Bitter: Billstedt bestraft Barsbüttel

Gäste nutzen Chancen nach der Pause nicht, Billstedt schon – 2:1 für die Gäste

25. März 2017, 00:26 Uhr

Die Barsbütteler Spieler ließen nach dem Schlusspfiff die Köpfe hängen. Archivfoto: noveski.com

Es gibt im Fußball eine alte, immer wieder gern zitierte Weisheit: Erst hat man kein Glück – und dann kommt auch noch Pech hinzu. So erging es auch dem Barsbütteler SV in seinem Heimspiel gegen den SC V/W Billstedt. In einer vor allem im zweiten Durchgang von Kampf geprägten Begegnung trafen die Gastgeber nach dem Seitenwechsel gleich zwei Mal das Aluminium. Billstedt hingegen schlug – so wie sich das für eine Spitzenmannschaft gehört – noch einmal zu und siegte 2:1. Doch auf diesen Treffer musste der neue Spitzenreiter, der vorerst den TSV Sasel (spielt erst am Sonntag) abgelöst hat, lange warten... 

Gökhan Acar sah das Unheil kommen. „Jungs, wollt ihr nicht gewinnen – oder was?“, rief der Co-Trainer des SC V/W Billstedt aufs Spielfeld und zuckte mit den Schultern. In diesem Augenblick zeigte die Uhr die 75. Minute des Spiels zwischen den Gästen und dem Barsbütteler SV an. Die Antwort auf seine Frage bekam Acar drei Minuten später: Von rechts segelte ein Eckball der Billstedter vor das Barsbütteler Tor. Keeper Stanislaw Lenz steig hoch und faustete das Leder weg. Doch die Abwehr geriet zu kurz. Den anschließenden ersten Schuss der Gäste aufs Tor konnte die BSV-Defensive abblocken. Doch der Gast bekam noch einmal die Kugel vor die Füße. Genauer gesagt: Mou-Inzou Bachir. Der Billstedter zog rechts im Strafraum ab, traf einen auf der Linie stehenden Barsbütteler und die Kugel, die wohl so oder so reingegangen wäre, änderte noch einmal ihre Richtung und schlug im Netz ein. Der Torschütze drehte jubelnd ab.

Kreutzer: „Wir müssen das Ganze deutlich souveräner runterspielen“

Ozan Gencel brachte Billstedt in Führung. Archivfoto: noveski.com

Es war das 2:1, das Bachir und seine Teamkollegen in dieser 78. Minute feierten. Und zugleich der Schlusspunkt eines Spiels, das Gästetrainer Dennis Kreutzer nach dem Abpfiff als „in der zweiten Halbzeit ziemlich kämpferisch und krampfig“ bezeichnete und damit eher auf die Leistung seines Teams als auf die des BSV anspielte. „Wir haben gewonnen, aber über die Art und Weise muss man sprechen“, befand Kreutzer, „wir müssen das Ganze deutlich souveräner runterspielen.“ So verkehrt lag Billstedts Coach mit seiner Einschätzung nicht. Denn: Viele Möglichkeiten der Billstedter förderte der Chancenzettel in der zweiten Hälfte nicht zu Tage. Da war bestenfalls Ulas Dogans Schuss ans Außennetz aus der 55. Minute. Ansonsten war es mehrheitlich Barsbüttel, das sich in Sachen Torchancen hervortat. So zum Beispiel durch Kevin Lauppes Schuss kurz nach der Halbzeit, der am Aluminium landete. Oder durch einen Freistoß von Mariusz Zmijak nach 63 Minuten. Auch er scheiterte an Gestänge des V/W-Tores. „Wir haben in der zweiten Halbzeit zu viele Nerven gezeigt“, urteilte Kreutzer und bemängelte: „Eigentlich müssen wir das hier schon vor der Pause klären und Minimum mit 3:0 vorne liegen.“

Doch den Gästen fehlte in den ersten 45 Minuten wiederholt das Glück im Abschluss. Erst versuchte sich Atef Zakerwal, dessen Schuss sich nach zwölf Minuten gefährlich aufs Tor senkte, letztlich aber nicht rein ging. Dann köpfte Bachir drüber (14.). Vier Minuten später chipte Peter Iwosa einen Freistoß sehenswert in den Strafraum und fand den freistehenden Juro Julardzija. Der aber schaffte es nicht, Lenz zu überwinden. Zur Verwunderung aller und zum Ärgernis von V/W-Ligamanager Wolfgang „Karotte“ Krause, der an der Seitenlinie feststellte: „Den mach' selbst ich mit 62 Jahren rein!“ Immerhin: Die Gäste holten das Toreschießen anschließend nach. Langer Ball nach vorne, ein schneller Pass auf Ozan Gencel – und der entwischte seinem Gegenspieler und vollendete an Lenz vorbei ins lange Eck zur Führung (22.). Und Barsbüttel? Die Equipe von Coach Aydin Taneli zeigte sich keineswegs geschockt. Im Gegenteil: Zmijaks Freistoß strich nur knapp drüber (24.). Zwölf Zeigerumdrehungen später durften die „weißen Schwäne“ dann sogar den Ausgleichstreffer bejubeln.

Taneli: „Die Niederlage tut weh und geht an die Substanz“

Mou-Inzou Bachir erzielte den Siegtreffer für die Gäste. Archivfoto: noveski.com

In jener 36. Minute nämlich bekamen die Hausherren einen Eckstoß zugesprochen. Der Ball landete bei Tim Bischof, der ihn zum 1:1 über die Linie köpfte. Beinahe wäre Billstedt noch vor der Pause erneut in Führung gegangen. Doch so, wie es dem BSV in der zweiten Hälfte widerfahren sollte, hatte auch V/W Pech mit dem Aluminium. Ein Freistoß von Gencel in der 44. Minute landete an der Querlatte statt im Netz, sodass es letztlich doch mit dem Remis in die Kabinen ging. „Barsbüttel kommt durch eine Standardsituation zum Ausgleich. Bei so etwas wird eine Mannschaft, die gegen den Abstieg spielt, natürlich scharf und heiß“, erklärte Billstedt-Coach Kreutzer nach der Begegnung, „in der zweiten Hälfte haben wir Nerven gezeigt und bei Barsbüttel konnte man deren Antrieb, dreifach zu punkten, deutlich merken. Mir war vorher klar, dass meine Mannschaft ein wenig nachdenklich werden wird. Ich kenne meine Jungs ja. Wir sind uns der Situation bewusst, dass wir oben dabei sind. Das müssen wir besser annehmen.“

Für Aydin Taneli hätte vieles nicht oder nur wenig besser sein können. Klar: Da stand zu aller erst die Niederlage, doch der Barsbütteler Übungsleiter zog positive Schlüsse aus der Partie. „Ich denke, kämpferisch waren wir auf Augenhöhe. In der zweiten Halbzeit habe ich uns sogar einen Tick näher am Siegtreffer gesehen. Meine Mannschaft hat das nicht schlecht gemacht“, gab der BSV-Coach zu Protokoll und stellte fest: „Wir stehen zwar auf einem Abstiegsplatz, aber ein Absteiger spielt eigentlich anders. Wir sind mit breiter Brust aufgetreten und haben gut agiert.“ Nach dem aus seiner Sicht „verdienten Ausgleich“, so Taneli, habe er eine offene zweite Halbzeit gesehen: „Wir wollten drei Punkte holen. Nur ein Punkt – das reicht uns in unserer Situation nicht. Umso bitterer ist es, dass der Kampf nicht belohnt wird. Wir haben es mit aller Macht versucht. So kenne ich die Truppe. Dieses Abschlachtenlassen wie beim 0:7 gegen Bramfeld und beim 0:6 gegen Lohbrügge – davon sind wir weg. Wir müssen alles investieren, um Siege einzufahren. Natürlich sind die Jungs jetzt geknickt. Die Niederlage geht an die Substanz und tut weh.“ Bester Beleg: Die Barsbütteler Spieler saßen noch lange nach dem Schlusspfiff konsterniert auf dem Feld, während bei den Billstedtern Coach Dennis Kreutzer jeden einzelnen Spieler freudig abklatschte...

Jan Knötzsch