Oberliga

Ein Schritt zum „i-Punkt“ – Altona kurz vorm Titel, aber Bergmann bleibt „Mr. Understatement“

27. April 2024, 19:21 Uhr

Abseits der Feierlichkeiten mit den Fans genießt AFC-Coach Andreas Bergmann (re.) den Sieg eher für sich. Foto: Kormanjos

Er bleibt der Meister im Understatement – auch in dem Moment, als die Meisterschaft ein riesengroßes Stückchen näher rückte. „Null – dabei bleibe ich einfach“, entgegnete Andreas Bergmann auf Nachfrage, zu wie viel Prozent sein Altonaer Fussball-Club nach dem 1:0-Triumph im Spitzenspiel gegen den HEBC (alle Highlights im LIVE-Ticker) die Hände an der Schale habe. Angesichts von fünf Punkten Vorsprung auf die TuS Dassendorf bei noch zwei ausstehenden Spielen wird die Wahrscheinlichkeit aber um ein Vielfaches höher sein. Bereits mit einem Sieg im kommenden Gastspiel bei HR könnte der AFC den ganz großen Wurf perfekt machen! Doch Bergmann interessierten nach dem immens wichtigen und hart erkämpften „Dreier“ vor sage und schreibe 1991 Zuschauern auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn „viele andere Dinge deutlich mehr“…

Die Mannschaften betreten auf der alt-ehrwürdigen Adolf-Jäger-Kampfbahn den Platz. Foto: Kormanjos

Zum Beispiel: „Wie wir es geschafft haben, drei wichtige Spieler zu ersetzen. Daran sieht man einfach, wie breit unser Kader ist“, reihten sich die für die angeschlagenen Michael Ambrosius, Bujar Sejdija und Michael Gries ins erste Glied gerückten Akteure nahtlos ins erfolgreiche Mannschaftsgefüge ein. „Das ist auch eine Qualität, gegen so eine physisch starke Mannschaft mit Ausfällen umgehen zu können, geduldig zu bleiben und auch zu bestehen“, so Bergmann. Ein „sehr disziplinierter, gut organisierter und auch physisch starker“ HEBC machte dem Primus das Leben lange Zeit enorm schwer.

Aber: „Man sieht, warum Altona da oben ist“, erkannte Gäste-Coach Özden Kocadal neidlos an. „Dieser Platz erfordert gewisse Tugenden und Fähigkeiten – und ist für Altona ein Riesen-Heimvorteil. Ich hatte jetzt nicht unbedingt das Gefühl, dass sie spielerisch eine drückende Übermacht waren. In der ersten Halbzeit standen wir phasenweise sogar sehr stark. Aber du musst das annehmen, was der Platz von dir erfordert“, sprach er unter anderem auf Standardsituationen – insbesondere die brandgefährlichen Einwürfe von Moritz Grosche – an. „Das sind so Sachen, die gibt es in dieser Liga nicht. Es ist etwas Besonderes – nicht nur das Stadion, sondern die Jungs wissen auch einfach, wie man hier spielt.“

"Das war für mich ein Fest - aber das Spiel an sich war kein Fest"

Die Ränge an der "AJK" füllten sich am Ende noch gewaltig. Ein Bruchteil hieß beide Teams willkommen. Foto: Kormanjos

Kocadal selbst hat bereits einige sportliche Schlachten an der „AJK“ geschlagen – und zeigte sich auch im Nachgang noch beeindruckt von der Kulisse: „Es hat einfach unfassbar Spaß gemacht, hier zu sein. Allein bei der Einlaufmusik habe ich schon Gänsehaut bekommen und meinen Innenverteidigern gesagt, dass sie nicht spielen, sondern ich“, scherzte er. „Das war für mich ein Fest. Aber das Spiel an sich war kein Fest. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Besonders die erste Halbzeit war ganz harte Kost“, entwickelte sich ein echtes Geduldsspiel, in dem die Hausherren die deutlich besseren (Halb-)Chancen hatten.

"Es hat nicht gelangt, weil Altona eine zu krasse Wucht hatte"

Am Ende machte ein Tor den Unterschied zwischen beiden Mannschaften aus, womit der AFC seine "Pole Position" gefestigt hat. Foto: Kormanjos

Das Tor des Tages fiel jedoch nach einer guten Stunde, als die Gäste aus Eimsbüttel ein vermeintliches Handspiel von Veli Sulejmani reklamierten, der starke Unparteiische Dominik Kopmann (Eintracht Norderstedt) weiterlaufen ließ, Gianluca Przondziono den perfekt getimten Chip auspackte und Rasmus Tobinski staubtrocken vollstreckte (59.)! Ausgerechnet Tobinski, der im ersten Abschnitt nach Przondziono-Vorarbeit noch am Ball vorbei schlug und das verwaiste Gehäuse verfehlte (28.).

„Wenn man so ein Spitzenspiel als HEBC gewinnen oder bei Altona 93 etwas mitnehmen möchte, dann muss alles passen – und vielleicht auch mal so ein Ball in letzter Sekunde glücklich reingehen. Dieses Spielglück hatten wir heute nicht“, bilanzierte Kocadal, dessen Mannen die Durchschlagskraft nahezu komplett fehlte. „Von den Torchancen war Altona uns überlegen und hat verdient gewonnen. Trotzdem kann man sagen, dass wir mit Dassendorf, ETSV und Altona jetzt drei Teams aus dem obersten Regal hatten – und ich mich eigentlich für die Spiele und bei den Gegnern bedanken muss, weil man ganz viel mitnehmen und an ganz viel arbeiten kann, um in der nächsten Saison noch einen ‚Step‘ zu gehen. Das werden wir machen und den Kopf nicht in den Sand stecken. Es waren auch heute teilweise gute Sachen dabei, hat aber nicht gelangt, weil Altona eine zu krasse Wucht hatte“, bilanzierte der HEBC-Übungsleiter. Nichtdestotrotz war er „stolz darauf, was meine Jungs hier geleistet haben. Sie haben sich reingeworfen und gefightet.“

"Die Saison macht uns keiner mehr kaputt"

Die Mannschaft des AFC bejubelt den hart erkämpften, aber letztlich verdienten 1:0-Heimerfolg über den HEBC im Mannschaftskreis. Foto: Kormanjos

Letzten Endes behielt der Spitzenreiter aber verdientermaßen die Oberhand. „Hochverdient“, befand Bergmann. „Wir haben ganz wenig zugelassen. Und wenn man etwas bemängeln will, dann nur, dass wir das zweite Tor nicht nachgelegt haben. Dann wäre Ruhe gewesen. So hat man immer nochmal die Situation, dass man bei einem Standard zittern muss. Trotzdem freue ich mich natürlich sehr, dass die Jungs sich belohnt haben.“ Von einer Vorentscheidung im Titelkampf wollte er aber nichts wissen. Rein gar nichts. „Man sieht es ja auch heute an Kiel“, zog er die 1:3-Pleite von Zweitligist Holstein Kiel gegen Kaiserslautern am Samstagmittag als Beispiel heran.

Allerdings machte er auch keinen Hehl daraus, dass eine errungene Meisterschaft mit Altona 93 – trotz seiner jahrelangen Profi-Vergangenheit – eine besondere Bedeutung für ihn hätte: „Ich vergleiche das gar nicht miteinander. Denn jede Mannschaft hat ihre ganz eigene Besonderheit. Natürlich wäre das mit einer Mannschaft, die versucht, sich weiterzuentwickeln, und in jedes Spiel reingeht, um es zu gewinnen, toll – auch wenn man sich das heute mal wieder anguckt, dass hier 2000 Zuschauer sind.“ Aber: „Ich habe es den Jungs heute auch nochmal gesagt: Wenn es mal nicht so funktioniert, dann runter mit dem Rucksack. Wir haben trotzdem eine tolle Saison gespielt. Die macht uns keiner mehr kaputt. Und jetzt gucken wir mal, ob wir den i-Punkt draufkriegen!“

Autor: Dennis Kormanjos