Hüpfen, springen, siegen: VfL beschert United einen schwarzen Freitag

Kellerduell gegen Hamm endet mit einem 3:1-Erfolg für Lohbrügge

08. Oktober 2016, 00:17 Uhr

Komm, lass und jubeln: Adrian Voigt, der Torschütze zum 2:1 für den VfL, hat sich hingesetzt, seine Teamkollegen stürmen zum Gratulieren herbei. Foto: noveski.com/Herzog

Not gegen Elend sei das, tat einer der Zuschauer des Spiels zwischen Hamm United und dem VfL Lohbrügge irgendwann in der zweiten Halbzeit kund. Mit einem „Finale furioso“ sorgten die Gäste schließlich dafür, dass Not und Elend nun in Hamm erst einmal größer sind als in Lohbrügge. Ganz zufrieden war VfL-Coach Sven Schneppel trotz des 3:1-Erfolges nicht – und sein Widersacher Ayhan Türkkan fand die Blau.Weißen trotz des Sieges sogar einfach nur schlecht...

Adrian Voigt setzte sich erst einmal hin. Nicht etwa, um Resignation auszudrücken oder seinen Unmut kundzutun. Nein, als die Offensivkraft der VfL Lohbrügge in der 82. Minute auf dem Hosenboden landete, tat Voigt das, weil vorher auch etwas gesessen hatte: sein Schuss nämlich, den er im Anschluss an einen Freistoß von Javad Gurbanian im Spiel gegen Hamm United abgegeben hatte. Weil HUFC-Torhüter Danny Cyganek durch den Strafraum irrlichtete und keinerlei Chance hatte, an den Ball zu kommen, landete der zum 2:1 für den VfL im Netz.

Gäste treffen spät, dafür aber umso nachhaltiger

Artur Hoppe (li.) hatte Hamm United mit 1:0 in Führung gebracht. Foto: noveski.com/Herzog

Ein Treffer, der Hamm United weh tat. Doch es sollte nicht der letzte gewesen sein. Da konnte sich der ausgewechselte Faik Algan, inzwischen in schwarzen Zivilklamotten wieder an der HUFC-Bank aufgetaucht, noch so mühen, seine Mitspieler auf dem grünen Rasenviereck nach vorne zu peitschen. Spätestens, nachdem Pascal Bäker in der dritten Minute der Nachspielzeit einen Konter – ebenfalls nach einer Vorlage von Gurbanian – mit dem 3:1 abgeschlossen hatte, war klar, welche Farbe die Erinnerungen der Hausherren an diesen Freitag tragen würden: Es war ein schwarzer Freitag für die „Geächteten“. So schwarz, wie Faik Algans Klamotten.

Den VfL-Spielern war dies egal. Nachdem Schiri Robin Walser (SC Eilbek) direkt im Anschluss an Bäkers Treffer die Partie beendet hatte, sangen, sprangen und hüpften sie wild herum. Die Last, im Duell zweier Mannschaften, die mehr schlecht als recht in die Saison gestartet waren und derzeit im Abstiegskampf stehen, etwas holen zu müssen, war in diesem Moment von ihnen abgefallen. Vielleicht, weil sie das mit dem Hüpfen und Springen schon kannten...!?

Schirosi muss frühzeitig unter die Dusche

Ein Foul, das nicht ohne Folgen blieb: Hamms Christopher Mahrt (li.) sah für seine Grätsche gegen Pascal Asante-Sefa die Gelb-Rote Karte. Foto: noveski,com/Herzog

„Wir haben in der Woche am Tag der Deutschen Einheit trainiert und sind da viel über Hürden gehüpft und gesprungen, um etwas für die Kraft zu tun“, verriet Lohbrügges Übungsleiter Sven Schneppel nach dem Spiel und wollte trotz aller Freude nicht verhehlen, dass „wir noch an vielen Dingen arbeiten müssen. Wir gehen hier als glücklicher Sieger vom Platz. Ich bin vom Spielerischen und vom Zweikampfverhalten her nicht zufrieden. Das war überhaupt nicht das, was ich mir für die Zukunft vorstelle.“

Was den Nachfolger des entlassenen Andreas Führer zu dieser Einschätzung kommen ließ, ist schnell erzählt – und findet seinen Urpsrung in der 40. Minute. Zu diesem Zeitpunkt hatte Javad Gurbanian bereits die Querlatte getroffen (20.), ansonsten aber war das Spiel niveau- und chancenarm. Auf beiden Seiten, wohlgemerkt. Dann foulte VfL-Kapitän Ismail Polat im Mittelfeld Alessandro Schirosi. Der wiederum trat nach Ansicht von Referee Walser anschließend im Liegen nach – Rot!

Schneppel: „Nach dem 1:1 sind einige Rucksäcke und Steine von den Schultern gefallen“

Sieht trotz des Sieges noch einige Baustellen: VfL-Trainer Sven Schneppel. Foto: noveski.com/Herzog

Doch in der Folgezeit war wenig bis gar nichts davon zu merken, dass Lohbrügge in Überzahl spielte. Ganz im Gegenteil, denn Hamm ging sogar in Führung: Sandjar Ahmadi brachte den Ball per Fallrückzieher aufs Tor, irgendwie landete die Kugel bei Artur Hoppe – und der knallte sie zum 1:0 unter die Latte. Der VfL kam erst ab Minute 75 etwas in Fahrt, dafür aber umso nachhaltiger: Erst bediente Gurbanian den eingewechselten Marco Braesen (76.), dann legte er für Voigt (82.) auf und schließlich fand Agatino Indultos Pass Bäker (90.+3).

„Hamm United war – auch in Unterzahl – bis zur 75 Minute die bessere Mannschaft. Wir haben wenig spielerische Mittel gefunden, die Überzahl auszunutzen. Das war sehr holprig. Uns hat nach vorne nicht nur der finale Ball, sondern auch die Vorbereitung zum finalen Ball gefehlt. Mit dem 1:1 sind einige Rucksäcke und Steine von den Schultern gefallen, auch wenn wir nicht gut Fußball gespielt haben...“, analysierte Schneppel.

Türkkan: „Ich habe keine Angst um meinen Stuhl“

HUFC-Stürmer Faik Algan (vo., hier gegen Jonas Holz) blieb ohne Torerfolg. Foto: noveski.com/Herzog

Letzteres befand übrigens auch Ayhan Türkkan. „Normalerweise müssen wir mit 5:0 oder 6:0 gegen gewinnen. Ich finde, Lohbrügge ist schlecht. Einfach schlecht. Die haben mit Glück gewonnen. Wenn wir nicht dummerweise den dämlichen Platzverweis bekommen hätten, dann hätten wir 300 oder 400 Minuten spielen können und die hätten gegen uns nicht gewonnen“, beschied der HUFC-Trainer, der später auch noch Christopher Mahrt mit „Gelb-Rot“ verlor (90.+3).

„Man hat bis zur 75. Minute nicht gemerkt, dass wir ein Mann weniger waren. Wenn dann aber ein, zwei Mann das Laufen einstellen, passiert das, was jetzt passiert ist“, ärgerte sich Türkkan, der sich trotz der anhaltenden Misere und dem Verbleib auf einem Abstiegsplatz weiterhin optimistisch gibt: „Ich habe keine Angst um meinen Stuhl, wir halten zusammen.“ Schließlich sei die Zukunft ja gar nicht so schwarz, wie sie manch einer malt: „Die Landesliga Hansa ist in dieser Saison schlecht. Das sieht man daran, dass jeder jeden Gegner schlagen kann“, ist sich Türkkan sicher, dass er und sein Team Erfolge einfahren werden, um wieder aus dem Keller der Tabelle herauszukommen. Klar ist aber auch: „Wir werden im Winter personell nachlegen. So wie jetzt kann es nicht weitergehen.“ Sonst wird das wohl nicht der letzte schwarze (Frei-)Tag für das Türkkan-Team bleiben... 

Jan Knötzsch