„Party-Crasher“ Pallasch: SVA muss weiter auf den Ligaverbleib warten

Auch Lohbrügge nach 1:1 noch nicht ganz gerettet

06. Mai 2017, 19:42 Uhr

Rettete Lohbrügge das Remis: Robert Pallasch, der nach 80 Minuten zum 1:1 traf. Archivfoto: noveski.com

Die Planungen des SV Altengamme waren ganz einfach: Drei Punkte wollten die Kicker vom Gammer Weg in ihrem Gastspiel beim VfL Lohbrügge einfahren, um – wie man auf der eigenen Facebook-Seite verkündete – sich für ein weiteres Jahr ein Landesliga-Ticket zu sichern. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Bis in die 80. Minute sahen die Gäste wie der sichere Sieger aus und hätten so tatsächlich den Klassenerhalt rein rechnerisch unter Dach und Fach gebracht, doch dann wurde einer zum „Party-Crasher“, bei dem zuletzt alles andere als Fußball angesagt war...

Robert Pallasch stürmte auf die Seitenlinie zu, breitete die Arme aus und fiel seinen Teamkollegen in die Arme, die draußen standen und einige Sekunden bevor ihr MItspieler bei ihnen auftauchte, noch auf der Bank gesessen hatten. Dort aber hielt es sie nun nicht mehr. Warum auch? Es gab schließlich etwas zu feiern: Robert Pallasch und sein Tor. Javad Gurbanian hatte in jener 80. Minute auf dem Kunstrasen am Binnenfeldredder einen Eckball für den VfL Lohbrügge in den Strafraum des SV Altengamme geschlagen. Die Defensive der Gäste vernachlässigte den am zweiten Pfosten stehenden Jonas Holz, der die Kugel per Kopf wieder ins Zentrum vors Tor beförderte. Dort stand Pallasch. Lohbrügges Blondschopf wurde zwar noch bedrängt, er ließ es sich aber trotzdem nicht nehmen, das Spielgerät über die Linie zu drücken. Damit hatte er soeben zehn Minuten vor dem Abpfiff das 1:1 erzielt, das letztlich auch der Endstand sein sollte.

Ein Torschütze, der vier Wochen lang nicht trainieren konnte

VfL-Trainer Sven Schneppel war mit dem Auftritt seiner Mannschaft nur in der zweiten Halbzeit zufrieden. Archivfoto: noveski.com

Etwas mehr als eine halbe Stunde zuvor hatte Pallasch an der Stelle gestanden, zu der er nach seinem Tor eilte. Der Stürmer sollte nach dem Seitenwechsel in die Partie kommen. Doch bevor es soweit war, schnappte sich Yusuf Ay, Lohbrügges Co-Trainer, den 21-Jährigen noch einmal, umarmte ihn und redete kurz auf Pallasch ein. Offenbar hatte Ay die richtigen Worte gefunden und den Angreifer noch einmal richtig heiß gemacht. „Robert hat vier Wochen lang wegen einer Bänderdehnung nicht gespielt. Er hat nicht ein einziges Mal trainiert“, verriet VfL-Coach, warum die Freude bei Pallasch und der Bankbesetzung der Platzherren nach dem Ausgleichstreffer noch ein paar Prozent größer war, „ich hatte ihm unter der Woche gesagt, er solle zum Physiotherapeuten gehen, sich vorm Spiel tapen lassen und eine Schmerztablette nehmen. Es war klar abgesprochen: Wenn wir ihn in der zweiten Halbzeit brauchen, dann schmeiße ich ihn rein.“

Und der VfL brauchte Pallasch. Weil die Equipe vom Binnenfeldredder in der ersten Halbzeit mit dem SV Altengamme selten bis nie wirklich zurecht kam. „Vor der Pause war Altengamme die klar bessere Mannschaft. Die haben das Spiel und die Situation viel mehr angenommen als wir. Sie haben viele zweite Bälle gewonnen, uns unter Druck gesetzt und nicht spielen lassen. Das haben sie gut gemacht“, bilanzierte Schneppel nach dem Spiel, „da muss ich den Jungs schon den Vorwurf machen, dass sie komplett nicht das richtig umgesetzt haben, was wir wollten. Wir hätten viel mehr diagonale Bälle hinter die Abwehr spielen müssen. Selbst dann, wenn die nicht angekommen wären, hätten wir zweite Bälle im torgefährlichen Raum gehabt. Ich habe Altengamme sehr gut gesehen und uns nicht.“ Oder wie es Schneppels Gegenüber Daniel Andrade-Granados nach der Begegnung formulierte: „Ich fand uns sehr dominant. Nach der ersten Halbzeit haben sich alle nur gefragt, wie hoch wir hier gewinnen.“

Andrade-Granados: „Das Ergebnis ist sehr enttäuschend, aber leistungsgerecht“

Daniel Andrade-Granados' Schützlinge gaben das Spiel im zweiten Durchgang aus der Hand. Archivfoto: noveski.com

Arbeiten wir also das Geschehen der ersten 45 Minuten zunächst einmal auf: Erst vergab Timo Schwenke für den VfL im Anschluss an eine Flanke von Agit Aydin (9.), dann parierte SVA-Schlussmann Matthias Schwartz einen Nachschuss von Javad Gurbanian, nachdem dieser zuvor einen Freistoß in die Mauer gesetzt hatte (14.). Altengamme machte es besser und kam mit der ersten richtig guten Gelegenheit direkt zum Erfolg: Patrick Bierwagen köpfte einen lang nach vorne geschlagenen Ball in die zweite Reihe zurück, wo Philipp Ahrens abzog und Björn Garvs im VfL-Tor bezwang (22.). Aydin hätte, nachdem er sich gleich gegen drei Widersacher behauptete, ausgleichen können (33.). Gleiches galt für Pascal Bäker, der nach 42 Minuten an Schwartz scheiterte. Altengamme allerdings hätte auch auf 2:0 erhöhen können. Doch weder Kevin Herzberg (38., daneben) noch Ahrens, der nach Hajo Kückens Kopfballvorlage das lange Eck verfehlte (43.) hatten genügend Glück im Abschluss.

Und die Gäste machten nach Wiederbeginn genau dort weiter: Kevin Herzbergs flache Hereingabe wurde mehr zum Torschuss als zur Flanke, doch nachdem der Ball parallel zur Torlinie lief, fand sich in der Mitte kein Abnehmer. „In der zweiten Halbzeit haben wir in den ersten 15 Minuten Glück, dass das Spiel nicht gegen uns entschieden wird“, befand auch Sven Schneppel im Anschluss an die Partie, stellte aber auch fest: „Danach waren wir am Drücker und hatten eine Vielzahl an Chancen.“ Richtig! Los ging's mit Pallaschs Kopfball nach einer Ecke von Gurbanian (54.), dann folgte ein Lattenkopfball von Bäker nach einem Gurbanian-Freistoß (73.) – um nur die zwingendesten Aktionen zu nennen. Noch vor dem 1:1 aber hätte Ahrens mit seinem zweiten Treffer das Match auch zugunsten des SVA entscheiden können, vergab jedoch ebenso wie später Jonas Buck (89., per Kopf). Aber auch der VfL schaffte es kein zweites Mal, den Ball im Tor unterzubringen: Gurbanians Freistoß in der 83. Minute machte Schwartz unschädlich.

Schneppel: „Wir haben uns für den Kampf belohnt. In der Summe ist der Punkt verdient“

SVA-Torhüter Matthias Schwartz entschärfte in der Schlussphase einen Freistoß von Lohbrügges Javad Gurbanian. Archivfoto: noveski.com

Letztlich habe sich der VfL, so Coach Schnepel „für den Kampf belohnt. In der Summe ist der Punkt verdient. Für die zweite Halbzeit kann ich den Jungs keinen Vorwurf machen. Sie haben sich reingeworfen“, sagte Schneppel, „beide Mannschaften sind insgesamt über den Kampf gekommen und wollten den Gegner nicht ins Spiel kommen lassen. Ich bin mit der Ausbeute zufrieden. Wenn der eine Punkt am Ende für beide Seiten ganz wichtig ist, damit sowohl wir als auch Altengamme den Klassenerhalt schaffen, dann können wir beide mit dem Unentschieden von heute gut leben, denke ich.“ Daniel Andrade-Granados konstatierte nach dem Abpfiff: „Aufgrund der zweiten Hälfte ist das für uns ein sehr enttäuschendes Ergebnis. Aber es ist leistungsgerecht. Wir haben es in der zweiten Halbzeit nicht erzwungen, zu gewinnen und haben es am Ende des Tages dann auch nicht verdient.“

„Natürlich“, so der SVA-Coach weiter, „war es unser Ziel, den zweiten Durchgang so fortzusetzen, wie den ersten. Das ist uns nur leider nicht gelungen. Und das ist bitter, weil wir auf einem sehr guten Weg waren.“ So also muss der SVA ebenso wie der VfL weiter warten, bis der Ligaverbleib (Andrade-Granados: „Unser Klassenerhalt ist erst zu 50 Prozent sicher“) definitiv feststeht und die große Party für das gelöste „Noch-Ein-Jahr-Landesliga-Ticket“ der Altengammer fiel aus. Daniel Andrade-Granados konnte sich also, gerade von einem beruflichen USA-Aufenthalt zurückgekehrt, für den Rest des Tages eine Mütze Schlaf gönnen. Auch, wenn er sicher nichts gegen die Option gehabt hätte, noch ein bisschen länger wach zu sein und das eine oder andere Feier-Bier mit seinen Schützlingen zu genießen...

Jan Knötzsch