„Kann uns mal bitte jemand das Wasser reichen?!“

Das doppelte Double: Dassendorf dominiert und feiert vierte Meisterschaft am Stück

13. Mai 2017, 01:42 Uhr

V. li.: Finn Thomas, Tristan Koops und André Ladendorf feiern die vierte Meisterschaft in Folge mit den Anhängern. Foto: KBS-Picture.de

19. November 2016: Die TuS Dassendorf hatte gerade den FC Türkiye mit 2:0 in die Schranken gewiesen, da versuchte sich Peter Martens als Wahrsager und prophezeite, dass seine Dassendorfer einen Spieltag vor Saisonschluss die vierte Meisterschaft in Folge unter Dach und Fach bringen würden. Eine gewagte Prognose – zumal seine Mannen zu jenem Zeitpunkt noch hinter den famos aufspielenden Concorden im Tableau der Oberliga rangierten. Nun, fast auf den Tag genau sechs Monate später: Vorletzter Spieltag, TuS Dassendorf vs. VfL Pinneberg. Und siehe da: „Kann uns mal bitte jemand das Wasser reichen?“

Bereit machen zum Feiern - auch bei Top-Torjäger Marcel von Walsleben-Schied (Mi.). Foto: KBS-Picture.de

Peter Martens‘ Prognose war ein Treffer mitten ins Schwarze. Trotz aller Widrigkeiten hat es die TuS Dassendorf nämlich (mal wieder) geschafft: Die vierte Meisterschaft am Stück – sozusagen das doppelte „Double“ – ist in trockenen Tüchern. „Wenn man sieht, was hier los ist und wie viel Unterstützung wir haben, dann kann man wirklich von allem, aber nicht von Langeweile sprechen“, ist jeder Titel für TuS-„Mäzen“ Michael „Kobra“ Funk noch immer etwas ganz Besonderes. Seit 40 Jahren ist Funk nun schon im Verein – die Kinder seit Geburt an Mitglied der TuS. Keine Frage: Den Kritikern, die meinen, in Dassendorf würde man sich Meisterschaften zusammenkaufen, entgegnet Funk nur: „Das ist totaler Quatsch!“ Und weiter: „Es geht nicht nur um Fußball, sondern auch um das Zwischenmenschliche. Und das stimmt hier. Jeder Titel ist schön, aber es gibt auf dieser Welt so viele andere Probleme. Es ist eben nur Fußball, nicht mehr und nicht weniger. Deshalb ist uns allen im Verein so wichtig, die Demut beizubehalten und stets an den Tag zu legen.“

"Die Ehre, Oberliga-Meister zu sein, die motiviert uns jedes Jahr aufs Neue"

Alle auf den Trainer: Peter Martens (re.) bekommt von seinen Spielern die obligatorische Sektdusche verpasst. Foto: KBS-Picture.de

Ein klarer Appell, der eindeutig zeigt: Natürlich profitiert man in Dassendorf von den finanziellen Möglichkeiten eines Gönners, aber dieser ist eben auch ganz tief im Verein verankert und dort zu Hause. Für Funk ist es eine Herzensangelegenheit – und dieser wird er auch noch lange nachgehen. Von wegen „zusammengekaufte Spieler“. Vielmehr sind es wohlüberlegte und kluge Schachzüge der handelnden Personen, die stets neue Reize setzen und ihre Mannschaft damit nun schon zum vierten Hamburger Meistertitel in Folge führten. Glückwunsch, Anerkennung und Respekt von dieser Stelle! „Die Ehre, Oberliga-Meister zu sein, die motiviert uns jedes Jahr aufs Neue“, so Funk.

Und diese Ehre wurde Spielern, Offiziellen, Trainern und Anhängern am Freitagabend gegen den VfL Pinneberg schon relativ zeitig zu teil. Marcel von Walsleben-Schied übernahm nach nicht einmal 150 Sekunden die Spitze der Torjägerliste, als er nach einer perfekt getimten Hereingabe von Finn-Lasse Thomas da stand, wo ein „Goalgetter“ eben zu stehen hat – 1:0 (3.)! Dassendorf zeigte phasenweise brillanten Fußball, hatte aber auch zweimal großes Glück, dass der völlig freistehende Artur Frost den Ball nicht im TuS-Gehäuse unterbringen konnte, weil Christian Gruhne beide Male bärenstark parierte (6., 37.). Kurios wurde es in Minute 24, als von Walsleben-Schied einem zweiten Torerfolg im Weg stand, da er auf der Linie stehend einen Schuss aus zwei Metern Torentfernung von Marcel Lenz blockte. Doch fünf Minuten vor dem Pausenpfiff war er wieder zur Stelle – zum 25. Mal in dieser Saison. Einer der Gründe, weshalb der Ex-Profi von Hansa Rostock bei den anschließenden Feierlichkeiten zum „Spieler der Saison“ gekürt wurde. Nachdem Philipp Werning den 33-Jährigen zu Fall brachte, verwandelte dieser den fälligen Strafstoß souverän zum 2:0 (40.)!

Agyemang löst Tor-Versprechen ein

Die gesamte Mannschaft feiert mit den Fans, die vor allem aus der zweiten Mannschaft bestehen. Foto: KBS-Picture.de

Nach Wiederanpfiff hatten die Schützlinge von Peter Martens und Thomas Hoffmann leichtes Spiel und gaben bereits ein kleines Schaulaufen zum Besten. Sven Möller von rechts in den Rücken der Abwehr, wo Rinik Carolus als dankbarer Abnehmer fungierte – 3:0 (53.)! Für den Schlussakkord zeichnete sich Pascal Nägele verantwortlich, als dieser eine Möller-Flanke vom linken Strafraumeck wuchtig in die Maschen donnerte (77.)! Wenige Augenblicke zuvor machte bereits die Nachricht die Runde, dass der Wedeler TSV einen 0:1-Rückstand gegen Altona 93 in eine 2:1-Führung umgebogen hatte. Torschütze: Der Ex-Dassendorfer Eric Agyemang! „Den werde ich gleich nochmal anrufen. Der soll sich heute Nacht nichts vornehmen“, scherzte Hoffmann hinterher. Und Funk berichtete bei den anschließenden Feierlichkeiten von einem Telefonat mit Agyemang am Vormittag, in dem ihm der Schied-Vorgänger versprach, dass Siegtor gegen den AFC zu schießen. Gesagt, getan!

Wer oder was kann Dassendorf stoppen? "Weiß ich auch nicht genau"

Foto: KBS-Picture.de

Was folgte, war einfach nur Party! „Mein Sohn hatte mich im Februar, als die Bayern so dominant waren, gefragt: ‚Papa, wann ist denn bei uns in diesem Jahr die Meisterfeier? ‘ Daraufhin habe ich ihm geantwortet: ‚Die Meisterfeier ist in diesem Jahr kurz nachdem St. Pauli sich gerettet hat und kurz bevor der HSV wieder auf dem Relegationsplatz steht. ‘ Mit dieser Antwort hat er sich zufrieden gegeben. Beim HSV hoffe ich noch, dass man nicht Relegation spielen muss. Alles andere ist ja so eingetroffen, wie wir uns das erwünscht und erhofft haben“, plauderte Funk ein wenig aus dem Nähkästchen. Coach Hoffmann gab unterdessen zu Protokoll: „Wenn es um alles geht, dann sind die Jungs einfach da! Sie haben immer Bock auf Erfolg und wollen immer noch einen obendrauf setzen.“ Dabei gab es in dieser Saison auch Zeiten, in denen alles andere als Friede, Freude, Eierkuchen am Wendelweg herrschte: „In der Hinrunde hatten wir eine ganz schwere Zeit. Da war hier auch nicht hipp, hipp, hurra, sondern richtig Radau. Es war eine ganz, ganz schwere Saison!“

Stellt sich einem Beobachter die Frage: Was kann denn da in der kommenden Saison anbrennen oder schiefgehen, wenn diese Spielzeit schon „eine ganz, ganz schwere“ war? „Weiß ich jetzt auch nicht genau…“, geriet „Hoffi“ ins Grübeln. „Denn ich glaube, dass die Mannschaft im nächsten Jahr von der charakterlichen Seite nochmal anders aufgestellt sein wird. Ob es besser ist, wird sich zeigen. Aber es wird schon schwer, uns da oben wegzuholen“, folgt bereits eine kleine Kampfansage. Doch was war der hauptausschlaggebende Grund für den Turnaround? „Wir haben in der Winterpause die richtigen Entscheidungen getroffen: den Kader zu verkleinern und das Spielsystem umzustellen. Auf die Jungs, die auch schon länger dabei sind, auf die kannst du dich zu 110 Prozent verlassen. Einfach überragend, dass wir es noch so gerissen haben! Wir waren mal zwölf Punkte weg und ich glaube, wir haben Cordi 22 Punkte abgenommen. Die Rückrunde war hervorragend, ein Hammer“, kam Hoffmann aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. „Diese Mannschaft hat im Winter die charakterliche Stärke gefunden, die unsere Meistermannschaften aus den Vorjahren zum Teil schon vom ersten Spieltag an hatten“, befand auch Funk.

"Ich schaffe dieses und das nächste Wochenende - und auch noch vier Wochen Malle"

Foto: KBS-Picture.de

Für einen der Spieler, die in der kommenden Spielzeit nicht mehr bei der TuS aktiv sein werden, war der Triumph ebenfalls etwas „extrem Besonderes“, wie er sagte. Die Rede ist von Beytullah Atug. Der sympathische Offensiv-Allrounder, der zum FC Teutonia 05 wechseln wird, ist mit Christian Gruhne und Joe Warmbier einer von drei Spielern des aktuellen Kaders, der alle vier Meisterschaften miterlebt hat. „Es ist ein riesen Erlebnis – vor allem mit dieser Mannschaft! Es waren nun vier Jahre mit den Jungs, da ist es natürlich sehr emotional für mich. Diese Zeit werde ich nie vergessen“, hatte Atug mit den Tränen zu kämpfen. Während Gruhne meinte: „Dieser Titel ist auch für Bey!“ Und jener Titel soll und wird nun ausgiebig begossen. Auch der Trainer will sich da nicht hinten anstellen, sondern voll auf die (Party-)Tube drücken. „Ich schaffe dieses Wochenende, ich schaffe das nächste Wochenende und dann geht's nach Malle – und da schaffe ich nochmal vier Wochen“, gab Peter Martens ein Versprechen ab. Ob er das halten kann?

Die gesamte FussiFreunde-Redaktion gratuliert der TuS Dassendorf zur vierten Hamburger Meisterschaft in Folge!

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Autor: Dennis Kormanjos

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