Bajramovic: „Es gibt Vereine, die haben aufgeholt – uns sogar überholt“

Vicky-Coach im Interview über die Perspektiven

31. August 2016, 15:21 Uhr

Denkt durchaus ambitioniert und will die Regionalliga zumindest "nicht aus den Augen verlieren": Vickys sympathischer Chefcoach Jasko Bajramovic. Foto: KBS-Picture.de

Es ist gerade einmal zwei Jahre her, da war der SC Victoria noch in der Regionalliga zu Hause. Doch seither ist eine Menge passiert. Nicht nur auf der Trainerbank hat es inzwischen einen Wechsel gegeben – auch der Kader hat ein komplett neues Gesicht bekommen. Lediglich Marcus Rabenhorst, Vincent Boock und Sergej Schulz sind aus jener Zeit übergeblieben. Vor allem in diesem Sommer war der Umbruch an der Hoheluft radikal: ein Dutzend Spieler sind gegangen, noch mehr Neue hinzu gestoßen. Trainer Jasko Bajramovic gewährt uns ein paar Einblicke in die Entwicklungsphase, spricht über die Ziele und verrät, ob und wann das Thema Regionalliga wieder aktuell sein kann…

FussiFreunde: Vom Beginn der Vorbereitung bis zum heutigen Tag: Wie siehst Du die bisherige Entwicklung der Mannschaft?

Bajramovic: „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung zu erkennen – sowohl von den Ergebnissen her als auch von der Spielweise. Wobei wir es im letzten Punkt noch nicht schaffen, diese über 90 Minuten abzurufen. Da fehlt uns noch der letzte Tick zwischen Theorie und Praxis. Das muss verinnerlicht werden. Wir haben in der Vorbereitung schlecht begonnen. Trotzdem haben sich die Jungs zurückgemeldet und gezeigt, dass wir nicht auf dem absteigenden Ast sind, sondern wir haben zuletzt gut gepunktet und sind auch im Pokal weitergekommen. Allerdings ist die Saison noch sehr jung, deshalb kann man da noch keine Aussagen treffen, wo der Weg hinführen kann.“

FussiFreunde: Der Umbruch im Sommer war riesengroß. Neben dem Süderelbe-Trio sind vor allem viele junge Leute dazu gekommen, während der eine oder andere Leistungsträger den Verein verlassen hat. Mit welcher Zielsetzung geht ihr in die Saison?

Bajramovic: „Mein Hauptziel ist es, jeden Spieler besser zu machen – vor allem die jungen Spieler, die schnell an den Herrenbereich herangeführt werden sollen. Einige sind bereits angekommen, andere brauchen noch ein bisschen Zeit. Zudem wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten Dominanz ausstrahlen. Wir wissen darum, dass andere Mannschaften mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser sind. In der Tabelle wollen wir uns im oberen Drittel ansiedeln. Aber das hat nicht oberste Priorität. Denn wenn man einen solchen Umbruch macht, dann darf nicht der Tabellenplatz im Fokus stehen. Es wird sicher Rückschläge geben, wir werden auch mal Dinge ausprobieren und Spielern die Chance geben, die noch etwas Zeit brauchen. Aber die verantwortlichen Personen tragen das mit. Mit dem aktuellen Stand bin ich zufrieden, aber die Jungs dürfen damit nicht zufrieden sein, sondern müssen immer weitermachen.“

FussiFreunde: Der SC Victoria war über Jahre hinweg hinter dem HSV und St. Pauli sportlich gesehen die dritte Strahlkraft in Hamburg. Ist dieses Szenario nach wie vor in Reichweite bzw. wann wird man wieder auf diesem Level sein

Bajramovic: „Grundsätzlich sage ich zum ersten Teil der Frage ja. Denn wir betreiben ja nicht diesen Aufwand, um in der Oberliga einfach nur mitzuspielen. Aber man muss auch ein bisschen demütig sein und erkennen, dass andere Vereine in den letzten Jahren aufgeholt haben. Und, dass es auch finanzstärkere Vereine gibt. Wir wollen erstmal wieder guten Fußball spielen und mehr Zuschauer anlocken, das wäre mein Wunsch. Sie sollen sehen, dass es bei Vicky immer turbulent auf dem Platz zugeht. Aber klar, wir wollen uns verbessern, dabei aber immer die Rahmenbedingungen im Blick behalten. Es gibt Vereine, die machen schon den dritten Schritt, bevor sie den ersten überhaupt gemacht haben. Deshalb sollten wir erstmal gucken, das Schiff wieder in die richtige Richtung gelenkt zu bekommen. Es ist gerade mal zwei Jahre her, dass wir in der Regionalliga waren – und diese Erfahrung war auch positiv. Aber von denen, die dabei waren, sind die allerwenigsten noch hier. Deshalb bringt es auch nichts, immer wieder über das Thema Regionalliga zu sprechen – erstmal musst du in der Oberliga stabil sein und solltest dort auch ganz vorne landen. Das wäre zumindest mein Anspruch, weil du es dann auch verdient hättest. Und nicht mit Platz acht und nur, weil die finanziellen Möglichkeiten da wären. Ich bin eher der Typ, der sagt: lass es erstmal sportlich richtig gut laufen und dann kann man zusehen, auch über andere Dinge zu sprechen. Der Unterschied zwischen Regional- und Oberliga ist nämlich riesig. Meine Jungs sind willig und ziehen auch alle gut mit, das ist mir wichtig. Wenn das so bleibt, kann man im nächsten Jahr gucken, was wir uns dann vornehmen. Aber wir gehen das erstmal langsam an.“

FussiFreunde: Ist dieser Schritt denn in der kommenden Saison wieder greif- und realisierbar?

Bajramovic: „Da haben wir noch nicht wirklich drüber gesprochen. Wir haben uns ganz bewusst für diesen Umbruch entschieden – und ich möchte im nächsten Jahr eigentlich nicht wieder einen solch großen mit zwölf Abgängen und 14 Neuzugängen haben. Wir haben Leistungsträger ziehen lassen, die charakterlich wirklich super Jungs waren, aber auch eine andere Perspektive geboten haben wollten. Deshalb will ich gar nicht über die Saison hinausschauen, sondern mich nur aufs Jetzt konzentrieren. Natürlich muss der Verein gucken, dass wir das immer im Blick haben und nicht völlig aus den Augen verlieren. Denn in meinen Augen sind wir einer der wenigen Vereine, die das stemmen können – ob vom Stadion oder dem Umfeld. Es gibt auch andere Vereine, die holen auf – und haben uns teilweise sogar überholt. Deshalb müssen wir gucken, dass wir dranbleiben und dann schauen wir mal, was möglich ist.“