Aus 0:2 mach 4:2 – Eindrucksvoller MSV gegen schwaches Dersim!

Nach Vollmers' frühzeitigem Abpfiff sorgt Blum für Wende

06. August 2016, 17:49 Uhr

Sprüht vor Ekstase: Meiendorfs Matchwinner Andrej Blum. Foto: noveski.com

Er wirkte konsterniert, ungläubig und ein Stück weit fassungslos, ob der Darbietung, die seine Mannschaft am Deepenhorn zum Besten gab: Dersim-Coach Theodore Fici musste von seiner Trainerbank tatenlos zusehen, wie seine Schützlinge eine 2:0-Führung bei einem völlig neuformierten Gegner im wahrsten Sinne des Wortes herschenkten. Dementsprechend sparte er nach der desolaten Vorstellung und der 2:4-Pleite bei einem wieder auferstandenen und immer an sich glaubenden Meiendorfer SV auch nicht mit Kritik.

„Momentan ist bei uns absolut der Wurm drin. Ich bin derzeit auch ein bisschen ratlos, wie drei solcher Leistungen hintereinander zustande kommen. All das, was in der Vorbereitung top war, ist nun völlig weg“, gab er anschließend zu Protokoll und fügte an: „Für uns ist das ein absoluter Fehlstart. Die Erwartungen sind ganz andere, aber es läuft nix zusammen. Wir waren heute sehr schwach! Das, was uns eigentlich auszeichnet, ist derzeit überhaupt nicht zu sehen. Wir haben überhaupt kein Laufspiel ohne Ball. Heute hat sich bestätigt, dass wir in der Vorbereitung irgendwas falsch gemacht haben!“ Klare Aussagen des Übungsleiters, denen Kapitän Benjamin Thiel sicher beipflichten wird. Immer und immer wieder versuchte er mit laustarken Kommentaren, seine Vorderleute wachzurütteln. Allein es half nichts! Da geriet selbst das lang ersehnte Comeback von Torjäger Deniz Kacan, der am 1. November 2014 sein letztes Pflichtspiel absolvierte, in den Hintergrund.

Rafat Waseq (r.) musste einige Male auf der Linie retten. Hier gegen Osman Celik. Foto: noveski.com

Beinahe hätte die Partie jedoch eine ganz andere Geschichte geschrieben: gut 84 Zeigerumdrehungen waren vorüber, als „Kult-Schiedsrichter“ Ralph „Drago“ Vollmers das Geschehen beim Stand von 2:2 abpfiff. Nicht nur die Trainer guckten sich verdutzt an und intervenierten, dass offiziell noch mindestens fünf Minuten zu spielen seien. In seiner gewohnt routinierten und überaus sympathischen Art löste Vollmers, dessen Uhr den Geist aufgab, diesen Fauxpas. „Ich glaube, ich brauch ‚ne neue Batterie“, rief er beiden Teams zu und setzte die Partie daraufhin turnusmäßig und ohne große Hektik fort. Viel besser kann man solch eine Situation wohl kaum lösen! Vor allem die Hausherren wird’s gefreut haben. Denn Meiendorf war zu jener Zeit klar am Drücker und sorgte direkt zu Beginn der „dritten Halbzeit“ mit einem Doppelschlag für den Knockout der Gäste. Beide Male hieß der Torschütze Andrej Blum: zunächst hämmerte der eigentliche Goalgetter der zweiten Mannschaft eine maßgeschneiderte Hereingabe von der neuen „Flügelrakete“ Edmund Saß aus kurzer Entfernung per Direktabnahme unter die Latte (86.), ehe der zur zweiten Hälfte eingewechselte Angreifer nach punktgenauem Sara-Zuspiel Dersim-Fänger Rijono umkurvte und aus linker Position routiniert einschob (87.)!

Ein hochverdienter Sieg für die Ergün/Saglam-Schützlinge – der allerdings lange auf der Kippe stand. Denn trotz allerbester Chancen durch Osman Celik, der nach Saras Querpass aus einem Meter die Kugel unglücklich verpasste (16.), oder auch Marcin Hercog, der Rijonos Unsicherheit nicht bestrafen konnte, da er aus drei Metern Torentfernung den auf der Linie stehenden Rafat Waseq anschoss (37.), lief man einem Rückstand hinterher. Aus dem absoluten Nichts vollendete Edison Sa Borges Dju seinen Sololauf, nachdem er im Mittelfeld von Serhat Cayir bedient wurde, äußerst glücklich, da sein Linksschuss von Karl Bogucki abgefälscht wurde und über Thorben Joost hinweg im linken Giebel einschlug (33.)! Der vom FC Türkiye an die Baererstraße gewechselte Offensivakteur sorgte auch unmittelbar nach der Pause für die vermeintliche Vorentscheidung: Rustam Weizel konnte Cayirs Eckball per Volleyschuss noch nicht im Meiendorfer Gehäuse unterbringen, dafür aber „SBD“ im zweiten Anlauf (50.)! Auch die 2:0-Führung gab den Harburgern keinerlei Sicherheit.

Ließ sich nicht mehr stoppen: Andrej Blum (l.) auf dem Weg zum 4:2. Foto: noveski.com

„Wir haben der Mannschaft zu Beginn eine Marschroute mit auf den Weg gegeben, wo wir in der Halbzeit das Gefühl hatten: die war falsch. Aus dem Grund, weil wir den aktuellen Stand der Mannschaft noch nicht realistisch einschätzen konnten“, gestanden Ergün und Saglam nach der Begegnung unisono. „Wir wollten aus der Tiefe kommen und Konter fahren“, erklärte Ergün die Taktik und machte seiner Truppe ein großes Lob: „Der Charakter ist absolut positiv! Genau darauf haben wir bei der Spielerauswahl geachtet.“ Meiendorf wusste vollends zu überzeugen und drängte auf den Anschlusstreffer, den Cihan Karaman verpasste, weil erneut Waseq auf der Linie im Weg stand (59.). Köpfe hängen lassen? Mitnichten! Die Mannen von der B75 gaben nicht auf, wehrten sich weiter nach Leibeskräften und wurden dafür belohnt: Umut Yildiz ungeschickt gegen Andrej Blum im eigenen Sechzehner, Michi Sara souverän vom Punkt und schon war der MSV zurück (64.)! Dann schickte das Trainerduo mit Edmund Saß – spielte beim FC St. Pauli sowohl in der A- als auch in der B-Bundesliga – sowie Seth Beyer (kickte in der Jugend für den SVNA, Niendorfer TSV und Lüneburger SK) zwei frische Kräfte auf den Platz, die Dersimspor nahezu schwindelig spielten. Nach Oschetzkis Vorlage schweißte Celik die Pille aus 20 Metern im rechten unteren Toreck ein – 2:2 (70.)! Fast folgerichtig servierte Saß seiner Sturmspitze Blum das 3:2 auf dem Silbertablett. Der Rest ist Geschichte. „Trotz der Führung hatten wir das Spiel schon in der ersten Halbzeit überhaupt nicht im Griff. Wir haben beide bisherigen Ligaspiele absolut verdient verloren, die Situation ist nicht leicht“, befand Fici. Sein Gegenüber bilanzierte unterdessen: „Überrascht bin ich nicht. Wir haben in der letzten Wochen sehr hart gearbeitet. Aber man muss die Kirche im Dorf lassen. Es war nur ein Spiel.“ Recht hat er, der Fatih Ergün. Aber es war ein sehr überzeugender Auftritt seiner Jungspunde. Von einer gewissen Genugtuung – nach den harten Wochen und der lauten Kritik an der Vereinsführung – wollte er aber nichts wissen: „Nein, überhaupt nicht.“

Der komplette LIVE-Ticker zum Spiel mit allen Höhepunkten: