David Jarolim: „Der HSV ist mein Ziel!“

Ehemaliger HSV-Kapitän anlässlich seines Abschiedsspiels im großen Exklusiv-Interview

25. März 2015, 08:35 Uhr

Mit Füßchen und Auge: Ex-HSV-Kapitän David Jarolim behauptete den Ball gegen die Freiburger Flum (li.) und Makiadi (re.). Foto: KBS-Picture.de

Neun Jahre lang hielt er seine Knochen für den Hamburger SV hin. Insgesamt absolvierte er 342 Pflichtspiele für die „Rothosen“, in denen er 19 Treffer erzielte. Die Rede ist vom langjährigen „Capitano“ David Jarolim. Am 28. März steigt seine große Abschiedssause. Mit den HSV All-Stars trifft der zweimalige Deutsche Meister mit dem FC Bayern auf sein Dream-Team – bestehend aus zahlreichen ehemaligen Fußball-Größen Tschechiens. Bevor es jedoch soweit ist, haben wir uns den 35-Jährigen geschnappt und zu einem Interview gebeten …

FussiFreunde: Hallo Jaro, was war für Dich rückblickend der größte Moment in Deiner langen Fußballerkarriere?

Jarolim: Das erste und das letzte Spiel für den HSV sind Erinnerungen, die mir immer in meinem Kopf bleiben werden. Speziell das letzte Spiel war einfach nur unglaublich und sehr emotional. Es tat auch ein bisschen weh, aber so ist es im Fußball nun mal.

FussiFreunde: Momentan ist „Dein“ HSV ja arg am kämpfen. Woran hapert es zurzeit?

Jarolim: Ganz einfach: die Tore! Die Jungs schießen einfach zu wenige. Mittlerweile beobachte ich das Geschehen ja als Fan, bin aber überzeugt davon, dass es besser wird und optimistisch.

FussiFreunde: Du hast insgesamt neun Jahre lang für den HSV gespielt. Was bedeutet Dir die Stadt Hamburg?

Immer mit vollem Einsatz und Leidenschaft bei der Sache: David Jarolim (li.) gegen Eugen Polanski. Foto: KBS-Picture.de

Jarolim: Neun Jahre sind eine lange Zeit. Das ist ein Stück meines Lebens – vor allem im schnelllebigen Fußball-Geschäft. Ich muss zugeben, dass ich zu Beginn meine Schwierigkeiten hatte. Aber nachdem ich mich eingelebt hatte, war die Zeit super. Für mich gibt es nur zwei Städte: einerseits meine Heimat Prag und eben Hamburg. Ich fühle mich hier wie zu Hause!

FussiFreunde: Du arbeitest derzeit als Sportdirektor in der Heimat beim FK Mlada Boleslav, wo du auch deine aktive Karriere beendet hast, machst nebenbei aber auch deinen Trainerschein. Könntest du dir vorstellen, eines Tages nach Hamburg zurückzukehren?

Jarolim: Das ist mein Ziel! Ich werde zusehen, dass ich all die erforderlichen Lizenzen erfolgreich erwerbe. Wenn ich damit fertig bin, habe ich mehr Erfahrungen gesammelt und bin gut vorbereitet, um nach Hamburg zurückzukommen.

FussiFreunde: Das bedeutet, wir werden Dich eines Tages als Trainer beim HSV wiedersehen?

Jarolim: Im Fußball weiß man nie, was passiert. Aber mein Wunsch ist es. Es gab auch Gespräche mit Didi Beiersdorfer (Vorstandsvorsitzender, Anm. d. R.) und ich weiß, dass mir die Türen offen stehen. Das ist ein super Gefühl für mich.

FussiFreunde: Kommen wir zu Deinem Abschiedsspiel. Von Sergej Barbarez bis Ze Roberto – die Liste der prominenten Namen ist ellenlang. Gibt es ein Duell, auf das Du Dich besonders freust?

Foto: KBS-Picture.de

Jarolim: Ich werde wahrscheinlich je eine Halbzeit für die tschechische Auswahl als auch für die HSV All-Stars spielen. Es werden eine Menge Superstars auf dem Platz stehen, da ist es schwer, einen hervorzuheben. Es geht es vor allem darum, dass die Fans und die Spieler ihren Spaß haben.

FussiFreunde: Im „Spiel eures Lebens“ kann ein Amateurfußballer einen Platz in Deinem Team gewinnen. Der Glückliche nimmt an einem Training mit dir teil und läuft dann im vollen Stadion an deiner Seite auf. Was erwartest Du vom Gewinner?

Jarolim: Ich hoffe natürlich, dass es sich um einen absoluten HSV-Fan handelt. Das würde mir schon reichen (lacht).

FussiFreunde: Ein bisschen Kicken können sollte er aber auch, oder?

Jarolim: Es ist zwar nur ein Benefizspiel, aber natürlich möchte ich auch gewinnen. Mir würde es schon reichen, wenn er gut und viel läuft (lacht).

FussiFreunde: Wie kann sich der spätere Sieger auf so ein Spiel vorbereiten? Hast Du da irgendwelche Tipps?

Jarolim: Es wäre schlecht, wenn derjenige den Tag zuvor auf der Reeperbahn verbringt (lacht). Aber Spaß beiseite: es handelt sich dabei um keine Weltmeisterschaft, von daher habe ich keinen speziellen Ratschlag.

FussiFreunde: Wir berichten ja über den Hamburger Amateurfußball. Wie sind Deine Verbindungen zum Amateurbereich?

Jarolim setzt den ehemaligen Bayern-Akteur und jetzigen Real-Star Toni Kroos unter Druck. Foto: KBS-Picture.de

Jarolim: Gerade in meiner Position als Sportdirektor ist es sehr wichtig, einen guten Überblick zu haben. Im Amateurbereich laufen viele Talente rum. Und letztlich sind sie diejenigen, die den Profi-Fußball ausmachen. Es ist von großer Bedeutung und enormer Wichtigkeit, dass der Amateurfußball existiert!

FussiFreunde: Gibt es irgendwas, worum Du einen Amateurfußballer beneidest?

Jarolim: Ich hatte in meiner Laufbahn immer viel Spaß. Ich weiß aber auch, dass viele das Profidasein als stressig empfinden, weil der Druck von außen sehr groß ist. Aber das gehört nun mal dazu. Im Amateurfußball geht es hingegen deutlich lockerer zu.

FussiFreunde: Könntest du dir denn vorstellen, selbst eines Tages mal für einen Amateurclub aktiv zu sein?

Jarolim: Es gab bestimmt schon 20 Anfragen (lacht). Aber momentan fehlt mir dafür einfach die Zeit, da ich am Wochenende als Sportdirektor ja selbst unterwegs bin. Zudem muss ich für meine Trainerlizenz viel lernen. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt.

FussiFreunde: Kannst Du uns mal beschreiben, wie das Gefühl ist, wenn man vor über 50.000 Zuschauern auf den Platz läuft?

Auch Bayerns Superstar Arjen Robben (re.) müht sich gegen den "Beißer" ab. Foto: KBS-Picture.de

Jarolim: Das ist der Grund, weshalb man Profi-Fußballer werden will. Es ist unbeschreiblich, man bekommt Gänsehaut am ganzen Körper, wenn das Stadion voll ist. Während des Spiels ist man aber so konzentriert, dass man kaum etwas wahrnimmt.

FussiFreunde: Du warst in Deiner aktiven Karriere immer dafür bekannt, dass du auf dem Platz alles für den Verein gegeben hast und immer ein kämpferisches Vorbild warst. Was würdest Du jungen Spielern raten, die selbst das Ziel vom Profi verfolgen?

Jarolim: Ich denke, es ist die Grundlage, um Erfolg zu haben. Wichtig ist doch, dass du weißt: ich habe alles für mein Ziel getan. Schon in meiner Jugendzeit habe ich so viele talentierte Spieler gesehen, von denen man im Profi-Fußball nie wieder etwas gehört oder gesehen hat. Es gibt einen Spruch, der es ganz gut auf den Punkt bringt: Mentalität schlägt Talent! Wer am meisten macht und am härtesten arbeitet, wird dafür belohnt.

FussiFreunde: Verfolgst Du den Jugend- bzw. Amateurfußball aufgrund Deiner Funktion als Sportdirektor nun intensiver als früher?

Jarolim: Ja, das auf jeden Fall. Als Spieler hast du einfach nicht die Zeit dafür. Jetzt ist es Pflicht, dass du dich da gut auskennst und einen Überblick hast. Ich mache das auch gerne. Die Vereine profitieren ja davon, wenn sie eine gute Jugendabteilung haben. Speziell im Profi-Bereich ist das von großer Bedeutung.

FussiFreunde: Sollte man Dich eines Tages beim HSV wiedersehen, dann erst in einer Funktion im Jugendbereich oder würdest du dir auf Anhieb den Sprung zu den Profis zutrauen?

Jarolim: Ich denke, dass es wichtig ist, erstmal in der Jugend Erfahrungen zu sammeln – ob nun in der A-Jugend oder in einer zweiten Mannschaft. Bei den Profis darf man sich einfach keine Fehler erlauben, deshalb muss man sich langsam von unten nach oben abtasten – das ist auch mein Ziel.