„Ein Spiel geht immer bei 0:0 los!“ - Aber muss das so sein?
Witterungsbedingter Spielabbruch sorgt bei Alsterbrüdern für Frust
„Gegen eine mögliche Neuansetzung wäre ein Protest generell überdenkenswert“, sagt Manager Claus Meier: „Denn Abbruch ist nicht gleich Abbruch. Ich gehe davon aus, dass der HFV das auch so sieht und sich jeden Fall genau anguckt. Ein Abbruch aufgrund einer schweren Verletzung ist etwas anderes als ein Abbruch wegen Unwetters. Ein Abbruch in der 90. Minute bei einem Stand von 5:0 ist auch etwas anderes als ein Abbruch in der fünften Minute beim Stand von 0:0.“
Wenig differenzierte Betrachtung von Spielabbrüchen
Betrachtet man die Aussagen aus der Sicht eines Fußballers, neigt man dazu, ihm Recht zu geben. Ein Abbruch kurz vor Schluss bei einem eindeutigen Ergebnis sollte anders bewertet werden als ein Abbruch nach wenigen Minuten. Das Regelwerk kennt diese Unterscheidung allerdings nicht. Einen Unterschied macht es nur, wenn eine Mannschaft den Spielabbruch verschuldet hat. Ist dies nicht der Fall – wie bei einem witterungsbedingten Abbruch – , wird das Spiel wiederholt. Die Entscheidung, ob weitergespielt werden kann, obliegt dabei dem Schiedsrichter.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass wir das Spiel aber an jenem Sonntag gewonnen hätten, war vom Spielverlauf her betrachtet, sehr groß“, konstatiert Meier, der sich daher benachteiligt sieht. Er fragt: „Teutonia zeigte seinerseits verständlich nach dem Abbruch auch keinen großen Willen, den Platz von zwei großen Pfützen an der Seitenlinie, die vor allem den Ausschlag für den Abbruch gaben, mit Besen oder dergleichen zu räumen. Vielleicht wäre der Eifer bei einer Führung gegen zehn Mann von uns größer gewesen?“ Hat es Teutonia also versäumt, eine Bespielbarkeit des Platzes zu gewähren, um daraus einen Vorteil zu schlagen? Uwe Ennuschat, beim HFV zuständig für Schiedsrichterwesen und Sportgericht, bestätigt, dass die gastgebende Mannschaft grundsätzlich dazu verpflichtet ist, für die Bespielbarkeit des Platzes zu sorgen. „Auf die Schnelle ist das in der Kreisliga aber sicher nicht so leicht, wie etwa in der Bundesliga oder auch nur Regionalliga“, relativiert er jedoch und fügt hinzu: „Der Schiedsrichter kann aber zum Beispiel nicht die Spieler dazu auffordern, mit dem Fuß die Pfützen wegzuschieben.“
"Haben an der Kreuzkirche schon Schlimmeres gesehen"
Nils Boldt, Trainer von Teutonia 05 II, erklärt die Sichtweise der Gastgeber: „Wir haben bereits vor dem Spiel die Pfützen vor dem Tor weggesaugt. Aber während der Unterbrechung wollte der Platzwart das Wasser nicht wegschieben, weil er so die Löcher auf dem Grandplatz nur vergrößert hätte. Ich war eh der Meinung, dass man das Spiel noch zu Ende hätte bringen können. Da haben wir an der Kreuzkirche schon wesentlich Schlimmeres gesehen.“ Von der Entscheidung des Schiedsrichters sei er sogar überrascht gewesen: „Er war ein hitziges Spiel. Ich dachte, er kommt an den Rand, um mir zu sagen, dass ich ruhig sein soll. Ich war völlig überrascht als er sagte, er würde das Spiel jetzt abbrechen. Auf Drängen der Alsterbrüder hat er die Partie dann erst einmal nur unterbrochen.“ Da Teutonia von der Entscheidung profitiere, hätten viele Spieler sie natürlich begrüßt, bestätigt Boldt: „Uns passte das in die Karten, aber für die Alsterbrüder ist es natürlich ärgerlich. Meiner Meinung nach hätte man das Spiel einfach zu Ende bringen sollen. Aber der Schiedsrichter hatte wohl eh nicht seinen besten Tag. Die Rote Karte für uns war ein Witz. Der Schiri hat einen Ruf unseres Torwarts an einen Mitspieler wohl als Beleidigung gegen sich verstanden. Für den Platzverweis hat er sich in der Halbzeit sogar bei unserem Torwart entschuldigt. Vielleicht hatte der Schiedsrichter ja selbst nichts dagegen, dass das Spiel nicht mehr weiter geht.“
Dazu schien er nicht ganz regelsicher. Meier beschreibt den Vorgang des Abbruchs so: „Ein Teutonia-Fan, der sich als Schiedsrichter in zivil ausgab, bestand darauf, dass maximal 15 Minuten unterbrochen werden dürfe. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach 15 Minuten hätte weitergespielt werden können, war natürlich geringer als bei 30 Minuten. Nach 15 Minuten kam nämlich die Sonne durch und mit vereinten Kräften hätte sicher der Platz spielbar gemacht werden können.“ Boldt bestätigt diese Aussagen nur halb: „Als der Zuschauer das sagte, war die Partie bereits etwa zehn Minuten unterbrochen. Der Schiri sagte dann, dass er abbrechen würde, wenn sich in 15 oder 20 Minuten nichts getan hätte. Es dauerte also etwa eine halbe Stunde, bevor die Entscheidung fiel. Nach einer Besserung des Wetters sah es da nicht aus.“
"Vielleicht schießen wir einfach ein Eigentor"
Dennoch spielt man bei den Teutonen mit dem Gedanken an eine faire Geste: „Wir haben schon überlegt, ob wir dann einfach zu Beginn des Nachholspiels ein Eigentor schießen, damit es wieder bei 0:1 losgeht.“ Eine Geste, die großen Sportsgeist beweisen würde und zeigt, dass auch die profitierende Mannschaft nicht davon überzeugt ist, dass die aktuelle Regelung die Bestmögliche ist. Claus Meier hat derweil einen anderen Lösungsvorschlag: „In der Türkei wird immer so verfahren, dass bei Spielabbruch durch äußere Umstände da weitergespielt wird, wo aufgehört wurde. Das ist gerecht aus meiner Sicht.“ So wurde es auch bei der Champions-League-Partie zwischen Galatasaray Istanbul und Juventus Turin gehandhabt. Nach einem Schneechaos wurde das Spiel unterbrochen und am nächsten Tag fortgesetzt.
Die Regelung ist eindeutig, dennoch bietet sie einen Nährboden für Diskussionen. Sollte auch der DFB bzw. HFV über die Einführung dieser Regelung nachdenken? Beschert die praktische Annullierung eines abgebrochenen Spiels einer Mannschaft einen unverdienten Vorteil? Ist die Fortsetzung einer Partie, bei der beispielsweise nur noch eine Viertelstunde zu absolvieren wäre, im Amateurfußball überhaupt durchführbar? Untergräbt das freiwillige Herschenken eines Tores das Sportgericht des HFV? Sollte man bei nur noch wenigen zu spielenden Minuten den jeweiligen Spielstand einfach zum Ergebnis erklären? Oder ist es doch so am besten und fairsten, wie es aktuell gehandhabt wird? Falls Ihr eine Meinung oder einen Vorschlag habt, hinterlasst diesen einfach auf unserer Facebook-Seite unter dem verlinkten Artikel.