Toumi: „Uns wurde der Sieg gestohlen!"

HTB verspielt Drei-Tore-Führung und sieht zwei Rote Karten

01. April 2017, 01:52 Uhr

Wie in diesem Zweikampf zwischen Rodrigues Padin (links) und Yasin Aytekin, ging es oftmals hart zur Sache. Foto: noveski.com

Einer beeindruckenden Bezirksliga-Kulisse von 415 Zuschauern bot sich ein Spiel mit vielen Höhepunkten und Aufregern. Erst führte der Bezirksliga-Primus HTB zur Pause klar mit 3:0, doch dann kam der Zweitplatzierte der Süd-Staffel, Juventude do Minho, „nicht mit hundert, sondern mit tausend Prozent wieder zurück“, so Juves Trainer Rogelio Riveros. Ingesamt sechs Tore, zwei Elfmeter und zwei Rote Karten gehören genauso zu den Höhepunkten, wie die ein oder andere Schiedsrichterentscheidung, die den Harburger Übungsleiter Nabil Toumi gehörig in Rage brachte: „Noch klarer kann man kein Spiel verpfeifen.“

Nach seinem Führungstor zum 1:0 bekannte sich Kerim Eken öffentlich zum HTB. Foto: noveski.com

Die ersten 45 Minuten gestalteten sich so, dass der HTB zeigte, wer der Herr im Hause war: Offensive Vorstöße von Juventude wurden durch die sehr gut stehende Verteidigung meistens schon früh im Keim erstickt. Auch der Zug nach vorne wurde von den Gastgebern besser und vor allem effektiver gestaltet, weshalb der Tabellenerste zur Pause bereits locker mit 3:0 führte.

Schon nach sechs Zeigerumdrehungen klingelte es das erste mal im Juve-Tor, als Matthias Knerr über links, nach schönem Doppelpass mit Stefan Sawiel, eine Flanke in den Strafraum schlug, die vor Kerim Ekens Füßen landete, der dann nicht lange fackelte und aus sieben Metern zum 1:0 traf. Nach dieser frühen Führung gestaltete sich das Spiel weiterhin sehr schnell und anspruchsvoll. Wenn Juve mal gefährlich vor des Gegners Tor kam, geschah dies lediglich durch Standardsituationen. „In der ersten Halbzeit haben wir zu 100 Prozent geschlafen. Das war einfach so“, gestand Juventude-Coach Riveros. Eben noch Torschütze, bereitete Kerim Eken den zweiten Treffer der Gastgeber vor und bediente seinen Spielmacher Kirill Schneider mit Augenmaß, der kurz vor dem Strafraum einen strammen Schuss zum 2:0 auspackte. Und als wäre das noch nicht genug, erhöten die Toumi-Schützlinge kurz vor dem Pausenpfiff sogar noch auf ein 3:0 durch den aufgerückten Außenverteidiger Vincent Bürger, der Keeper Abdulhakim Bozkaya keine Chance ließ (44). Toumi zur Leistung seines Teams: „Die erste Halbzeit war von uns überragend!“ Es gab zu diesem Zeitpunkt wohl kaum jemanden, der noch den berühmten Pfifferling auf etwas anderes als einen HTB-Sieg setzte.

Riveros: „Krasse Ansage führte zu tausend Prozent Motivation"

In der ersten Hälfte gab es an Cafer Eken (links) kaum ein Vorbeikommen. Foto: noveski.com

Doch es sollte anders kommen. Zu einem der Hauptprotagonisten der zweiten Hälfte sollte sich Schiedsrichter Thomas Stepan entwickeln, der es schaffte, Heimtrainer Toumi gegen sich aufzubringen, obwohl nicht dieser, sondern Juve-Coach Riveros auf die Tribüne geschickt wurde, nachdem er zwei Mal während des Spiels den Platz betrat. Doch der Reihe nach: Ab Wiederanpfiff versuchten die Gastgeber weiter zu pressen, was allerdings nicht mehr lange anhielt, da Juve wie ausgewechselt aus der Kabine kam und eine gehörige Leistungssteigerung im Vergleich zum ersten Durchlauf an den Tag legte. „In der Pause haben unser Kapitän Max Leinung und sein Vertreter Koffi Konan so eine krasse Ansage ans Team gemacht, dass unsere Jungs danach richtig heiß und voller Adrenalin wiedergekommen sind. Die hatten dann keine hundert, sondern tausend Prozent Motivation“, erklärte Zepterschwinger Riveros den Umschwung seines Teams. Trotz eines Drei-Tore-Rückstandes wollten seine Jungs nochmal angreifen – was ihnen sogar gelang.

Juventude wirkte plötzlich aggressiver in den Zweikämpfen und hielt den Ball am Boden, was dazu führte, dass die Riveros-Schützlinge mehr Offensivaktionen kreierten – mit Erfolg. In der 55. Minute bekam Juventude einen Elfmeter zugesprochen, den Ali Bulut verwandelte und auf 1:3 verkürzte. Beflügelt vom Anschlusstreffer griffen die Gäste weiter munter an und ließen einen mächtigen Jubel bei all ihren Vereinsangehörigen aufkommen, als sie das 2:3 aus ihrer Sicht durch Hamilton Alvarez Sanchez markierten (61.). Eigentlich unglaublich, dass der in der ersten Hälfte so souverän und bestimmend auftretende Tabellenführer das Geschehen offensichtlich aus der Hand gab. Denn die Gäste drehten in der Partie, die immer hitziger wurde, weiter auf. Es war Spannung drin und überhaupt nicht abzusehen, was bis zum Schlusspfiff noch passieren könnte – bis es zu der Szene kam, die Toumi zum Kochen brachte.

Toumi: „Bei solchen Entscheidungen platzt mir der Kragen!"

Juventudes Stürmer Ali Bulut nach seinem Ausgleichstreffer mit dem Befreiungsschrei. Foto: noveski.com

Bei einem der mittlerweile zahlreichen Juve-Vorstößen kam es an der Seitenlinie ganz klar zu einem Foul, das eigentlich dem HTB hätte zugesprochen werden müssen, doch Schiedsrichter Stepan ließ weiterspielen, was dazu führte, dass Knerr in höchster Not vor dem eigenen Tor eine Notbremse gegen Alvarez Sanchez auspackte – Rot für Knerr und der zweite Strafstoß für Juventude. Toumi wütend: „Das war zuvor ein klares Foul gegen uns. Klarer geht es nicht. Damit ist die Situation eigentlich schon tot und es kann nicht mehr zu einem Elfer kommen.“ Gerade in Rage geredet, führte der Trainer weiter aus: „Sogar dem Linienrichter tat es leid, dass das Foul an uns vor dem zweiten Strafstoß nicht erkannt wurde. Er hat sich danach drei Mal bei uns dafür entschuldigt. In der ersten Halbzeit haben wir Juve noch absolut dominiert und eigentlich waren die völlig platt. Aber dann kommst du selbst nicht mehr zum Spielen, weil der Schiri sagt: Oh, der Punkt gefällt mir, da will ich jetzt mal hinzeigen. Das ist doch zum Kotzen!“

Zum fälligen Strafstoß trat abermals Bulut an – und verwandelt zum 3:3 (82.). Wahnsinn, diese Aufholjagd! Auf dem Platz, wo es schon seit Beginn des zweiten Durchgangs heiß herging, erhitzten sich die Gemüter noch mehr, sodass der HTB sogar einen zweiten Platzverweis einstecken musste, als Alexandro Prato mit Alexander Fernandes aneinander geriet. Die beiden Heißsporne gingen aufeinander zu, wobei der Eine dem Anderen mit dem Kopf stieß. Der Unparteiische machte dabei Prato als den Übeltäter aus und verwies ihn des Feldes, was nicht nur zu großen Empörungen auf den Rängen führte. Auch Coach Toumi, der nur ein paar Meter neben dem Geschehen stand, konnte sich nach dieser Entscheidung gar nicht mehr beruhigen: „Ich sage ja nicht mal, dass der Spieler von Juventude dabei eine Rote Karte verdient gehabt hätte. Denn da war überhaupt keine Tätlichkeit. Das war ein kurzes Kopf-an-Kopf- Drücken und fertig. Ganz ehrlich: Bei diesen Entscheidungen platzt mir der Kragen!“

Toumi: „So eine Schiedsrichterleistung ist für mich unfassbar"

Elfmeter halten hat auch was mit Glück zu tun, was dem HTB-Torwart Murat Osman Bakir in diesem Spiel nicht hold war. Foto: noveski.com

Ab der 84. Minute war der Gastgeber deshalb nur noch mit neun Spielern auf dem Feld, was die Sache erschwerte, überhaupt noch einen Punkt zu behalten. Die Toumi-Elf stellte sich gegen die Angriffswellen von Juventude und brachte das Unentschieden letztlich über die Zeit, auch wenn es von Schiedsrichter Stepan mehr als fünf Minuten Nachschlag gab. Für den Heim-Trainer gab es nur einen Schuldigen dafür, dass das Spiel nach der hohen Führung seiner Mannschaft noch unentschieden ausging: „So eine Schiedsrichterleistung ist für mich unfassbar. Noch klarer kann man kein Spiel verpfeifen“, ließ der Toumi seiner Wut freien Lauf, „meine Jungs sind keine Treter, Das sind Spieler, die ganz ruhig Fußball spielen wollen. Und jetzt hatten wir hier ein Spiel, wo die Aggression in den Zweikämpfen ganz klar von Juventude ausging und am Ende gehen wir mit zwei Roten Karten und zwei Elfern gegen uns aus dem Spiel. Das ist wirklich lächerlich. Glücklicherweise ist es noch unentschieden ausgegangen. Meiner Meinung nach wurde uns hier ganz eindeutig der Sieg gestohlen.“

Dennoch ist der HTB noch weiterhin der Primus aus der Berzirksliga-Süd. Allerdings sitzt ihm Juventude gehörig im Nacken, da das Team von Coach Riveros noch ein Nachholspiel zu bestreiten hat. „ Es ist jetzt noch alles offen. Wir haben das Nachholspiel vor uns und wenn wir das gewinnen, sind wir auf einen Punkt an den HTB rangerückt. Die haben noch schwere Spiele vor sich und das passt schon“, so der Juve-Übungsleiter. 

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Autor: Mathias Merk

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