Mit neuer Taktik zu einem erfolgreichen Aufgalopp!

Regionalligist Norderstedt bezwingt Oberligist Condor

09. Juli 2016, 00:03 Uhr

Condor-Coach Christian Woike (r.) gibt seinen Jungs auf dem Kunstrasenplatz neben dem Stadion der Eintracht taktische Anweisungen.

Er hatte es bereits angekündigt und im ersten Testspiel vor der neuen Regionalliga-Saison auch gleich Wort gehalten: Die Rede ist von Thomas Seeligers Idee, seine Eintracht aus Norderstedt taktisch noch flexibler und variabler aufzustellen. Gegen Oberligist SC Condor ließ der Übungsleiter seine Schützlinge erstmalig hinten mit einer Dreierkette agieren. Dane Kummerfeld, Marin Mandic und Juri Marxen sorgten im ersten Spielabschnitt für diese „Neuerung“, die Seeliger im Anschluss daran wie folgt aufnahm: „Wir haben nicht viel zugelassen, aber man kann eben auch nicht erwarten, wenn man es drei-, viermal trainiert hat, dass es dann schon perfekt funktioniert. Man hat schon gesehen, dass in Ballbesitz nicht gut nachgerückt wurde, weil die Lücken zu groß waren. Aber das sind Dinge, die sind einfach zu beheben.“

Nach kurzer Abtastphase übernahm die Eintracht das Kommando, ließ den Ball durch die eigenen Reihen laufen und setzte den Oberliga-Siebten der Vorsaison gehörig unter Druck. Vor allem Deran Toksöz konnte fast nach Belieben schalten und walten – wurde vom Condor-„Dreigestirn“ Till Daudert, Gökhan Iscan und Raffael Kamalow im Mittelfeld-Zentrum mit zu vielen Freiheiten ausgestattet. Die Gäste aus Farmsen mussten bereits nach 17 Minuten den ersten Rückschlag hinnehmen – zwar nicht in Form eines Gegentores, dafür aber den Verlust eines Spielers: Innenverteidiger Max Anders musste nach einem Luftduell mit arg demolierter Nase vorzeitig vom Platz und ins Krankenhaus. Von dieser Stelle bleibt dem „Abwerhünen“ nur zu wünschen, dass er schon bald wieder auf den Platz zurückkehrt! Das erste spielerische Highlight ließ bis zur 24. Minute auf sich warten, als die Eintracht mal schnell spielte und prompt zur Führung traf: Neuzugang Felix Drinkuth (kam von Eintracht Braunschweig II), der einen starken Eindruck hinterließ, setzte sich auf links durch und passte in den Rücken der Abwehr, wo am linken Strafraumeck Ermir Zekjiri wartete und das Leder per Direktabnahme aus 15 Metern in den linken Giebel schweißte! Ein toller Treffer des Regionalligisten, der in der Folge dem 2:0 näher war.

Stattdessen kamen die Mannen von Chefcoach Christian Woike kurz vor der Pause zum überraschenden Ausgleich, als Kevin Mellmann einen Freistoß aus dem linken Halbfeld mit unwahrscheinlich viel Schnitt und Effet in den Norderstedter Sechzehner brachte. Dort hatte kein Verteidiger Condors Defensivmann Lars Lüdemann auf dem Zettel, der das Leder herrlich über den Kopf in die Maschen gleiten ließ – 1:1 (41.)! Und beinahe hätte der Gast das Spielgeschehen komplett auf den Kopf gestellt. Denn in der Schlussminute des ersten Durchgangs war es Julian Künkel, der von Mellmanns Diagonalball auf halblinks frei gespielt wurde. Der ehemalige Buchholzer hatte nur noch Johannes Höcker vor sich – doch der blieb Sieger (45.).

Nach dem Wechsel setzte Seeliger auf Altbewährtes und kehrte zur gewohnten Viererkette zurück, die von links Steven Lindener, Jan-Philipp Rose, Marin Mandic und Marcus Coffie bildeten. Doch die Chancen hatten zunächst die „Raubvögel“ - und zwar ein ums andere Mal nach Standardsituationen. Zunächst musste Höcker eingreifen, als SCC-Zugang Jannick Martens (neu vom SV Henstedt-Ulzburg) einen Iscan-Eckball per Kopf auf Kamalow weiterleitete, der den Eintracht-Schlussmann daraufhin mit der Fußspitze zu einem starken Reflex zwang (52.). Die Gefahr war allerdings noch nicht gebannt: Der vom FC Türkiye an den Berner Heerweg gewechselte Iscan sorgte mit seinem Schlenzer für eine erneute Höcker-Reaktion. Den nachfolgenden Krohn-Eckball konnte Isaak Hoeling nicht entscheidend aufs Tor köpfen. Wie man es acht, zeigte kurz darauf der abgebrühte Viertligist, als Jan Lüneburg auf halblinks Drinkuth bediente und dieser ganz trocken ins lange Eck einschoss – 2:1 (54.)! Nach einer dicken Martens-Möglichkeit, der an einer Künkel-Hereingabe nur hauchzart vorbei rutschte (60.), passierte lange Zeit nichts. Erst vier Zeigerumdrehungen vor Ultimo zwang Condors Mellmann mit einem strammen Schuss aus halbrechter Position Höcker zu einer Glanztat, ehe der ebenfalls in die Partie gekommene Björn Nadler mit einer feinen Einzelleistung und technisch versiertem Außenristschuss von der rechten Strafraumgrenze flach ins lange Toreck den Deckel zum 3:1-Endstand drauf machte (90. +1)!

„Ich finde, dass man solch ein Spiel nicht an der Zufriedenheit festmachen kann, sondern es war nach einer harten und intensiven Woche vielmehr eine Trainingseinheit. Trotzdem war es ein guter Gegner, der uns auch viel abverlangt, guten Fußball gespielt hat und zur Sache gegangen ist. In der augenblicklichen Phase kannst du noch nicht den Fußball erwarten, den du dir vielleicht wünschst. Manchmal müssen wir noch ein bisschen mehr Ruhe im Spiel haben, nicht diesen Druck und Zwang, unbedingt nach vorne spielen zu müssen“, bilanzierte Seeliger. Sein Gegenüber gab zu Protokoll: „Erstmal war es ein sehr, sehr guter Test – vor allem, um mal im Minus zu denken und die Dinge zu sehen und aufzuzeigen, die nicht geklappt haben“, erklärte Woike und präzisierte: „Inzwischen haben wir schon fünf Spiele hinter uns, unterklassige Gegner zweimal sehr hoch geschlagen und gegen 'Klassengleiche' einmal gewonnen und einmal Unentschieden gespielt. In diesen Begegnungen hat schon relativ viel geklappt, deshalb war es ganz gut, heute mal im Minus zu denken. Trotz allem war es eine gute Vorstellung, was mir der Kollege eben auch bestätigt hat. Dennoch bin ich nicht zufrieden, weil wir verloren haben. Allerdings muss man das aktuelle Trainingsstadium dabei berücksichtigen. Wir haben in den letzten vier Tagen fünf Testspiele absolviert und am Mittwoch nochmal ein sehr intensives Training gehabt. Von daher ist es heute, so wie es ist, leider okay. Aber verlieren ist nicht so ganz meine Stärke.“