Oberliga

Mit neuer „DNA“ und „Ossy“-Geniestreich – Süderelbe beendet HEBC-Heimserie!

26. November 2023, 20:13 Uhr

Vorbereiter Mustafa Ercetin (2. v. re.) herzt Alexander Koval nach dessen abgefälschtem Führungstor. Foto: noveski.com

„Da kann man natürlich nicht meckern“, verfiel Stefan Arlt in seiner gewohnten Art nicht gerade in Euphorie, attestierte seinem Top-Torjäger Osman Güraltunkeser aber „einen ordentlichen Huf“. Einen strammen Schuss, den der „Verlegenheits-Stürmer“, wie ihn sein Trainer aufgrund der vielen Ausfälle im Angriff bezeichnete, vor allem in der 88. Spielminute am Reinmüller auf eindrucksvolle Weise auspackte (alle Highlights im LIVE-Ticker). „Wenn er was kann, dann ist das schießen“, so Arlt – und fügte an: „Ich glaube, er hat noch nicht alles gezeigt, was er kann. Denn er kann verdammt viel mit der Pille.“

Die Führung! Alexander Koval (li.) nimmt Maß - und hat Glück, dass sein Schuss noch entscheidend abgefälscht wird und Patrick Meins ins Straucheln gerät. Foto: noveski.com

Er selbst gab sich ganz bescheiden. „Ich kann gar nicht so viel dazu sagen“, erwiderte Osman Güraltunkeser auf Nachfrage zu seinem Traumtor, das am Sonntagvormittag für die Entscheidung zugunsten des FC Süderelbe beim HEBC sorgte. „Von halbrechts kannst du nur in die lange Ecke schießen. Und ich habe halt einen guten Schuss“, schmunzelte der 23-Jährige, der 120 Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit ein ordentliches Pfund auspackte. Nach einem lang gezogenen Freistoß von Ljubisa Panic kam die Kugel über Maximilian Arlt und Rouven Treu zu Güraltunkeser, der in halbrechter Position aus 16 Metern per Dropkick und beinahe aus der Drehung über Patrick Meins hinweg ins linke Toreck einschweißte (88.)!

Süderelbe passt sich dem Wetter an: "Taktisch ist das voll aufgegangen"

„Es war nicht einfach bei den Bedingungen. Wir wollten, dass der Gegner mehr Ballbesitz hat und defensiver stehen, weil wir auch eine kleine Negativserie hatten. Ich weiß gar nicht, wann wir zuletzt gewonnen haben“, rätselte Güraltunkeser – und konstatierte: „Der Plan ist aufgegangen. Wir haben gut gekontert und waren vorne wieder sehr effektiv – wie schon im Hinspiel“, als die „Kiesbargler“ den HEBC überrannten und am Ende mit 6:1 triumphierten. Ein Spiel, das damals sehr an HEBC-Coach Özden Kocadal genagt hat. Die „Revanche“ fiel jedoch ins Wasser. Oder besser gesagt: In den Schnee. „Es hat sich angedeutet, dass heute so ein Wetter sein wird. Deshalb haben wir gesagt: Wir stellen uns heute mal hinten rein – in der Hoffnung, dass HEBC seinen Fußball spielt. Taktisch ist das voll aufgegangen. Problem ist nur, dass ganz oft das Glück entschieden hat. Und heute hatten wir das Glück ein paar Mal auf unserer Seite“, so Arlt.

"Drei Schüsse aufs Tor, drei Tore"

Die große Chance zum Ausgleich: Aber Johann Buttler (li.) bringt aus elf Metern nur eine bessere Rückgabe gegen Armand Demalija zustande. Foto: noveski.com

Dafür, dass er von seiner Mannschaft verlangt habe, „mal anders Fußball zu spielen als es eigentlich unsere DNA ist, hat sie das sehr gut gemacht. Dass wir immer mal ein paar Jungs dazwischen haben, die sich nicht ganz so an den Plan halten und vielleicht doch mal das Dribbling oder den Zauber-Fußball suchen, das ist klar – und nicht die Schuld der Jungs. Ich habe sie ja ausgesucht.“ Die Ansage vor der Partie war klar: „Du musst einfach mal aus irgendeiner Position einen Schuss auf das Tor kriegen. Die gehen dann rein. Wir haben drei Schüsse aufs Tor und schießen drei Tore und die schießen zweimal aufs Tor und machen ein Tor, weil sie einen Elfmeter verschießen“, brachte Arlt das Geschehen treffend auf den Punkt.

Buttler verschießt Elfmeter - "Es ist eine mentale Geschichte"

Es war irgendwie bezeichnend, wie Johann Buttler den von Arthur Filimonov an ihn selbst verursachten Strafstoß verschoss. Ohne Präzision und Power konnte Armand Demalija den Ball sogar festhalten (33.)! „Ich würde jetzt nicht sagen, wir haben ein Offensivproblem. Es ist einfach eine mentale Geschichte. Wir müssen einfach annehmen, dass gewisse Dinge nötig sind, um Spiele in der Oberliga zu gewinnen. Es reicht nicht, nur ins letzte Drittel reinzuspielen. Es muss auch das Tor und der Ball attackiert werden. Und das ist momentan einfach nicht der Fall“, haderte Kocadal – auch mit dem bereits zuvor gefallenen Führungstreffer der Gäste. „Süderelbe macht mit dem ersten Torschuss das Tor. Total unglücklich, dass der Ball abgefälscht wird und unser Torwart dabei sogar noch wegrutscht“, erwischte Alexander Koval mit seiner Bogenlampe Meins auf dem falschen Fuß (16.).

"Eine Frechheit von unserer Seite!"

HEBC hätte beim Stand von 0:1 einen weiteren Elfmeter bekommen müssen: Arthur Filimonov (Mi.) kommt gegen Tjorven Köhler zu spät und trifft ihn unten am rechten Fuß. Foto: noveski.com

„Das zweite Tor ist dann eine Frechheit von unserer Seite! Das ist ein Einwurf, ein eigentlich komplett problemloser Ball“, der für die Lila-Weißen aber zu einem großen Problem wurde, weil Koval auf einmal links im Strafraum durch war, den Ball an Meins vorbeispitzelte und Güraltunkeser das 2:0 auf dem Silbertablett servierte (72.)! „Die Jungs sagen, dass er den Ball mit der Hand mitgenommen haben soll. Ich konnte das von der Bank aus nicht sehen und will dazu auch gar nicht viel sagen“, wollte Kocadal gar kein Fass aufmachen, sondern versprühte kurz darauf wieder Hoffnung. Magnus Hartwig sammelte den „Rebound“ nach einem Pfostenschuss von Christopher Grünewald ein und staubte zum Anschluss ab – nur noch 1:2 (76.)!

"Haben komplett den Kopf verloren"

Osman Güraltunkeser (Mi.) bringt den Reinmüller zum Schweigen! Beim 2:0 veredelte er eine Vorarbeit von "Laufwunder" Alexander Koval. Foto: noveski.com

Aber: „Ich bin sehr enttäuscht, weil wir das, was uns eigentlich immer so sehr auf die Fahne geschrieben wird, dass wir gut organisiert, strukturiert und diszipliniert sind, komplett über den Haufen geworfen haben! Mit Nachspielzeit waren das locker zehn Minuten, die ich zu den schlechtesten in dieser Saison zählen müsste, weil wir einfach kopflos waren“, fand Kocadal deutliche Worte – und zeigte sinnbildliche Beispiele auf: „Die Vorgabe war, früh zu flanken, auf zweite Bälle zu gehen, Dribblings möglichst zu vermeiden, weil es sehr seifig, rutschig und leicht zu verteidigen ist. All das haben wir nicht umgesetzt, sondern komplett den Kopf verloren. Das war total unnötig, weil ein Unentschieden auf jeden Fall drin gewesen wäre.“

"Es sah ansehnlich aus - leider ohne Ertrag"

Der Anschluss: Magnus Hartwig (li.) staubt nach einem Grünewald-Pfostenschuss zum 1:2 ab. Foto: noveski.com

So aber musste er seiner Mannschaft, die zum ersten Mal seit 392 Tagen (!) ein Heimspiel verlor, attestieren: „Sie hat alles gegeben. Aber im Endeffekt hat die Mannschaft, die mehr individuelle Qualität im Abschluss hatte und auch die Tugenden, die heute nötig waren, um dieses Spiel zu gewinnen, besser an den Tag gelegt hat, heute gewonnen. Ich finde, dass wir gar kein so schlechtes Spiel dafür gesehen haben, dass der Platz so schlecht war. Phasenweise hat man auch gesehen, dass in beiden Teams richtig Qualität steckt. Ich finde, dass wir es teilweise ein bisschen besser gemacht haben. Es sah ansehnlicher aus – aber leider ohne Ertrag. Das ist das, was sich jetzt seit Wochen so durchzieht.“

"Hatte den Eindruck, dass HEBC nicht mehr ganz so viel Power hatte"

Mit seinem Traumtor zum 3:1 ließ er die Hoffnungen des HEBC endgültig verstummen und beendete die Heimserie der Lila-Weißen: Doppeltorschütze Osman Güraltunkeser. Foto: noveski.com

Währenddessen bilanzierte ein freudestrahlender Arlt: „HEBC hatte mehr Ballbesitz und hat auch versucht, trotz der Platzverhältnisse guten Fußball zu spielen. Wir haben uns heute für ein anderes Modell entschieden – und das hat funktioniert. Die sind uns heute auf den Leim gegangen. Das muss man so sagen“, hatte der Süderelbe-Trainer gut lachen. „Sie mussten auch in der ersten Halbzeit schon relativ viel laufen, was ebenfalls Teil unseres Plans war, weil dann vielleicht irgendwann auch eine gewisse Ermüdung eintritt. Und ich hatte den Eindruck, dass HEBC nicht mehr ganz so viel Power auf der Platte hatte – und dann hast du auch nicht mehr so die Kraft in den Beinen, die Bälle lang reinzuspielen.“

Arlts abschließendes Resümee: „Am Ende des Tages hat es auf so einem Platz auch viel mit Glück zu tun. Aber wir haben auch mit unserer Taktik einen Teil dazu beigetragen, dass das Pendel auf unsere Seite ausgeschlagen ist.“

Autor: Dennis Kormanjos

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