Der „Weggeschnappte“ macht mal wieder den Unterschied!

Condor marschiert – Woike: „Effektivität vor Schönheit“

02. Oktober 2016, 21:57 Uhr

Das Traumduo im SCC-Angriff: Torschütze Jannick Martens (l.) und Vorbereiter Carlos Flores. Foto: noveski.com/Herzog

„Er ist genau der Typ Spieler, der uns fehlt“, befand Pinnebergs Übungsleiter Thorben Reibe im Anschluss an die 0:1-Pleite beim SC Condor – und gestand mit einem kleinen Augenzwinkern: „Wir waren ja auch an Jannick dran. Leider hat Condor ihn uns weggeschnappt.“ Gemeint ist damit der neue Top-Torjäger der „Raubvögel“: Jannick Martens. Mit seinem goldenen Treffer machte er mal wieder den Unterschied zugunsten seiner Farmsener aus! Mit der Einschätzung, dass genau solch ein Spielertyp seinem Team fehlt, traf Reibe – zumindest wenn man diese Partie zur Rate zieht – den Nagel auf den Kopf. Denn seine Mannen bewiesen vor dem gegnerischen Tor das komplette Gegenteil von „Abschlussstärke“.

Der Torwart wird umkurvt... Foto: noveski.com/Herzog

„Das Spiel ist so gelaufen wie viele unserer anderen Spiele auch: wir haben das eigentlich richtig gut gemacht, aber uns fehlt im letzten Viertel einfach der entscheidende Punch“, bilanzierte Reibe, der jahrelang genau das tat, was seinem VfL zurzeit abhandenkommt: Tore schießen. „Wir hatten gefühlt zehn richtig gute Chancen, ohne dass der Torwart von Condor einmal eingreifen muss. Das ist derzeit eine große Schwäche von uns.“ Schon zu Beginn des Spiels machte sich diese fehlende Präzision bemerkbar: Kjell Ellerbrock nickte einen Kaetow-Eckball über die Latte (7.), ehe Alexander Borck mit seiner Hereingabe keinen Abnehmer fand, weil Mike Theis gut aufpasste (10.). Wie man es macht, demonstrierte dann der SCC: Kevin Mellmann bediente Carlos Flores, der in unnachahmlicher Manier, mit all seiner Erfahrung und purer Klasse über die Kette hinweg chipte, so dass Martens freie Bahn hatte. Der Angreifer ließ noch VfL-Keeper Baese ins Leere rutschen und schob dann ganz cool zur Führung ein (18.)!

Flores und Iscan verpassen Vorentscheidung

... anschließend ist die Freude bei Jannick Martens groß. Foto: noveski.com/Herzog

Dass auch Christian Woike gleich zweimal mit demselben Schicksal wie die Gäste haderte, lag derweil an folgenden Situationen: Ibrahim Özalp profitierte von einem kapitalen Schnitzer in der Pinneberger Hintermannschaft und schickte „CF17“ steil, der es per Heber über Baese hinweg versuchte – dabei allerdings nur die Unterkante der Latte traf (27.). Nach jener Szene hätte es eigentlich schon 2:0 stehen müssen, aber dabei sollte es nicht bleiben. Erneut verloren die Reibe-Kicker nach einem Einwurf am gegnerischen Strafraum das Runde aus den Augen. Mellmann, Flores und Iscan kombinierten sich durch die Hintermannschaft. Letztgenannter büßte im Laufduell mit Fabian Knottnerus einige Meter ein, erkämpfte sich den Ball aber stark zurück und hatte schließlich nur noch den Pinneberger Torhüter vor sich. Doch anstatt den Ball einfach in die Maschen zu befördern, suchte er den mitgelaufenen Martens, was komplett nach hinten losging (35.).

Pinneberger Abschlussschwäche

Max Anders (r.) staunt über die Ballannahme von Jan-Hendrik Kaetow. Foto: noveski.com/Herzog

Hätte Condor im ersten Abschnitt schon für klarere Verhältnisse sorgen können, wendete sich das Blatt in den zweiten 45 Minuten komplett. „Wir haben keine spielerischen Mittel mehr gefunden. Es war definitiv nicht der Plan, so passiv zu sein“, verriet Woike im Anschluss. Sein Team schaute nur noch zu, konnte sich aber stets auf die nicht vorhandene „Geilheit“ im Abschluss des VfL verlassen. Erst rettete Theis gegen Borck (55.), dann luchste der bärenstarke Isaak Hoeling („Er ist sehr fleißig und lernwillig, will und fordert Feedback. Er hat einen sehr hohen Anspruch an sich selbst, ist aufgrund seiner Zweikampf- und Kopfballstärke und wegen dem Tempo die perfekte Ergänzung zu Max", lobte Woike den Youngster) dem bereits entwischten Kaetow in höchster Not mit einem überragenden Tackling das Leder vom Fuß (59.). Bezeichnend für den Pinneberger Auftritt war die 61. Spielminute, als mit Zimmermann, Ellerbrock und Dora gleich drei Mann an einem Kaetow-Eckball vorbei huschten. Auch Lennart Dora fehlte die letzte Überzeugung bei seinem Kopfball – erneut ging dieser Möglichkeit ein ruhender Ball von Jan-Hendrik Kaetow voraus (63.). „Das ist natürlich eine Katastrophe, dass wir so viele Standards zulassen“, ärgerte sich Woike. Eigentlich bettelte Condor in dieser Phase um den Ausgleich, doch Pinneberg lehnte dankend ab.

„Nach dem Altona-Spiel werde ich die Richtung vorgeben“

Christian Kulicke (r.) versucht, Carlos Flores vom Ball zu trennen. Foto: noveski.com/Herzog

„Es fehlt einfach auch die nötige Cleverness“, so Reibe, der damit wohl auch eine Situation meinte, in der Luis Diaz im Condoraner Strafraum den Kontakt seines Gegenspielers nicht annahm, sondern drüber hinweg sprang und fairerweise weiterspielte. „Es ist schwer zu vermitteln, wenn man immer wieder das gleiche sagt. Deshalb stehen wir auch da, wo wir stehen.“ Seinem Gegenüber fiel trotz der Passivität nach der Pause ein Stein vom Herzen: „Ich bin heute richtig glücklich und zufrieden! Auch, weil Pinneberg ein Gegner ist, der uns seit Jahren, eigentlich schon seit Jahrzehnten, nicht liegt. In der ersten Halbzeit müssen wir sie eigentlich beerdigen. Am Ende bin ich vor allem mit der Moral und mit dem, wie wir uns dagegengestemmt und gewehrt haben, sehr zufrieden. Einstellung und Mentalität haben ebenfalls gestimmt.“ Dass man sich so langsam zum ernsthaften Cordi-Jäger mausert, mochte Woike hingegen noch nicht beurteilen: „Die Frage musste kommen. Wir haben acht von zehn Spielen gewonnen, damit sind wir natürlich absolut einverstanden. Aber unsere beiden Niederlagen waren gegen Mannschaften von vorne. Jetzt wartet mit Türkiye der nächste schwere Gegner! Aber der nächste Schritt, den wir gegangen sind: wir sind intelligenter geworden. Am Ende geht die Effektivität vor Schönheit. Nach dem Altona-Spiel werde ich die Richtung vorgeben“, kündigte er an. Also wissen wir spätestens in zwei Wochen mehr, wo die Reise des SC Condor hingehen soll. Fakt ist aber schon jetzt: der Saisonstart ist mehr als nur gelungen!

Eine weitere riesengroße Bildershow zum Spiel: Danke an timelash.de!