Treuloses HR, Tanelis Treuebekenntnis und Norderstedt II bleibt sich treu

Abpfiff – die FussiFreunde-Kolumne

15. März 2017, 16:59 Uhr

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Ab sofort greifen wir an dieser Stelle zum Abschluss des Spieltages unter dem Titel „Abpfiff“ in unserer Kolumne die Geschehnisse des Wochenendes und die wichtigsten Themen der vorangegangenen Woche im Hamburger Fußball auf und kommentieren diese. Diesmal geht es um die SV Halstenbek-Rellingen, den Barsbütteler SV und den Einsatz von Regionalliga-Spielern bei Eintracht Norderstedt II in der Bezirksliga.

Der König ist tot, es lebe der König. Ein immer wieder gern genommener Satz – wenn man denn nur wüsste, wer der neue König ist. Oder wer er es werden soll. Darüber aber ließ Oberligist SV Halstenbek-Rellingen am Dienstagabend ja alle erst einmal im Unwissenden. Fest steht nur: Thomas Bliemeister ist raus. Der 60-Jährige, der so oder so seinen Abschied vom Lütten Hall zum Saisonende angekündigt hatte, wurde bei den „Baumschulern“ entlassen. Zumindest nach außen hin in einer Art und Weise, die ihresgleichen sucht – im negativen Sinne. Nur zwei läppische Sätze war HR die Trennung von seinem Trainer wert. Ein Abschied, der Bliemeister, der neun Jahre lang die sportlichen Geschicke bei HR führte und mitbestimmte, nicht annähernd gerecht wird.

Das Bliemeister-Aus? Ein vorhersehbarer Abschied

Ausgesperrt: Thomas Bliemeister ist nicht mehr Trainer bei Oberligist HR. Foto: KBS-Picture

Aber ein Abschied, der irgendwie voraussehbar war. So wie das meistens bei Trainern ist, die frühzeitig sagen, dass sie am Ende der Saison „tschüss“ sagen wollen und bei denen der Nachfolger schon fest- und irgendwie auch Gewehr bei Fuß steht. Und in diesem Fall ganz besonders. Schon nachdem HR im Januar mitgeteilt hatte, dass Bliemeister ab der neuen Saison durch Heiko Barthel ersetzt wird, hatte es intern zwischen dem Verein auf der einen und seinem Coach und dessen Co-Trainer „Matte“ Reincke auf der anderen Seite gekracht. Bliemeister war „not amused“ darüber, dass nicht sein Assistent, sondern eben Barthel neuer Coach werden sollte. Und auch das Prozedere stieß Bliemeister und Reincke wohl auf: HR hatte sowohl mit Barthel als auch Reincke Gespräche geführt.

Dann fiel offenbar eine Entscheidung „pro Barthel“ und „contra Reincke“, die lange vorm Jahreswechsel feststand, aber Reincke erst kurz vor der offiziellen Verkündung der Personalie Barthel mitgeteilt wurde. Nicht nett, zumindest aber unglücklich gelaufen – wenn es denn wirklich so war. Nun wird, nach unseren Informationen, der hauptberufliche Feuerwehrmann Barthel auch bei HR zum „Feuerwehrmann“ und muss Brände löschen, die der Verein zum Teil mitverursacht hat. Zumindest, was Miss-Stimmung hinter den Kulissen angeht. Sportlich ist Barthel um seine Aufgabe so oder so nicht zu beneiden, schließlich steckt HR nach einer Talfahrt bis auf den 16. Platz hinab inmitten des tiefsten Abstiegskampfs. Es gibt wahrlich Schöneres. Sowohl für HR als auch für Barthel. Und auch auf Bliemeisters Abschied trifft dies zu.

Barsbüttel: Weiterentwicklung Fehlanzeige

Die Leistungen des Barsbütteler SV waren zuletzt zum Wegschauen, doch Coach Aydin Taneli will weitermachen. Foto: noveski.com

Nicht unbedingt schön ist auch die derzeitige Situation des Barsbütteler SV. Nein, um ehrlich zu sein: sie ist sogar alles andere als schön. Nämlich ziemlich bescheiden. Zum wiederholten Mal kämpft die Mannschaft von Trainer Aydin Taneli in der Landesliga Hansa darum, dass sie das böse Abstiegsgespenst nicht mit in die Bezirksliga reißt. Am Soltausredder passiert quasi Jahr für Jahr Identisches: Die Mannschaft entwickelt sich nicht weiter. Immer wieder bemängelt Taneli, dass es in seiner Truppe Querköpfe gibt, die für Unruhe sorgen. Denkbar schlechte Voraussetzungen, um den Klassenerhalt zu realisieren. Bisher schafften es die „weißen Schwäne“ immer wieder, drin zu bleiben und sich quasi nicht schmutzig zu machen. Der Nachteil der späten Rettungen: Auf dem Transfermarkt war der BSV damit nie auf der „Pole Position“, sondern hatte immer wieder den Nachteil – böse gesagt –, das zu nehmen, was das Spieler-Regal noch so hergab. Warum die nächste Saison dann nicht unbedingt erfolgreicher als die davor wurde, kann man sich aufgrund dessen selbst ausmalen.

Auf der einen Seite ist es bewundernswert, mit welcher Akribie und welchem Engagement sich Aydin Taneli doch immer wieder trotz aller Schwere in diese Aufgabe stürzte. Auf der anderen Seite allerdings kann dies nicht das sein, was sich ein Trainer von seiner Tätigkeit, von seinen Spielern und von seinem Verein wünscht. Klar, man wächst vielleicht an der Schwere seiner Aufgaben, aber: immer wieder am Abgrund herumkrebsen, dazu kaum Unterstützung, weil es lange Zeit keinen richtigen Ligamanager beim BSV gab und Taneli auf so vielen Nebenschauplätzen gefordert war – irgendwann zermürbt einen dieses „Hamsterrad“. Es ehrt Taneli, dass er trotz einer 0:7-Pleite gegen Bramfeld noch vor der 0:6-Klatsche in Lohbrügge erklärte, dass er nicht an einen Rücktritt denke. Dass es nicht sein Stil sei, wegzulaufen. Sondern sich Problemen und Aufgaben zu stellen. Aber wie lange über die Saison hinaus noch? Vielleicht ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt um zu erkennen, dass Schluss sein sollte, dass dieser Verein und das Team nicht weiter voran zu bringen sind. Der Coach jedenfalls hat seinen Vertrag für die neue Spielzeit am Soltausredder noch nicht verlängert. Auftritte, wie sie die Mannschaft zuletzt hingelegt hat, dürften kaum eine Werbung dafür sein, dass „Tanne“ zum Stift greift und einen neuen Kontrakt signiert. Eher der Beweis, dass beim BSV nachhaltig der Baum brennt...

Eine Obergrenze oder eine Bestimmung als Hindernis?

Am Einsatz von Ante-Akira Kutschke (li.) und seinen Regionalliga-Kollegen in der Bezirksliga scheiden sich die Geister. Foto: KBS-Picture

Stichwort brennen: Auf brennendes Interesse traf am Wochenende die Tatsache, dass Eintracht Norderstedts Zweitvertretung im Bezirksliga-Auswärtsspiel beim TuS Berne gleich fünf Spieler aus seiner Regionalliga-Mannschaft aufbot. Feuer und Flamme aber war von dieser Idee waren nicht viele. Die Norderstedter schon, alle anderen eher nicht. Stichwort Wettbewerbsverzerrung. Aber schauen wir uns die Namen der Herren, die da gekickt haben, doch mal an: Marcus Coffie – zuletzt lange ausgefallen. Lukas Benner – bisher in der Regionalliga in dieser Saison gar nicht aufgelaufen. Fynn Rathjen, Ante-Akira Kutschke und René Jozic – allenfalls Spieler, die hier und da mal eine Minute sammelten. Da von fünf Regionalliga-Spielern zu sprechen, ist schon polemisch.

Und selbst wenn: Die Wettbewerbsverzerrung an und für dich ist nicht die, dass es gegen Berne fünf Spieler waren, die zumindest auf dem Papier zum Regionalliga-Kader zählen. Sondern, dass es mal fünf, dann gegen andere Gegner vielleicht nur einer oder aber zwei sind. Aber soll man Spielern, die verletzt waren und/oder „oben“ nicht zum Zug kommen und Spielpraxis brauchen, genau dies verwehren und damit unter Umständen auch ihre Weiterentwicklung verbauen? Ein zweischneidiges Schwert. Vielleicht wäre eine Obergrenze über die gesamte Saison ein Ansatz? Oder die Bestimmung, dass Spieler, die höherklassig mehr als die Hälfte aller Spiele bestritten haben, nicht „runter“ dürfen? Der TuS Berne jedenfalls hat zumindest sportlich die richtige Antwort gegeben. Mit seinem Sieg auf dem Platz. Die Frotzelei, dass „EN“ demnächst bitte mit elf Regio-Kickern kommen solle, damit man auf Augenhöhe mit Berne spiele, ist nicht mehr als ein Geplänkel drumherum. Und ein nettes Zeichen, wie groß das Selbstvertrauen in Berne ist...

Jan Knötzsch