Vicky in 45 Minuten zum Kantersieg

Kosovas Oder: „Wir werden nächstes Jahr sicherlich in der Landesliga spielen!“

22. April 2017, 01:04 Uhr

Doppeltorschütze Marcel Rodrigues lenkte sein Team auf die Gewinnerstraße, wurde später aber verletzt ausgewechselt. Archivfoto: noveski.com

Nach einer ersten Halbzeit mit wenigen Highlights wurde es dann sehr ungemütlich für den Klub Kosova, der im Stadion Hoheluft böse unter die Räder kam. Lediglich 45 Minuten brauchte diese Partie für zwei Elfmeter, einen Platzverweis und sieben Tore. Auf der Trainerbank des SC Victoria saß ein bisher unbekanntes Gesicht aus dem Herrenbereich „zur Aushilfe“, von dem Manager Jean-Pierre Richter sagte, dass er „seine Sache richtig gut gemacht hat.“ Der Interimstrainer freute sich über eine „geile Atmosphäre“ und natürlich den zweiten Sieg seiner Farben im Jahr 2017. Die Gäste aus Wilhelmsburg schauten hingegen auf die Tabelle und auf die Konkurrenz im Parallelspiel, was Co-Trainer Kai Oder zur Aussage brachte: „Vermutlich sind wir heute abgestiegen!“

Selbstverständlich tauchte vor Spielbeginn die Frage auf, wer sich denn zum heutigen Duell gegen den Klub Kosova um die Belange des SC Victoria kümmern würde? Wer zeigt sich auf der Trainerbank und wer stellte die Mannschaft auf die bevorstehende Partie ein? Denn die Trainerposition an der Hoheluft war, ist und bleibt erstmal weiterhin vakant. „Denn“, so stellte Richter klar, „es wird bis zum Saisonende keinen Schnellschuss, sondern nur interne Lösungen geben.“ Und da andere Zepterschwinger wie Co-Trainer Jerry Sampaney (weilte im Urlaub) und Tim Wiegand (stand selbst zwischen den Pfosten) nicht zur Verfügung standen, blieb die Option, die Dienste des A-Jugend-Trainers Hamid Derakhshan für das anstehende Duell gegen die Wilhelmsburger in Anspruch zu nehmen, was der Verein hinterher absolut nicht bereute, sondern ganz im Gegenteil. Richter: „Hamid hat heute mal ausgeholfen und das richtig gut gemacht. Er wird immer mal wieder im Liga-Team aushelfen, so lange die A-Jugend nicht darunter leidet. Es ist herausragend, wenn man für eine Aushilfs-Betreuung auf so einen Mann zurückgreifen kann.“ Derakhshan selbst genoss den Abend von Anfang an. „Ich habe zu den Jungs vor dem Anpfiff gesagt: Lasst uns einfach rausgehen und den Gegner in die Schranken weisen. Und das haben sie besonders in der zweiten Halbzeit sehr gut gemacht.“

Oder: „Es war glücklich, dass wir zur Pause nur 0:1 zurücklagen"

Erst traf Felix Schuhmann das Runde ins Eckige, bevor er eine gute Minute später mit rot vom Platz flog. Archivfoto: noveski.com

Denn in der ersten Dreiviertelstunde waren die Gastgeber zwar durchgehend die spielbestimmende Mannschaft, aber es fehlte dennoch die gewisse Würze. Es fehlte der Biss und die letzte Entschlossenheit, gegen den Tabellenvorletzten groß aufzutrumpfen. Offensivaktionen waren zwar vorhanden, jedoch wurden diese nicht ordentlich zu Ende gespielt, weshalb der SCV lediglich mit einer 1:0-Führung in die Pause ging. Dafür verantwortlich war Marcel Rodrigues, der einen Abstauber in die Maschen beförderte, nachdem Len Aike Strömer mit dem ersten Versuch noch an Torwart Adrian Mamudi scheiterte (25.). Dass es überhaupt zu diesem Treffer kam, lag an einem „haarsträubenden individuellen Fehler“, nahm Kosovas Co-Trainer Kai Oder kein Blatt vor den Mund, von Innenverteidiger Burhan Bedrolli, der einen hohen Pass locker hätte stoppen können, dabei allerdings auf dem Rasen ausrutschte, weshalb das Leder in den Lauf von Strömer kullerte. Doch mehr Highlights wurden erstmal nicht so richtig auf das Parkett gebracht, wofür Derakhshan eine für ihn gute Erklärung hatte: „Es ist klar, wenn eine Mannschaft in 2017 erst einen Sieg hat, dass das Team dann nicht sofort wie die Feuerwehr loslegen kann. Das kommt erst mit der Zeit.“ Von den Gästen von der Dratelnstraße kam jedoch noch viel weniger. Eigentlich war man nur und ausschließlich damit beschäftigt, die Offensivaktionen der Hausherren zu unterbinden, was "KK" schließlich nicht gänzlich gelang. Deshalb „war es glücklich, dass wir zur Pause nur 0:1 zurückgelegen haben“, so Oder.

Aber auch beim SC Victoria war noch Luft nach oben: „Wir haben es versäumt, in der ersten Halbzeit dominanter aufzutreten, weil wir vor allem einige Räume falsch besetzt haben. Das haben wir uns dann aber für den zweiten Durchgang vorgenommen, die Jungs haben das super umgesetzt und wir konnten den Druck hochhalten.“ Diese Änderung der Einstellung führte anschließend fast schon automatisch zu einem besseren Spiel, auch wenn der Ball wesentlich schneller über den Rasen lief, da ein starker Dauerregen einsetzte und der Boden dadurch diese Partie um einiges unberechenbarer erscheinen lies.

Ein Anschlusstreffer zwischen zwei Doppelschlägen

Mittelfeldakteur Amir Ukshini holte für seinen Klub Kosova einen Elfmeter heraus, der zumindest zum Anschluss reichte. Archivfoto: noveski.com

Die Kicker des Klub Kosova kamen im zweiten Abschnitt hingegen lediglich dreimal in die Nähe des Victoria-Kastens, wobei es zweimal nicht wirklich gefährlich war. Doch ein Vorstoß führte dann tatsächlich zu einem Treffer. Allerdings waren erstmal die Gastgeber dran, die sich innerhalb von vier Minuten einen ordentlichen Tore-Vorsprung erschufen. Nicht lange nach Wiederanpfiff traf erst abermals Marcel Rodrigues zum 2:0, als der Stürmer aus 25 Metern einen Freistoß unter die Latte in die Maschen zimmerte (51.), und dann blieb es Nick Scharkowski vorbehalten, nach einer Flanke von Luis Hacker zum 3:0 einzunicken (55.)! Man hätte zu diesem Zeitpunkt durchaus davon ausgehen können, dass die Messe nun gelesen war. Aber dann kam es zu einer Szene, in der Torben Wacker in seinen Gegenspieler Amir Ukshini rauschte. Da das auch noch im Strafraum geschah, blieb Schiedsrichter Marco Kulawiak keine andere Wahl, als auf den Punkt zu zeigen. Verletzungsbedingt musste Ukshini anschließend ausgewechselt werden, weshalb er nur von außen zusehen konnte, wie sein Teamkollege Florim Osmani vom Punkt aus zum 1:3-Anschlusstor traf (66.)! 


Zumindest auf dem Papier sah es so aus, als wenn die Wilhelmsburger nochmal für etwas Spannung sorgen könnten. Dies hielt aber nur vier Minuten an, da es dann einen Doppelschlag der Hausherren setzte: Zunächst erhörte Marc Lange mit einem sehenswerten Freistoß aus 20 Metern auf 4:1 (70.) und dann legte Felix Schuhmann per Strafstoß nach, den der SCV zugesprochen bekam, nachdem Furkan Aydin von Keeper Mamudi gehalten wurde. So hieß es nach 72 gespielten Minuten 5:1 für Vicky! Doch der letztgenannte Torschütze konnte sich nicht lange über seine Bude freuen, da er gerade 65 Sekunden später auf Höhe des Mittelkreises Naim Osmani umgrätschte, wofür er sofort die Rote Karte sah und frühzeitig zum Duschen geschickt wurde.

Richter: „Man kann Hamid heute nur ein Kompliment aussprechen"

Sergej Schulz trug sich nicht nur in die Torschüztenliste ein, sondern war auch sonst einer der Dreh- und Angelpunkte für den Erfolg. Archivfoto: noveski.com

Auch wenn Victoria nun personell dezimiert war, war der Torhunger immer noch nicht gestillt. Denn Sergej Schulz (77.) und Aydin (90.) durften sich ebenfalls noch in die Liste der Schützen eintragen. 7:1! Kosovas Co-Trainer Oder zeigte sich sichtlich bedient: „Dass wir in Überzahl noch zwei Tore kassieren, ist ganz bitter!“ Und was sich der Zepterschwinger dann noch eingestehen musste, nachdem er erfuhr, wie der größte Konkurrent im Abstiegskampf spielte, gefiel ihm noch weniger: „Dass Süderelbe das Spiel gegen HR gewonnen hat, ist natürlich extrem schlecht. Vermutlich sind wir damit heute abgestiegen! Natürlich sind wir dadurch in den Grundfesten ein bisschen erschüttert, aber der Präsident Arton Mazrekaj macht weiter und er hat schon für die neue Saison viele Zusagen der Spieler. Ich denke, dass es weitergehen wird und der Klub erhalten bleibt, was aber im nächsten Jahr sicherlich in der Landesliga sein wird.“ 


Weitaus besser steht der SC Victoria im Ranking der Oberliga da, was auch damit zu tun hat, dass Vicky aus den letzten drei Partien sieben Punkte einfuhr, was auch ein Verdienst vom eigentlichen U19-Trainer Derakhshan ist, der sich respektvoll und sehr gut gelaunt präsentierte: „Wir haben jetzt die ersten zwei Schritte in die richtige Richtung gemacht. Im Team herrscht eine absolute Einheit und eine sehr positive Atmosphäre, was für die Spieler sehr wichtig ist. Ich freue mich, dass es aufgrund der guten Leistung der Jungs auf Anhieb für mich geklappt hat. Es war heute ein persönliches Highlight, mit der Mannschaft hier zu stehen. Im Victoria-Stadion unter Flutlicht. Das war eine geile Atmosphäre!“ Und von Seiten des Vereins sprach Manager Richter nochmal ein paar lobende Worte in seine Richtung aus: „Man kann Hamid heute nur ein Kompliment aussprechen!“ Das klingt nach einer sehr harmonischen Beziehung, wobei es erstmal nur bei diesem kurzen Intermezzo bleiben soll.

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Autor: Mathias Merk