die der Verfasser dieses Textes an einem Wochenende in der Landesliga Hansa in der Lage ist, abzureißen, wenn er Spiele sieht. Es ist vielmehr die illustre Schar der Teams, die der SC Condor II in der aktuellen Tabelle zur Winterpause hinter sich weiß. Klangvolle Namen. Und mal ehrlich: Bei kaum einem davon – die Ausnahme bildet vielleicht der FC Elazig Spor nach dem Verlust diverser Leistungsträger – hätte man vor dem Beginn der Spielzeit darauf getippt, dass er im Klassement dem Aufsteiger vom Berner Heerweg zum jetzigen Zeitpunkt den Vortritt lassen müsste.

„Ich wusste, dass in den Jungs mehr steckt“

Die beiden besten SCC-Schützen: Yannik Andersson (li.) und Patrick Gordon. Foto: noveski.com/Herzog

Doch so ist das nun einmal im Fußball: genauso wenig, wie Erfolg planbar ist, ist man vor Überraschungen gefeit. Positiv wie negativ, versteht sich. Und so ist die Condor-Reserve nach etwas mehr als der Hälfte der Saison neben dem SV Nettelnburg-Allermöhe das Überraschungsteam in der Hansa-Staffel. Dem SVNA hatten die selbsternannten Experten eine solche Rolle vor dem Anpfiff der laufenden Serie zugetraut, Aber dem SC Condor II? Nein – das nun nicht unbedingt. Ein paar Spiele lang würde der Aufsteiger vielleicht auf der Welle der Euphorie reiten können, die der Sprung aus der Bezirks- in die Landesliga mit sich brachte. Aber dann...

„Ich wusste, dass in den Jungs mehr steckt. Dass sie mehr Potenzial haben, als sie noch in der vergangenen Saison abgerufen haben“, sagt Robin Hüttig. Er muss es wissen, schließlich hat sich der 29-Jährige lange mit dem Spielermaterial der Condor-„Zweiten“ beschäftigt. Zunächst, als klar war, dass er die Mannschaft als Nachfolger von Heiko Klemme übernehmen würde. Seit seinem Amtsantritt dann natürlich umso intensiver. Schon kurz nach Beginn seiner Tätigkeit erklärte Hüttig: „Ich habe einen sehr positiven Eindruck. Im Team sind super Charaktere, so einen starken Zusammenhalt mit solch einer Harmonie habe ich selten erlebt.“ Das war im Sommer diesen Jahres.

„Ich habe von Anfang an erwartet, dass wir nicht unter den letzten Drei stehen werden“

Seitdem hat der B-Lizenzinhaber, der zuvor die „Dritte“ des HSV Barmbek-Uhlenhorst coachte, etliche Wochen, Trainingseinheiten und Spiele mit seiner Truppe hinter sich und sieht sich in seiner These, dass „im Kern der Mannschaft viel mehr Power und Können drin ist, als es in der Vorsaison gezeigt wurde“, bestätigt: „Ich habe von Anfang an erwartet, dass wir nicht unter den letzten Drei in der Tabelle stehen werden.“ Ein klein wenig überrascht aber ist der gebürtige Bielefelder dann aber doch: „Dass wir so gut dastehen wie jetzt, davon bin ich nicht ausgegangen. Die gute Entwicklung, die die Jungs genommen haben, überrascht mich dann schon.“

Und Entwicklung ist das Stichwort für den Jung-Coach. Denn auf die Frage, ob der Aufwärtstrend des SC Condor II denn nicht vielleicht auch in einem großen Maße der Euphorie geschuldet sei, die die Mannschaft nach dem Aufstieg mit in die neue Spielklasse nahm, findet Hüttig eine klare Antwort: „Ich glaube, dass das keine so große Rolle spielt. Die Euphorie des Aufstiegs war in der neuen Saison maximal zwei Spiele da, alles andere ist Entwicklung. Unseren jetzigen Tabellenstand haben sich die Jungs in jeder Einheit und in jedem Spiel hart erarbeitet. Und er spiegelt wider, in wie weit einzelne Spieler stärker geworden sind.“ Ein Loblied, das allen voran Yannik Andersson (neun Saisontreffer) und Patrick Gordon (acht Saisontreffer) gelten dürfte, die die beiden besten Torschützen des Aufstieges sind. Ein Loblied, das aber auch vor anderen Spielern nicht Halt macht. Erstaunlich: Bis auf wenige Ausnahmen (Nico Weiser, Michael Blunck) kommt die starke Saison der „Raubvögelchen“ sogar ohne Liga-Leihgaben zustande.

„Wir haben gesehen, welche Punkte wir noch verbessern müssen“

Beim SC Condor II ist das Team der Star. Foto: noveski.com/Herzog

In den letzten Wochen freilich gab es nach diversen positiven Ausrufezeichen (4:0 gegen Bergedorf 85, 2:1 gegen Hamm United, 2:0 gegen Bramfeld, 4:0 im Rückrundenspiel gegen den SVNA), die der SCC II bis dahin gesetzt hatte, auch Rückschläge wie das deutliche 1:6 beim Meiendorfer SV. „Die Entwicklung der letzen Wochen ärgert einen auf der einen Seite natürlich schon“, verrät Robin Hüttig. Ein Drama jedoch sieht der Übungsleiter darin nicht. Weil es eben auf der anderen Seite klar sei, „dass ein Unterschied im Niveau zwischen Bezirks- und Landesliga vorhanden ist und dass das an den Kräften zehrt.“ Genau, wie er um das Potenzial seiner Equipe wusste, wisse er auch um diesen Fakt, so Hüttig: „Ich wusste, dass wir in gewisser Weise abbauen würden. Wir haben gesehen, worin die Lerneffekte für uns bestanden und welche Punkte wir noch verbessern müssen.“

Sein Team, erklärt Hüttig, sei eben „einfach noch nicht so erfahren. Und das spiegelt sich dann eben in den Ergebnissen wider.“ Apropos Team: Dieses könnte in der Winterpause noch die eine oder andere Blutauffrischung erfahren. „Wir sind in der Planung und führen Gespräche“, berichtet Hüttig, der mit seinen Schützlingen bereits vor dem offiziellen Start in die Restsaison schon wieder ran muss. Während über das abgebrochene Spiel vom vergangenen Wochenende gegen Dersimspor erst noch das Sportgericht des Hamburger Fußballverbandes entscheiden muss, steht fest, dass die „Raubvögelchen“ am Samstag, 25. Februar (Anstoß: 12 Uhr) beim VfL Lohbrügge zum Nachholspiel ran müssen. Die Begegnung war im Oktober abgebrochen worden, weil das Flutlicht am Binnenfeldredder ausfiel.

Jan Knötzsch