Welle egalisiert 1:4 – und verliert doch: Zinn sorgt für späten „Win“!

Berne triumphiert in Unterzahl und in der Schlussminute mit 5:4

02. April 2017, 18:37 Uhr

Überschwänglicher Jubel beim TuS Berne nach dem glücklichen Last-Minute-Sieg bei starken Wellingsbüttelern.

Als der Schlusspfiff des Unparteiischen Peter Kohlert ertönte, kannte der Jubel bei Spielern und Offiziellen des TuS Berne keine Grenzen mehr. Insbesondere Matchwinner Jonathan Zinn wurde geherzt – auch von Cheftrainer Frank Neben, der den „Blondschopf“ in die Arme schloss und gen Höhe reckte. „Die Erleichterung ist natürlich riesengroß“, machte Neben wenige Augenblicke später – mit leicht zittriger Stimme – aus seiner Gefühlswelt keinen Hehl. 

Während die Besucher ein absolutes Spektakel geboten bekamen, das von unzähligen Höhen und Tiefen auf beiden Seiten geprägt war, konnte sich der Coach des TuS daran allerdings nur wenig erfreuen. „Ich kann mich da ganz schlecht in den neutralen Zuschauer hinein versetzen, da ich das nur aus meiner Sicht als Trainer beurteilen kann. Unsere Fehlerquote war so hoch, dass ich mich gar nicht über das Spektakel freuen konnte. Ich muss das erstmal verarbeiten.“ Dass das Spiel zwischen dem um den Klassenerhalt kämpfenden TSC Wellingsbüttel und Meisterschafts-Anwärter TuS Berne ein derartiges „Finale furioso“ bieten würde, hätten zu Beginn des Spiels, nach 25 sowie nach 55 Minuten wohl nur die kühnsten Optimisten für möglich gehalten – und selbst die wohl eher nicht.

Denn die Neben-Elf wurde ihrer klaren Favoritenrolle anfangs gerecht. Der einmal mehr famose Marco Theis traf bereits nach wenigen Sekunden, soll aber im Abseits gestanden haben (1.). Dann parierte TSC-Keeper Christopher Janz zweimal ganz stark gegen Zinn (10.) und André Fernandes Mendes (13.), ehe Benjamin Kroll per Kopf nach einem Rubbert-Einwurf den Bann brach (19.)! Und Berne legte gleich nach. Theis von der linken Grundlinie flach vors Tor, wo Fernandes Mendes ohne jede Gegenwehr einschieben durfte (22.)! Das 2:0 für die Gäste schien bereits einer Vorentscheidung zu gleichen. Aber denkste! Aus dem Nichts kamen die Hausherren zurück, weil Dominic Rößler einen langen Ball von Jakob Peschken hervorragend verarbeitete und aus 16 Metern ansatzlos per Dropkick mittig unter die Latte jagte (28.)!

Rubbert sieht Rot - Berne dreht nach Wiederanpfiff auf

Nun kam die „Welle“ ins Rollen – auch, weil sich Berne-Routinier Maik Rubbert nach einem Katastrophen-Rückpass des indisponierten Niklas Napp zu einer Notbremse gegen den dazwischen spritzenden Jan Zierau gezwungen war. Das Trikotziehen bestrafte Referee Kohlert mit dem roten Karton (35.)! Der Tabellenzweite, der mit einem Sieg wieder die Tabellenspitze übernehmen konnte, verlor folglich den Faden, meldete sich zu Beginn des zweiten Abschnitts aber in eindrucksvoller Manier zurück. Welle war in Überzahl hingegen viel zu offen, was zum dritten Gegentreffer führte, als der Ball über Zinn und Theis zu Tom Wohlers kam. Der Top-Torjäger, der nun vorrangig als Sechser agierte, zog aus 18 Metern ab und hatte Glück, dass sein Schuss abgefälscht wurde und im rechten unteren Toreck einschlug (51.). 3:1 Berne!

Nun kam das Spitzenteam so richtig in Fahrt und wirbelte die löchrige TSC-Defensive gehörig durcheinander – und das mit einem Mann weniger. Einen Bilderbuch-Angriff, ausgehend vom starken Zinn, schloss Theis nach Vorarbeit von Manfred Melzer mit einem traumhaften und wohl überlegten Schlenzer aus 22 Metern halbrechter Position ins lange Eck ab (54.). Ein super Tor! „Wir haben uns direkt nach der Halbzeit etwas naiv verhalten und hinten schon geöffnet, ohne dass es angesagt war“, gab Cirkovic anschließend zu Protokoll. Sein Gegenüber analysierte hingegen zutreffend: „Wenn du 4:1 führst und sogar die ganz große Chance auf das 5:1 hast, dann muss der Deckel eigentlich drauf sein.“ Doch einerseits vergab Wohlers die angesprochene Riesengelegenheit nach einem abermaligen Theis-Solo aus drei Metern leichtfertig (56.). Und andererseits stellte man das Fußballspielen – vermutlich mit dem Gefühl des sicheren Sieges im Hinterkopf – urplötzlich ein.

"Weltklasse-Welle": Houillon-Doppelschlag sorgt für 4:4

Die Folge: Das 2:4 durch Rößler, der seine starke Schusstechnik einmal mehr zur Schau stellte, als er den Ball nach einer verunglückten Berner Kopfballabwehr per Linksschuss aus 15 Metern in den linken Giebel schweißte (57.)! Nur ein kurzes Aufmucken? Von wegen! Der tot geglaubte Abstiegskandidat schlug unnachahmlich zurück. Einen langen Diagonalball von Dennis Bohnhorst pflückte André Houillon technisch versiert aus der Luft und schoss unter Bedrängnis zum 3:4 ein (60.)! Berne schwamm nun ganz gewaltig – und kassierte tatsächlich das 4:4. Wieder war es A. Houillon, der nach einem Eckball von J. Zierau und cleverer Kopfballverlängerung von Bohnhorst zum Ausgleich einnickte (71.). Unglaublich! „Dass wir das nochmal aus der Hand gegeben haben, darf nicht passieren“, bemängelte Neben. „Wie wir nach dem 1:4 zurückgekommen sind, das war schon Weltklasse“, lobte Cirkovic derweil seine Mannen. Und ob man’s glaubt oder nicht: Wellingsbüttel war dem Sieg nun sogar näher.

Fünf Minuten waren noch auf der Uhr, als Rößler von links uneigennützig quer legte und der gerade eingewechselte Tobias Giesenschlag die „Hundertprozentige“ auf dem Fuß hatte. Allerdings beförderte der langzeitverletzte Angreifer das Spielgerät aus 13 Metern am völlig verwaisten Gehäuse – Berne-Keeper Jan Mehlhorn war bereits geschlagen – vorbei (85.). Kurz darauf prüfte erneut Giesenschlag vom rechten Strafraumeck Mehlhorn und schließlich war es A. Houillon, der nach einem Eckball etwas überrascht schien (86.). Statt 5:4 für die Gastgeber hieß es in der Schlussminute 4:5, als Zinn seine Freiheiten im Zentrum nutzte, einige Schritte machte und dann mit seinem eigentlich schwächeren rechten Fuß aus 22 Metern flach abzog. Der Ball schlug haargenau links neben dem Pfosten ein (90.)! Was folgte, war überschwänglicher Jubel bei den Bernern, die damit wieder Spitzenreiter der Bezirksliga Nord sind. „Ich hab die Situation gar nicht richtig gesehen, da wir uns draußen gerade um unsere Defensive gekümmert und diskutiert haben, weil der Fokus zu dem Zeitpunkt auf der Abwehr lag“, gestand Neben. „Ich habe nur noch den Einschlag mitbekommen und natürlich war die Erleichterung riesig.“

"Berne ist eine geile Mannschaft - mit einer Granate nach der anderen"

Sascha Cirkovic bilanzierte unterdessen: „Wir haben zwei richtig gute Chancen auf das 5:4 – und passen dann hinten nicht auf, weil in der Phase alle zu offensiv gedacht haben. Da hätten wir etwas cleverer sein müssen.“ Nichtsdestotrotz befand er: „Wir hätten einen Punkt mitnehmen können oder gar müssen. Aber Berne ist eine Mannschaft, die nicht umsonst vorne steht. Natürlich wäre es vor allem für die Moral wichtig gewesen, hier zu punkten. Aber wir dürfen jetzt nicht weinen, sondern müssen uns auf das nächste ganz wichtige Spiel konzentrieren.“ Trotz des geglückten „Last-Minute-Treffers“ wollte auch Neben die Defizite nicht unter den Teppich kehren. „Wir sollten das Spiel erstmal analysieren und gar nicht über den Tabellenplatz nachdenken. Denn wir hatten zu viele Fehler drin.“ Die letzten Worte gehören TSC-Coach Cirkovic, der die Stärke des Gegners noch einmal untermauert: „Berne ist eine richtig geile Mannschaft. Vorne haben die eine Granate nach der anderen – das ist für Amateurverhältnisse schon überragend!“


Autor: Dennis Kormanjos