LOTTO-Pokal

„Fürstes“ Vorhersage: „Ich wollte schon ins Vereinsheim und mir ein Bier aufs Weiterkommen bestellen!“

25. Oktober 2023, 00:50 Uhr

Frust bei Bujar Sejdija (li.) und grenzenloser Jubel um "Elferheld" Malte Ladehof (Mi.). Foto: noveski.com

Er war entspannt. Fast schon tiefenentspannt. So seelenruhig, dass er sich mit einem absoluten Ruhepuls den Fragen stellte. Dabei hatte seine Mannschaft soeben das im Vorfeld beinahe unmöglich scheinende möglich und die faustdicke Pokal-Überraschung in einem echten Nervenkrimi perfekt gemacht (alle Highlights im LIVE-Ticker). Doch Marcus Fürstenberg war ganz cool und relaxed. „Weil ich es vor dem Spiel genau so vorhergesagt habe“, erklärte er – und führte seine Prophezeiungen aus: „Ich habe gesagt: Wenn wir ins Elfmeterschießen gehen, dann gehe ich schon ins Vereinshaus und bestelle mir ein Bier, weil ich weiß, dass wir dann weiterkommen“, so der Cheftrainer des SSV Rantzau.

Lennart Keßner (re.) hatte die erste Großchance, traf per Kopf aber nur den Pfosten. Foto: noveski.com

Und „Fürste“ hielt Wort. Zumindest fast. Denn: Nach den 90 nervenaufreibenden Minuten und vor dem alles entscheidenden Elfmeterschießen bot er seinem Team im Kreis an, „dass ich dann schon mal reingehe und mir ein Bier aufs Weiterkommen bestelle. Ich war mir sicher und deshalb auch total entspannt, weil ich wusste: Auf Malte ist Verlass.“ Schlussendlich blieb der „Erfolgsmacher“ der Barmstedter allerdings bei seiner Equipe. „Alle haben gesagt: ‚Geh.‘ Aber das hat er nicht getan“, witzelte Till Flemming Bruns im Nachgang. Und Fürstenbergs Vorhersage („Wir kommen ins Elfmeterschießen“) traf auch nur zum Teil ein. „Malte hält Zwei“, prognostizierte er.

Selim Ajkic (li.) vergab zwei Riesenchancen binnen kürzester Zeit kläglich. Foto: noveski.com

Am Ende reichte aber schon ein gehaltener „Elfer“ vom überragenden Malte Ladehof, der beim letzten (gar nicht mal so unplatzierten) Schuss von Bujar Sejdija die Pranken ausfuhr und in sensationeller Manier parierte. Der Rest war unbändiger Jubel und ein Sturm auf den Schlussmann des Hammonia-Landesligisten! Ganz so Unrecht hatte sein Trainer mit der Aussage, dass Ladehof zwei Elfmeter entschärfen würde, aber nicht. Denn: Der 31-Jährige konnte schon während der regulären Spielzeit sein Können vom Punkt unter Beweis stellen – wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch mit unglücklichem Ausgang. Und damit der Reihe nach.

Keßner vergibt um Haaresbreite, Ajkic kläglich

Im ersten Anlauf konnte Narek Abrahamyan (Mi.) das Runde vom Elfmeterpunkt noch nicht im Eckigen unterbringen - aber im Nachschuss überwand er Malte Ladehof. Foto: noveski.com

„Männer, das war der Warnschuss!“, rüttelte Dennis Lohmann seine Vorderleute wach – nachdem der AFC in Folge eines eigenen Einwurfes am gegnerischen Strafraum beinahe folgenschwer ausgekontert wurde. Der Außenseiter von der Düsterlohe hatte die erste ganz große Chance des Spiels und verpasste die Führung nur um Zentimeter. Der Regionalliga-erfahrene Lennart Keßner, der den Gegenangriff selbst einleitete, köpfte eine Flanke von Onur Tiryaki an den rechten Pfosten (8.). „Da denkst du dir natürlich: In so einem Spiel musst du solche Chancen nutzen“, haderte Fürstenberg zunächst. Auf der anderen Seite schien es hingegen in der Tat so, als hätte der „Warnschuss“ die „Bergmänner“ wachgerüttelt. Zweimal vergab Selim Ajkic das sichere 1:0 auf kläglichste Art und Weise (14., 18.).

Grosches Kurzschlussreaktion: "Ich weiß nicht, was ihn da geritten hat"

Was auch immer Moritz Grosche (re.) in jener Situation geritten hat. Mit der Hand wehrte er einen Eckball ab. Elfmeter und Rot. Foto: noveski.com

Nur unwesentlich besser machte es Narek Abrahamyan, der mit einem von Jorrit Thieme an Veli Sulejmani verursachten Foulelfmeter am starken Ladehof scheiterte, aber das große Glück hatte, dass der Abpraller vor seinen Füßen landete – 1:0 für den Favoriten (24.)! Mit dem Pausenpfiff hätte der wiedergenesene Pascal El-Nemr den Vorsprung nach Zuspiel von Abrahamyan beinahe verdoppelt, musste sich aber dem glänzend reagierenden Ladehof geschlagen geben (45. +3). Der mal wieder stärkste Altonaer hatte auch nach Wiederbeginn die Möglichkeit auf das Zweite, haute aber nach flacher Hereingabe von Ajkic auf dem hoppelnden Grün gleich zweimal über das Leder (50.).

Und Rantzau? Ein Missverständnis in der Altonaer Hintermannschaft führte zu einer Halbchance (52.), ehe einem Akteur des Oberligisten die Sicherungen durchbrannten: Einen lang gezogenen Eckball von Lukas Raphael klärte Moritz Grosche kurz vor der Linie ohne jede Not auf völlig unerklärliche Weise mit dem ausgefahrenen Arm. Elfmeter für Rantzau und Rot für Grosche (66.)! „Warum er denn auf der Linie mit der Hand nimmt, das weiß ich nicht. Aber ich habe vor dem Spiel gesagt, dass Standards natürlich das Mittel sein werden, wo wir was machen können und müssen“, hoffte Fürstenberg. Während Raphael das Geschenk dankend annahm und den fälligen Strafstoß ganz sicher zum Ausgleich verwandelte (67.)! „Ich weiß nicht, was das für eine Kurzschlussreaktion war und was ihn da geritten hat. Er hätte den einfach nur rausköpfen müssen“, rätselte auch AFC-Coach Andreas Bergmann über den Blackout seines Spielers, was zu einem „sehr kuriosen Gegentor“ führte.

Rantzau-Schützen ganz sicher - Ladehof wird zum Helden

Rantzau-Keeper Malte Ladehof pariert den alles entscheidenden Elfmeter von Bujar Sejdija und avanciert zum Pokalhelden. Foto: noveski.com

„Auch in Unterzahl“ habe man „weiter angezogen“, befand Bergmann. „Aber dann ist das so eine Pokal-Dynamik, die dann einfach da ist.“ Immer wieder pushte er sein Team von außen: „Die werden müde!“ Oder auch: „Haut das Ding da jetzt rein!“ Aber die Hausherren hielten dem Druck stand und wollten nur eines: Ins Elfmeterschießen kommen. „Deshalb haben wir auch nicht aufgemacht“, war sich Fürstenberg der Sache sicher. Und tatsächlich. Die Entscheidung sollte aus elf Metern fallen. „Jungs, wir können nur gewinnen!“, war aus dem Kreis der Barmstedter lautstark zu vernehmen.

Marvin Jensen machte den Anfang und blieb ganz cool. Gleiches galt für seine Teamkameraden Lukas Raphael, Tim Pepe Hartlieb, Lennart Keßner und Alexandros Kotzapanagiotou. Alle ließen Lohmann keine Abwehrchance. Auf der Gegenseite trafen Gianluca Przondziono, Steffen Neelsen, Lenny Glissmann und Veli Sulejmani ebenfalls äußerst souverän. Doch dann war Bujar Sejdija an der Reihe, visierte das linke Toreck an – und fand in Ladehof seinen Meister! Der Rest war kollektiver Jubel und Ekstase an der Düsterlohe!

"Musst die Chancen machen, um gar nicht erst in so eine Situation zu kommen"

Der SSV Rantzau feiert den Pokal-Coup und trifft nun im Achtelfinale auf Vorjahres-Finalist TSV Sasel. Foto: noveski.com

Unbändige Freude auf der einen, riesengroße Tristesse auf der anderen Seite. „Dass es gegen einen sehr engagierten Gegner, der in der Landesliga eine gute Rolle spielt, schwer wird – auch aufgrund der Bodenverhältnisse –, das war klar. Aber wir haben das Spiel bestimmt und hatten auch drei, vier hochkarätige Chancen, die du in so einem Spiel einfach machen musst, um gar nicht erst in so eine Situation zu kommen“, konstatierte Bergmann. Und Fürstenberg pflichtete ihm durchaus bei: „In der ersten Halbzeit hätten die den Sack zumachen müssen. Wenn wir da 1:3 hinten liegen, dann sagt keiner was. Aber in der zweiten Halbzeit – auch mit elf Mann – habe ich nicht eine große Chance von denen gesehen.“

Und letztlich war es so, „wie so ein Pokalspiel halt ist“, brachte es Bergmann trocken auf den Punkt. „Ganz gefeit ist man bei Standardsituationen nie. Natürlich sind wir enttäuscht, das ist ja klar. Aber jetzt liegt der Fokus auf der Meisterschaft. Denn wir haben noch viel vor. Deshalb heißt es jetzt: Einmal schütteln und dann weitermachen.“ Währenddessen strahlte sein Gegenüber: „Der Matchplan ist voll aufgegangen. Ich bin natürlich mega zufrieden, stolz und glücklich“, schreibt Fürstenberg die Erfolgs-Geschichte mit seinem SSV Rantzau weiter. Immer weiter…

Rantzau-Pokalheld Malte Ladehof im Interview:

Der entscheidende Elfmeter im Video:

Autor: Dennis Kormanjos