Sahins Schuss in den Winkel und in Condors Herz

Buxtehude gleicht in der Nachspielzeit zum 2:2-Endstand aus

26. März 2017, 19:20 Uhr

Da schlägt die Kugel ein: Condor-Keeper Sascha Kleinschmidt streckt sich nach dem Schuss von Buxtehudes Mete Sahin vergeblich. Foto: noveski.com

Die drei Punkte waren schon so gut wie sicher auf dem Konto des SC Condor, doch dann packte die Mannschaft vom Berner Heerweg im Heimspiel gegen den Buxtehuder SV die zu große Leichtsinnigkeit. Aus einer 2:0-Führung fünf Minuten vor Schluss wurde ein 2:2, von drei Zählern blieb nur einer. Kein Wunder, dass Christian Woike angesichts dessen bedient war. „Wir haben uns dieses Remis selbst zuzuschreiben“, resümierte der Condor-Coach, während sein Gegenüber René Klawon frohlockte: „Wir haben bis zum Ende an uns geglaubt!“ 

Die Freude stand Mete Sahin ins Gesicht geschrieben. Der 19-Jährige strahlte. Die wallende Mähne des Buxtehuder Youngsters wippte, als er im Laufen die Arme erhob und zum Jubel hochsprang. Er hatte soeben den Schluss-Strich unter das Spiel am Berner Heerweg gesetzt. Und wie! Die Defensive der Hausherren war in der vierten Minute der Nachspielzeit nicht in der Lage gewesen, den Ball aus der Gefahrenzone zu bekommen. Die Kugel landete bei Sahin. Der überlegte nicht lange, sondern hielt einfach drauf. Der Ball wurde zu einem schönen Strahl. Condors Keeper Sascha Kleisnchmidt konnte sich strecken, wie er wollte: Das Spielgerät schlug im linken Winkel des Tores ein. Ein Treffer mitten ins Herz des SC Condor, sozusagen. Denn damit hatte Sahin den Gastgebern soeben zwei von drei schon sicher geglaubten Punkten wieder entrissen. Sein Treffer bedeutete den 2:2-Endstand. Ausgerechnet Sahin: Der 1,76 Meter große Stürmer spielte einst in der U19 der „Raubvögel“. Und nun war er der Spielverderber für seinen Ex-Club.

Hassunizadeh und Sahin eagalisieren Treffer von Daudert und Blunck

Till Daudert traf nach 13 Minuten zur 1:0-Führung für die Platzherren. Archivfoto: noveski.com

„Es ist schwierig, das Ganze in Worte zu fassen. Das ist ein Spiel, das wir nicht verlieren dürfen“, konstatierte Condor-Coach Christian Woike. Moment: nicht verlieren dürfen? „Ja, das sage ich ganz bewusst so. Wenn wir in der 85. Minute 2:0 führen, dann fühlt sich ein 2:2 am Ende wie eine Niederlage an“, erklärte Woike. Und in der Tat: Dieser Punktverlust musste so eigentlich gar nicht sein. Mit dieser Anmerkung geht’s rein ins Spielgeschehen, genauer gesagt: in die für Condor verhängnisvolle Schlussphase der Begegnung. Nach 85 Minuten brachte Woike noch einmal frischen Wind ins Spiel seiner Equipe. Ibrahim Özalp ging vom Platz, für ihn kam Michel Blunck. Der stand noch nichtmal eine Minute auf dem Feld, als es einen Eckball für Condor gab. Kevin Mellmann brachte die Kugel herein, in der Mitte verpasste Isaak Hoeling per Kopf. Doch der Ball blieb heiß und landete bei Blunck, der am zweiten Pfosten einschoss. In diesem Moment stand es 2:0 für Condor (86.). Die Partie war eigentlich gelaufen. Denkste!

Nur eine Zeigerumdrehung später tauchte Jannick Martens für Condor frei vor dem Buxtehuder Gehäuse auf und hätte den Ball eigentlich nur noch mit der Innenseite des Fußes einschieben müssen. Martens aber entschied sich dafür, es mit der Hacke zu versuchen. Ein fataler Fehler! Denn so entstand ein Gegenangriff, an dessen Ende Buxtehudes Tobias Schroeder den Ball auf der anderen Seite scharf in den Strafraum brachte und Dariusch Hassunizadeh nur noch seinen Fuß hinhalten musste, um die Kugel zwischen dem Bein von Keeper Sascha Kleinschmidt und dem Pfosten hindurch ins Netz zu vollenden. Damit stand es nur noch 2:1 – und Buxtehude witterte noch einmal die berühmte Morgenluft. Der Tabellenletzte warf alles nach vorne. Mit dem bekannten Ende.

Klawon: „Die ersten 20 Minuten von uns waren katastrophal“

Durfte sich am Ende freuen: Buxtehudes Trainer René Klawon. Archivfoto: noveski.com

„Ich hätte es auch bei einer 1:2-Niederlage gesagt: Wir haben bis zum Schluss dran geglaubt, dass noch was geht. Am Ende haben wir es erzwungen“, freute sich BSV-Trainer René Klawon nach dem Spiel über den einen Punkt. Doch für ihn stand fest: „Wir haben nicht gut gespielt. In der Halbzeit habe ich gesagt: In der Rückserie war das unser schlechtestes Spiel. Die ersten 20 Minuten von uns waren katastrophal. Wir können uns bei Dennis Bock bedanken, der stark gehalten und uns so im Spiel gelassen hat. Hätte Jannick Martens für Condor nich die ganzen Chancen vergeben, dann hätte es für uns bitter ausgesehen.“ Wahre Worte des Buxtehuder Übungsleiters. Denn so wie Mete Sahin für Buxtehude an alter Wirkungsstätte so etwas wie der Held des Spiels war, so oblag bei Condor Jannick Martens die Rolle des Pechvogels.

Denn der Stürmer der „Raubvögel“ machte nicht nur bei seiner Aktion in der 87. Minute eine schlechte Figur, sondern auch schon zuvor. In der 19. Minute zum Beispiel, als seine Einschussmöglichkeit zur Ecke abgewehrt wurde. Und vor allem in der 41. Minute. Da hatte Gökhan Iscan den Ball schön zu Martens durchgesteckt, der nicht mehr freier hätte stehen können. Condors Nummer neun steuerte auf BSV-Schlussmann Bock zu und konnte sich die Ecke quasi aussuchen. Das Ende vom Lied? Er scheiterte an Bock. „Da hat er wohl zu lange überlegt und es mit der Angst zu tun bekommen“, mutmaßte Condors Fußball-Abteilungsleiter Söhren Grudzinski in der Halbzeit. Doch auch Martens' Mitspieler hatten es nicht so mit der Chancenverwertung.

Woike: „Wir haben Chancen für zehn, zwölf oder 14 Tore“

Schwarzer Tag: Condors Stürmer Jannick Martens hatte einfach kein Glück im Abschluss. Archivfoto: noveski.com

Noch vorm 1:0, das Till Daudert aus abseitsverdächtiger Position im Anschluss an einen Pfostentreffer von Gökhan Iscan erzielte (13.), war Özalp an Bock gescheitert (5.). Auch nach dem 1:0 zog Condors Mittelfeldspieler den Kürzeren gegen Buxtehudes „Goalie“ (25.). Nach dieser Chance übrigens gab es einen Bruch im Spiel, die Hausherren agierten zunehmend fahriger und ließen ihre Gäste besser ins Spiel kommen. Doch die gingen mit ihren Möglichkeiten ebenso fahrlässig um. Nachdem Rabii Msalemi zuvor schon an Kleinschmidt scheiterte (20.), wurden sowohl Fadi Hamze (33.) als auch Salim Aichaoui (38.) bei ihren Schüssen geblockt. Condor hatte zwei weitere Male Pech, als Gökhan Iscan (45.) und Daudert (49.) scheiterten, aber auch das Glück, dass Hoeling nach 75 Minuten im genau richtigen Moment dem frei durchstartenden Kepper Sousa da Silva fair die Kugel vom Fuß grätschte.

„Wir haben Chancen für zehn, zwölf oder 14 Tore und bekommen zwei Schüsse auf unser Tor, die beide drin sind“, war der Ärger von SCC-Coach „Crille“ Woike nach dem Spiel groß. „Beide Gegentreffer haben wir selbst verschuldet“, befand der Zepterschwinger der Kicker vom Berner Heerweg und erklärte auch gleich, warum: „Wir haben uns das Remis selbst zuzuschreiben, weil wir das Spiel mit einer Larifari-Einstellung zuende gespielt haben.“ Seine Elf, so Woike weiter, sei dem Gegner „zu deutlich überlegen gewesen. Dadurch ist ein Stück Larifari reingekommen. Das Spiel plätscherte nur noch vor sich hin. Wenn du 2:0 führst, darfst du kein 2:2 mehr kassieren, sondern musst das über die Zeit bringen.“Angesichts der vergebenen Chancen, so Woikes abschließendes Fazit, „haben wir das Spiel heute definitiv vorne aus der Hand gegeben.“

Jan Knötzsch