Regionalliga Nord

Trotz Führung, 50-minütiger Überzahl und Lobhudelei: ETV kassiert bitteren Last-Minute-Knockout!

12. April 2024, 21:06 Uhr

"Joker" Felix Schmiederer (li.) bejubelt seinen Last-Minute-Treffer - während Jephtah Asare (re.) konsterniert dreinblickt. Foto: noveski.com

Gut gelaunt, gelöst, mit lautstarker Musik – und ohne den großen Druck in den Augen betraten Spieler und Verantwortliche des Eimsbütteler TV das Kehdinger Stadion (alle Highlights im LIVE-Ticker). Doch das erste kleinere Problem folgte schnell: Das Toilettenpapier in der Kabine war alle. Brigitte Borgwardt, gute Fee des ETV und „Mutter für alles“, erkundigte sich bei den Offiziellen der SV Drochtersen/Assel nach Nachschub. Der flapsige und mit einem Augenzwinkern gemeinte Konter: „Habt ihr vor dem Spiel schon die Hosen voll?“ Angesichts von 13 (!) ungeschlagenen Spielen in Folge strotzte Drochtersen nur so vor Selbstvertrauen – und wollte die eindrucksvolle Serie auch gegen den zuletzt bei Top-Team Phönix Lübeck mit 2:1 siegreichen Gast aus Eimsbüttel fortsetzen.

Referee Jannik Schneider (Mi.) zeigt Liam Giwah die doch sehr harte Rote Karte nach einem vermeintlichen Foul an Maurice Boakye (re.). Foto: noveski.com

Den Respekt auf dem Platz legte der ETV aber schnell ab. Ganz schnell sogar. Der Drittletzte bot dem Tabellenfünften ordentlich Paroli, spielte mutig mit – und hatte nach 45 gespielten Minuten nicht nur den Lohn in Form der Führung, sondern auch den vermeintlichen Vorteil, die komplette zweite Halbzeit in Überzahl agieren zu können. Ein wuchtiger und entschlossener Kopfball von Malik Yago und ein sensationeller sowie perfekt getimter Pass über die Kette von Noel Denis brachten Maurice Boakye in Aktion. Der mit einem gebrochenen Handgelenk gehandicapt ins Spiel gegangene Top-Torjäger der Eimsbütteler war auf und davon, ehe er im Duell mit dem ihm nacheilenden Liam Giwah zu Fall kam. Rot für den D/A-Verteidiger und Elfmeter für den ETV!

Eimsbütteler "Geburtstagskind" trifft

Den fälligen Strafstoß verwandelte Dominik Akyol (Mi.) sehr platziert und sicher zur Eimsbütteler Führung kurz vor der Pause. Foto: noveski.com

„Geburtstagskind“ Dominik Akyol übernahm an seinem 24. Ehrentag die Verantwortung und verwandelte ganz trocken ins linke untere Toreck (42.)! Drochtersen-Schlussmann Patrick Siefkes ahnte zwar die Ecke, war gegen den platziert getretenen Strafstoß aber machtlos – 0:1. Die „Struckmänner“ krönten damit ihre Leistung im ersten Abschnitt. Bis auf einen Freistoß von Miguel Fernandes, den der einmal mehr sichere Rückhalt Abou Fofana über die Latte lenkte (8.), und eine Top-Chance von Moritz Göttel, der freistehend von halblinks recht deutlich am kurzen Eck vorbeizielte (33.), ließ man die enorm formstarken Hausherren kaum zur Entfaltung kommen. 

Vielmehr hätte Denis nach einem Zuckerpass von Henok Tewolde bereits nach 27 Zeigerumdrehungen mit etwas mehr Fortune treffen können, wurde aber von Drochtersens nimmermüden Nico von der Reith im letzten Moment geblockt (27.).

Boakye verpasst das 2:0: Die "Strafe" folgt auf dem Fuße

Der Ausgleich: Völlig freistehend trifft Moritz Göttel (re.) den Innenschenkel von ETV-Keeper Fofana. Foto: noveski.com

Der zweite Durchgang war noch keine fünf Minuten alt, als Boakye nach einem durchrutschenden Pass von Yago den „Hundertprozenter“ zum 2:0 auf dem Fuß hatte, aber den mitgelaufenen Henry Koeberer übersah und am kurzen Eck vorbeischoss – Außennetz. Anstatt einer vermeintlichen Vorentscheidung wurde der Druck der nur noch zu zehnt agierenden „Drosseln“ immer größer. Dennis Rosin verpasste per Kopf noch den Ausgleich (62.), initiierte aber wenig später dann doch das 1:1, als er zu einem Solo ansetzte, auf rechts den kurz zuvor eingewechselten Matti Cebulla sah und Moritz Göttel dessen unheimlich scharfe Hereingabe unbedrängt vollstreckte (66.)!

Bär scheitert am Pfosten - und dann kommt die Schlussminute...

Zentimeter fehlten zum 2:1 für den ETV! Niklas Bär (li.) wackelte Tjorve Mohr aus, traf aber nur den Pfosten. Foto: noveski.com

So sehr sich der Ausgleichstreffer in eben jener Phase auch anbahnte, so sehr fing sich der ETV danach wieder – und hatte nach der großen Gelegenheit zum 2:0 auch die dicke Möglichkeit zum 2:1: Emre Töremis brachte mit einem herausragenden Pass auf halblinks Niklas Bär ins Spiel. Der Joker bat Tjorve Mohr im Sechzehner zum Tänzchen, beförderte das Spielgerät aber aus zehn Metern an den linken Pfosten (83.)! Es wirkte so, als wollte der Drittletzte – wohlgemerkt in numerischer Überzahl – mehr. Stattdessen kam das böse Erwachen. 

Jeptah Asare verlor den Ball nach einem Einwurf am gegnerischen Sechzehner – und dann ging es ganz schnell, weil Rosin die Situation geistesgegenwärtig erhaschte und mit seinem Zuspiel für Willi Reincke den Überzahl-Gegenstoß einleitete. Letzterer legte für den ebenfalls in die Partie gekommenen Felix Schmiederer quer – und der sorgte freistehend für Ekstase auf den Rängen (90.)!

"Man muss dem Gegner, der uns maximal gefordert hat, Respekt zollen"

In der Schlussminute wurde der ETV nach einem Einwurf am gegnerischen Strafraum gnadenlos ausgekontert: Felix Schmiederer netzt zum 2:1-Heimsieg in Unterzahl. Foto: noveski.com

Zwar warf der ETV noch einmal alles in die Waagschale und Nick Leptien scheiterte nur knapp aus der zweiten Reihe (90. +5) – doch schlussendlich machte Trainer Jonas Struckmann aus seiner „maximalen Enttäuschung“ keinen Hehl. Obwohl Drochtersen-Assel zum sage und schreibe dritten Mal in der Rückrunde während der ersten Halbzeit einen Platzverweis bekam und sämtliche drei Partien am Ende noch siegreich gestalten konnte, verhallten auch die anerkennenden Worte in Richtung der Eimsbütteler komplett. Co-Trainer Lars Jagemann, der den krankheitsbedingt fehlenden Chefcoach Oliver Ioannou vertrat, meinte: „Man muss dem Gegner, der uns maximal gefordert hat, Respekt zollen.“ Und auch Abwehrkante Tjorve Mohr lobte den ETV: „Ein sehr guter Gegner, der auf jeden Fall besser ist als deren Tabellenplatz.“ Letztlich konnte man sich davon aber nichts kaufen…

Die komplette "Pressekonferenz" im Video:

Autor: Dennis Kormanjos

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