BZ Süd

Kein Siga, aber auch kein Verlierer: Bingöl kassiert „Last-Minute-Schock“

09. Dezember 2019, 09:26 Uhr

Im Topspiel der Bezirksliga Süd gab es zwischen Verfolger Teutonia 05 II (schwarze Trikots) und dem FC Bingöl keinen Sieger. Foto: Kormanjos

Er schien untröstlich und musste von seinen Mitspielern im Teamkreis erst einmal aufgerichtet und dann mit warmen Worten aufgebaut werden: Als die Nachspielzeit an der Kreuzkirche anbrach, verstand Can Siga zunächst die Welt nicht mehr. Der Kapitän des FC Bingöl 12 verursachte einen Strafstoß, der zumindest im ersten Augenblick zweifelhaft schien. Nach einem ruhenden Ball stieg Siga gegen Lasse Gloistehn zum Kopfballduell hoch, ehe der Teutone schreiend zu Boden sank. Der Unparteiische deutete ohne großes zögern auf den Punkt (alle Highlights im LIVE-Ticker). "Ich bin sehr weit weg gewesen", so Bingöl-Coach Bilal Akdag. "Aber es ist ja genau das, was ein Spieler in der 90. Minute provozieren möchte. Das hat der Gegner clever gemacht", fügte er an.

Und so erlebte der Tabellenführer der Bezirksliga Süd ein trauriges Déjà-vu. "Natürlich ist es sehr schade, wenn man zwei Wochen hintereinander führt und in der letzten Minute ein Tor kassiert", merkte man Akdag unmittelbar nach Spielschluss den Frust noch deutlich an. Denn Teutonia 05 II-Kapitän Niclas Spranger ließ sich nicht zweimal bitten, trotzte dem Druck und verwandelte eiskalt zum 2:2-Ausgleich (90. +2). Sein Trainer, der ehemalige SV Blankenese- und Eintracht Norderstedt II-Coach Daniel Lopez, nahm die Situation, die zum Elfmeter führte, wie folgt wahr: "Aus meiner Position ist es schwierig, weil es im Strafraum ziemlich voll war. Aber ich sehe da den Ellbogen am Kopf." Er tue sich "immer schwer damit, zu sagen, ob’s ein klarer Elfmeter oder eben kein klarer Elfmeter war. Dafür stehe ich einfach zu weit weg. Aber der Spieler sagt, er kriegt was ins Gesicht. Ob’s der Ellbogen oder der Kopf war, weiß er auch nicht zu 100 Prozent. Aber Lars ist kein Spieler, der sich fallen lässt." Hinzu kommt, dass "der Schiri gut stand und sofort entschieden hat", meinte Lopez. "Dann ist es für mich auch ein Elfmeter."

Bingöl kommt mit Wut im Bauch aus der Kabine

Isaac Akyere (li.) war die einzige Liga-Leihgabe bei der Teutonen-Reserve. Foto: Kormanjos

Doch nicht nur aufgrund des Last-Minute-Treffers könne man "zu diesem Punkt absolut beglückwünscht werden", sah auch Lopez einen über weite Teile dominanten Gegner. Aber: "In der ersten Halbzeit machen wir das richtig gut. Man hat gesehen, dass Bingöl auch unsere Arbeit achtet." Dann jedoch kam es "zu einer Phase, wo es für uns gar nicht gut läuft und das Spiel kippt. Interessanterweise machen wir genau in der Phase das Tor." Bingöl ließ die Führungschancen aus, der Verfolger schlug in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs prompt zu. Initiator des Tores war Teutonen-Keeper Morten Peetz, dessen langer Abschlag von Deniz Pehlivan verlängert wurde und zu Elliot Agyekum durchhuschte. Dieser düpierte zwei Gegenspieler und krönte sein Solo mit dem 1:0 (45. +1). "Dass sie mit Wut im Bauch aus der Kabine kommen würden, war völlig klar", ahnte Lopez bereits, was seinem Team blühen würde. "Das haben sie auch stark gemacht", erkannte er neidlos an, wie die Gäste die Partie drehten. Zunächst war es Mert Güngör, der nach einem Zuspiel des Ex-Saselers Adem Aydin zum Ausgleich vollstreckte (52.). Dann senkte sich ein Freistoß von Nur Ahmet Bayat aus 21 Metern halblinker Position in den rechten Giebel (75.). Der eigentlich aufs linke Toreck gezirkelte Ball wurde von der Mauer so entscheidend abgefälscht, dass das Spielgerät gegen die Laufrichtung von Peetz im hohen Bogen rechts oben einschlug.

„Ich hätte nicht mit mehr Unterstützung gerechnet“

"Ich stelle unser Licht nicht untern Scheffel. Aber wir müssen gar nicht auf Bingöls Niveau sein, wir sind aber ganz dicht dran. Man hat im Spiel gesehen, dass uns Kleinigkeiten fehlen", konstatierte Lopez, der in diesem Gipfeltreffen mit Isaac Akyere, der vor dem 1:1-Ausgleich den Ball vertändelte, nur einen Spieler aus der Liga-Mannschaft aufbot. "Bei Isaac ist die Situation so, dass er die letzten Spiele bei uns gemacht hat, weil er die Zeit in der Liga derzeit nicht aufwenden kann. Von daher passt das", erklärte der Übungsleiter, der auf Nachfrage, ob er denn mit mehr Unterstützung von oben – zumal die Liga-Mannschaft bereits am Freitagabend spielte (1:0 bei Hamm United) – gerechnet hätte, entgegnete: "Nein, ich hätte nicht mit mehr gerechnet…", ehe er ausführte: "Für mich ist die Struktur klar. Wir sind eine Zweite Herren und stehen auf eigenen Beinen. Das wollen wir auch und sind darauf vorbereitet, dass nichts runterkommt." Nicht nur die Gäste wähnten im Vorfeld den einen oder anderen Akteur aus der Oberliga-Truppe in der Startelf der Kreuzkirchen-Reserve. "Man hätte alles durchdiskutieren und sich drei Stunden darüber unterhalten können. Aber das Fass mache ich nicht auf. Letzten Endes backen die so ein bisschen ihr Brot – und ich kann es nachvollziehen", so Lopez, der abschließend meinte: "Ich glaube, man kann es anders machen. Aber es ist so völlig in Ordnung für mich."

"Müssen daran arbeiten, vor dem Tor sicherer zu sein"

Am Ende hieß es 2:2-Unentschieden an der "Kreuze".

Obwohl sich sein Team zum wiederholten Male den späten Ausgleich fing, war Bingöl-Coach Akdag hinterher "stolz" auf seine Jungs. "Wir haben sehr guten Fußball gespielt. Eigentlich hätten wir den Sieg vollkommen verdient gehabt." Womit war auch schon beim Hauptmanko wären: "Wie in der letzten Woche haben wir auch heute viele Möglichkeiten liegengelassen und letztendlich wieder durch Standards zwei Gegentore kassiert. Daran müssen wir arbeiten und beim nächsten Mal vor dem Tor ein bisschen sicherer sein." Dann dürfte der Tabellenführer nur schwer vom Thron zu schubsen sein.

Autor: Dennis Kormanjos