Die Seuche hält an – doch Altona trotzt allen Widrigkeiten!

AFC rockt Drochtersen und kommt der Regionalliga näher

04. Juni 2016, 23:16 Uhr

Kollektiver Jubel beim Altonaer Fussball-Club! Nach dem 2:0-Erfolg über den Bremer SV stoßen die Algan-Bengel das Tor zur Regionalliga weit auf und feiern den Triumph mit ihrem einmal mehr zahlreich vertretenen Anhang. Foto: KBS-Picture.de

Er rannte und ackerte für den Erfolg, war stets ein Unruheherd vor des Gegners Tor, brachte die Bremer Abwehrreihe ein ums andere Mal der Verzweiflung nahe und spulte ein unglaubliches Laufpensum ab: Zudem sorgte Marc-Kemo Kranich mit seinem Führungstreffer und der mustergültigen Vorarbeit zum vorentscheidenden 2:0 für eine hervorragende Ausgangsposition im Kampf um den Regionalliga-Aufstieg! „Wir haben ein astreines Spiel gemacht und die Taktikvorgaben des Trainers fast perfekt umgesetzt“, jubelte der pfeilschnelle Angreifer von Altona 93 nach dem hart erkämpften, aber teuer bezahlten, 2:0-Sieg über den Bremer SV im Stadion von Regionalligist Drochtersen/Assel. „Großartig Fußballspielen war nicht angesagt, wir waren ergebnisorientiert und haben bis zum Ende gekämpft“, so die Einschätzung von Kranich.

Kemo Kranich bejubelt seinen frühen Führungstreffer. Foto: KBS-Picture.de

Der 24-Jährige, der in seiner Laufbahn schon für Teams wie Hannover 96 II, FC St. Pauli II oder SV Eichede aktiv war, sorgte für einen wahrhaftigen Traumstart seines AFC: Denn es dauerte nicht einmal 120 Sekunden, bis Kranich nach einem hervorragenden Pass von Laurel Aug seinen beiden Gegenspielern – die den Stürmer im Abseits wähnten – entwischte und aus halbrechter Position an BSV-Fänger Christian Ahlers-Ceglarek vorbei ins lange Eck loppte – 1:0 AFC! In der Folge agierte 93 jedoch zu passiv. Zog sich zu weit zurück und ließ den Meister der Bremenliga kommen. Ein Freistoß von Koweschnikow landete am Außennetz (15.), Christian Schwarz verzog nach einem Abwehrschnitzer von Auge deutlich (34.), ehe Top-Torjäger Vafing Jabateh in der fünfminütigen Nachspielzeit eine Schwarz-Hereingabe über den Querbalken setzte. Doch schon zuvor hätte Nick Brisevac für klare Verhältnisse sorgen können, wenn nicht gar müssen, als er nach einer leicht abgefälschten Kranich-Flanke von rechts freistehend zum Kopfball ansetzte, die Kugel aus sieben Metern aber nicht traf (32.).

Eben jener Brisevac war es dann auch, der seinem Trainer den ersten großen Schock ins Gesicht trieb. Der „Edel-Techniker“ und eigentlich „Unverzichtbare“ musste in der Halbzeitpause in der Kabine bleiben. Am Knie wuchs ein kleines Hämatom heran – ohne gegnerische Fremdeinwirkung. „So etwas Ähnliches hatte ich schon mal. Ich werde alles dafür tun, um am Dienstag dabei zu sein“, gab sich Brisevac zwar kämpferisch, humpelte nach der Partie aber immer noch stark angeschlagen in den Mannschaftsbus. Ein Glück, dass seine Kollegen auf dem Platz – nach einem Abseitstreffer des Bremer SV durch Kwiatkowski, in dessen Kopfball der in der verbotenen Zone weilende Jabateh noch seinen Fuß reinhielt – schnell nach Wiederanpfiff nachlegten: Der ebenfalls ganz stark aufspielende Chris Pfeifer passte rechts raus zu Kranich, dessen präzise und punktgenaue halbhohe Hereingabe von Brügmann am ersten Pfosten per Direktabnahme ins kurze Eck befördert wurde – 2:0 (55.)!

„Wir hätten heute 5:1 gewinnen müssen!“

Nach der Verletzung von Ricardo Balzis (r.) musste sogar der Krankenwagen anrücken und kam mit reichlich Verspätung. Foto: KBS-Picture.de

Der Jubel war riesengroß und fortan erspielte sich der AFC unzählige Konterchancen allerbester Natur. Allein Felix Brügmann, der in Durchgang zwei richtig aufdrehte, scheiterte mehrfach: ob aus aussichtsreicher Position (57.), am Außenpfosten (70.) oder nach sensationeller Sachs-Vorarbeit freistehend an Ahlers-Ceglarek (79.). Der eingewechselte Benjamin Lipke konnte mit seinem abgefälschten Schuss den Bremer Schlussmann ebenso wenig überwinden (77.) wie kurz darauf Kranich, der den Keeper zwar umkurvte, aber am Außennetz hängen blieb (84.). Ein 3:0 wäre inzwischen mehr als nur hochverdient gewesen gegen einen weit aufgerückten Gegner! Schlussendlich blieb es allerdings beim 2:0-Erfolg – wenngleich der AFC diesen unheimlich teuer bezahlte.

Denn neben Brisevac musste auch Ricardo Balzis vorzeitig raus. Nach einem selbst verursachten Freistoß blieb der Außenspieler minutenlang am Boden liegen, musste ewig behandelt werden, bis sogar nach einiger Zeit der Krankenwagen kam. Die ersten Diagnosen verheißen nichts Gutes: Dem Vernehmen nach könnte das Kreuzband in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Wir drücken die Daumen und hoffen inständig, dass dem nicht so ist! Zu allem Überfluss handelte sich in der achtminütigen (!) Nachspielzeit Innenverteidiger Cody Shields, den es bereits vor Wochenfrist im Pokalfinale erwischte, erneut eine Platzwunde am Kopf ein uns musste mit einem Turban versorgt werden. So glücklich man beim AFC auch über den immens wichtigen Dreier war, das Entsetzen über die Verletztenseuche war nicht minder groß. „Es ist schon traurig genug, dass Spieler ausfallen – aber dass sie wohl längerfristig fehlen werden, tut mir als Mensch unheimlich leid“, so Coach Algan im Anschluss an die Begegnung. Zum Spiel seiner Schützlinge fand er folgende Worte: „Die Jungs haben aufopferungsvoll gekämpft und sich tierisch viele Torchancen herausgespielt. Mit 26 oder 30 Grad im Schatten ist es schon echt hart, deshalb war es eine enorm starke Leistung der Mannschaft. Ich glaube, wir hätten heute 5:1 gewinnen müssen!“

„Viele haben uns als schlechteste Mannschaft gehandelt“

Berkan Algan (l.), Andreas Klobedanz und Benny Lipke fallen sich in die Arme. Foto: KBS-Picture.de

In dieselbe Kerbe sprang „Doppelscorer“ Kemo Kranich: „Man kann hier auch 5:0 gewinnen, dann kommt dieses Elfmeterschießen gar nicht zum Tragen. Aber im Endeffekt ist ein 2:0 gegen den Bremer Meister ein super Ergebnis.“ Den „Shootout“ vom Punkt entschieden die Bremer mit 5:3 für sich – jedoch wird dieses vorsorglich ausgetragene Elferschießen am Ende wohl kaum eine Bewandtnis haben. Defensivkante Ronny Buchholz befand: „Ich kann mich an kaum eine echte Torchance des Gegners erinnern. Unterm Strich ist das Ergebnis total verdient.“ Mit Hinblick auf die vier Zähler fährt man nun voller Optimismus zu Egestorf-Langreder, auch wenn Algan warnt: „Wir sind überhaupt noch nicht durch! Aber wenn wir hoch wollen, müssen wir uns da behaupten. Da gibt es keine zwei Meinungen.“ Buchholz meint unterdessen: „Wir werden es packen und durch die Verletzungen noch enger zusammenrücken! Viele haben uns als schlechteste Mannschaft in dieser Relegation gehandelt. Wir haben es ein bisschen anders gesehen, weil wir wussten, was wir können. Das hat uns zusätzlich angespornt.“ Trotz der weiten Anreise und der Ansetzung am Dienstagabend (19:30 Uhr), wird der AFC sicher auch beim Vize-Meister aus Niedersachsen wieder auf seine Anhänger zählen können: Von den insgesamt 603 Zuschauern im Kehdinger Stadion in Drochtersen waren bestimmt 500 Altona-Fans. „Der absolute Wahnsinn!“, findet auch Kranich.

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