„Jetzt korrigieren wir, was in die Hose gegangen ist“

Coach Uli Schulz über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Hamm United

23. Dezember 2016, 09:44 Uhr

Uli Schulz ist zurück an der Seitenlinie und kann sich auch einen Verbleib über die Saison hinaus vorstellen. Foto: noveski.com

Nachdem er im Sommer seinen Trainerstuhl gegen die Rolle als Sportlicher Leiter eintauschte, ist Uli Schulz bei Hamm United inzwischen bekanntlich wieder zurück an der Seitenlinie. Nach dem letzten Spiel des Fußball-Jahres 2016 gegen Bergedorf 85 nahm sich der 70-Jährige Zeit, sprach über die Fehler unter seinem Vorgänger, wagte einen Ausblick auf die Restsaison und verriet, warum er sich sogar vorstellen kann, auch in der nächsten Spielzeit noch als Trainer auf der Bank der „Geächteten“ zu sitzen.

Immerhin: Der Jahresabschluss gestaltete sich versöhnlich. Zumindest, was das Resultat anging. Mit 2:0 besiegte Hamm United am vergangenen Freitag das Team des FC Bergedorf 85 und beendet das Fußballjahr 2016 damit auf dem zwölften Rang in der Tabelle der Landesliga Hansa. Ein Rang, wo der HUFC – legt man die Ziele, die vor der Saison ausgegeben wurden, zugrunde – nicht unbedingt stehen wollte. Nach dem, was im Verlauf der bisherigen Serie im, am und rund um den Hammer Park und die „Geächteten“ abging, kann man die Platzierung beinahe schon als Erfolg werten. Frei nach dem Motto: Wenigstens nicht auf einem Abstiegsplatz überwintern...

„Es gab Spieler, die ohne Training mit den Schuhen zum Spiel kamen und spielen durften“

Marcel Meyer wurde vor der Saison als Neuzugang beim HUFC vermeldet, tauchte aber nie wirklich auf. Foto: noveski.com

Denn: Diese Abstiegsgespenst, mit dem im Fußball niemand so wirklich gern etwas zu tun haben will, geisterte doch mehr durch die Reihen des HUFC, als dies den „Machern“ lieb gewesen sein dürfte. Nachdem Uli Schulz im Sommer auf den Posten des Sportlichen Leiters gesetzt und Ayhan Türkkan als neuer Coach geholt wurde, erhielt der Kader eine enorme Blutauffrischung. Zeitweise zählten 35 (!) Spieler zum Aufgebot von Neu-Coach Türkkan, der gleich eine ganze Entourage an Kickern von seinem Ex-Verein FC Elazig Spor mitbrachte. Das Ende ist bekannt: Mohet Wadhwa, der eigentlich an der Seite Türkkans in Sachen Coaching bei den „Geächteten“ auftauchen sollte, kam nie wirklich an. Spieler wie Fatih Gürel oder Marcel Meyer, die in der Vorsaison bei Elazig zweifelsohne ihre Qualitäten nachgewiesen hatten, tauchten nie wirklich auf. Der Abwärtsstrudel ergriff den HUFC und plötzlich lautete die Gegenwart Abstiegskampf statt Angriff auf oben.

Wieder und wieder machten Gerüchte die Runde, innerhalb der Mannschaft stimme es nicht, es gäbe Grüppchenbildungen zwischen den Spielern, die Türkkan mitgebracht habe, und denen, die schon zuvor da waren. Zwischenzeitlich wurden gar mehrere Kicker suspendiert, die dann – anders als der zuletzt suspendierte Faik Algan – jedoch wieder im Kader auftauchten. Wochenlang war offensichtlich: Hamm hatte Probleme. Immense Probleme – doch Präsident Jörn Heinemann und Ligamanager „Jassi“ Huremovic hielten an Türkkan fest und nahmen die Mannschaft in die Pflicht. So lange, bis es nicht mehr ging, und Türkkan Ende Oktober doch entlassen und durch seinen Vorgänger Uli Schulz ersetzt wurde.

Bis auf Goldgraebe sind alle Spieler, die von Elazig Spor gekommen sind, weg

Als einziger "Türkkan-Zögling" weiter bei Hamm aktiv: Andreas Goldgraebe. Foto: noveski.com

„Back to the roots“ quasi – doch die Spätfolgen sind noch immer spürbar. „In unserer Situation wollen wir mal damit zufrieden sein...“, urteilte Schulz am vergangenen Freitag nach dem 2:0-Sieg gegen Bergedorf, als es darum ging, dass die HUFC-Kicker auf dem Kunstrasen an der Snitgerreihe vielleicht eine Spur zu leichtfertig mit ihren Chancen umgegangen waren. Man backt eben nun kleine Brötchen bei United. „Wir korrigieren jetzt das, was in die Hose gegangen ist“, konstatierte Trainer-„Oldie“ Schulz. Und das ist Einiges, wenn man den Worten des inzwischen 70-Jährigen Übungsleiters folgt. „Mit Christian Meier und Andreas Goldgraebe hatten wir gegen Bergedorf Spieler auf der Sechser-Position, die auch nach hinten arbeiten. Das funktioniert jetzt wieder besser. Vorher wurde hier in einem 4-4-2-System mit Spielern gespielt, die nicht beim Training waren. Wie willst du das so schnell aufholen...!?“, sagt Schulz, „da waren Spieler wie Deniz Herber, die einfach ohne Training nur mit ihren Schuhen zum Spiel gekommen sind und spielen durften. Der Trainer hat sie einfach aufgestellt. Das geht doch nicht.“

Es wurden, so Schulz weiter, „Spieler aus der Bezirksliga geholt, die da in ihren Vereinen noch nicht einmal Stammspieler waren und dann hier auf dem Platz rum kriechen. Es hieß, man wolle die Liga zusammenschießen, aber die Realität sah eben anders aus. Vor den Ruhm haben die Götter immer noch den Schweiß gesetzt.“ Sportlich muss sich der HUFC-Coach zwar weiterhin mit den „Altlasten“ herumschlagen, personell sieht das schon anders aus. Faik Algan ist mit Marcel Meyer längst beim Oststeinbeker SV gelandet. Auch Herber ist nicht mehr da. „Bis auf Goldgraebe sind alle Spieler, die von Elazig Spor gekommen sind, weg“, erklärt Schulz, der nun froh ist, erst einmal die Winterpause vor der Brust zu haben: „Der eine oder andere wird noch dazukommen, wir haben noch Jungs in der Hinterhand“, verdeutlicht der Coach.

Bleibt Schulz über das Saisonende hinaus HUFC-Coach?

Danijel Suntic blickt auf eine "Seuchen-Hinrunde" zurück, will im neuen Jahr aber wieder angreifen. Foto: noveski.com

Die Hoffnung: Kicker, wie Oliver Kunkel, der sich wochenlang mit Problemen an der Achillessehne herumschlug, sollen dann wieder angreifen. Auch Danijel Suntic, der immer wieder gehandicapt auf dem Feld stand, bisweilen ausfiel und schmerzlich vermisst wurde, soll dann endlich wieder öfter Seite an Seite mit Alessandro Schirosi auflaufen, der ebenfalls oft mit sich selbst zu kämpfen hatte und der Mannschaft nicht so helfen konnte, wie er wollte. Dass die Landesliga Hansa nach der Winterpause ein anderes Gesicht von Hamm zu sehen bekommen wird, als bisher, steht für Uli Schulz außer Frage: „Die Jungs, die noch da sind, trainieren gut und ziehen mit“

Bis zum Saisonende werden sie dies auf jeden Fall unter dem „Grandseigneur“ der Coaches in dieser Staffel tun. Das steht fest. Doch Schulz, der nach eigenem Bekunden nicht weiß, warum der Verein solange an seinem Vorgänger festhielt („Es gibt eben immer welche, die sich da etwas von versprechen“) scheint trotz seines fortgeschrittenen Alters und der Ansage im letzten Sommer, nicht mehr unbedingt auf der Bank sitzen zu müssen, nicht abgeneigt, dies auch in der kommenden Serie zu tun. „Warum nicht!? Ich hab ja Zeit...“, erklärt der 70-Jährige.

Jan Knötzsch