7:0? Mitnichten! - Juventude sendet Lebenszeichen

Rahlstedt mit einer "von Eins bis Elf ganz schlechten Defensivleistung"

10. März 2018, 00:06 Uhr

Carlos Rodrigues Padinha (Nr. 15) wird bei seiner Auswechslung vom Trainer Jens Perez zu einer starken Leistung beglückwünscht.

„7:0!“, schrie Carlos Rodrigues Padinha zwei-, dreimal nach dem Schlusspfiff in Richtung des Rahlstedter Clubhauses. Der Grund: Auf der Stehtraverse davor gab der Stadionsprecher des Hansa-Landesligisten vor dem Aufeinandertreffen seinen Tipp für die Partie des RSC gegen den abstiegsgefährdeten Liga-Neuling Juventude do Minho zum besten - und das lautstark per Mikrofon: „Ich tippe auf ein 7:0!“, legte er sich sehr weit aus dem Fenster und sorgte bei den Gästen für die richtige Motivationsspritze. Am Ende gab es zwar tatsächlich sieben Treffer an der Scharbeutzer Straße zu bestaunen - allerdings in einer komplett anderen Torfolge…

„Ich habe ihn gerade erst zum neuen Kapitän ernannt“, verriet Juve-Coach Jens Perez - und meinte damit Carlos Rodrigues Padinha, der die Nachfolge von Max Leinung (wechselte im Winter zu Hamm United) antritt. „Er hat heute alles gegeben“, lobte Perez seinen Neu-Captain, der eine bärenstarke Leistung aufs Parkett legte. Ganz im Gegensatz zu den Hausherren, die in der Rückwärtsbewegung zum Teil abenteuerlich verteidigten. „Wenn du in einem Heimspiel gegen den Drittletzten vier Gegentore bekommst, geht das einfach nicht! Unfassbar, die Art und Weise, wie wir gegen den Ball verteidigt haben - und zwar von Eins bis Elf“, echauffierte sich Neucoach Marc Gruber, dessen Pflichtspielpremiere als neuer Rahlstedt-Coach gründlich in die Hose ging. „Offensiv war die Bereitschaft da, aber es gehört eben auch die Drecksarbeit dazu - egal gegen wen du spielst. Und das war heute nicht der Fall“, fügte ein verärgerter Gruber an.

Juve zaubert sich zum 2:2

Dass mit Juventude in den verbleibenden Spielen noch zu rechnen sein wird, stellten die Mannen vom Perlstich von Anfang an eindrucksvoll unter Beweis. Neuzugang Habib Zagre war es, der nach einem herrlichen Diagonalball und anschließender Flanke von Hamilton Alvarez Sanchez per Kopf die Juve-Führung markierte (21.)! Die abstiegbesdrohten Portugiesen ließen sich vom zwischenzeitlichen Ausgleich - Louis Mandel traf nach einem Foulspiel von Emrecan Tutak an Marco Theis (27.) vom Punkt - ebenso wenig aus der Bahn werfen wie vom darauffolgenden Rückstand, als Steve Theis nach Zuspiel seines Cousins Marco aus halblinker Position ins kurze Eck traf (38.). Noch vor der Pause brachten die Gäste einen traumhaften Angriff zum krönen Abschluss: Hamilton mit starkem Durchsetzungsvermögen, Vasco Zawada mit einem herrlichen Chip-Pass über die Kette auf den durchgestarteten Hamilton, dessen Lop am zweiten Pfosten von Carlos Rodrigues Padinha in die Maschen gejagt wurde - 2:2 (43.)!

Joker Taser verhindert Rückstand

Wie schlafmützig die Rahlstedter agierten, wurde unmittelbar nach Wiederanpfiff deutlich. Nach einem Foul des eingewechselten Can Düzel an Zawada führten die handlungsschnelleren Gäste den Freistoß im Zentrum schnell aus. Auf der rechten Seite hatte Rodrigues Padinha so unendlich viel Platz, dass er mit seinem 18-Meter-Schuss RSC-Fänger Patrick Timm ganz alt aussehen ließ (53.)! Zwar kamen die Gruber-Mannen wieder zurück - diesmal nach einer Stafette über S. Theis und Düzel, der den Ball ungewollt irgendwie zu Mert Kepceoglu bekam und dieser schloss eiskalt ab (61.). Doch Juventude verdiente sich den Sieg mit einer starken kämpferischen und phasenweise auch spielerisch überzeugenden Leistung - auch, weil Coach Perez mit der Hereinnahme von Cem Taser ein glückliches Händchen bewies. Der Außenverteidiger rettete auf der Linie für seinen bereits geschlagenen Torhüter Lukas Andresen, als er nach einem Heber von Yannick Hess mit einem herausragenden Tackling zur Stelle war (72.).

"Der Gegner hat uns vorgemacht, wie man verteidigen muss!"

Praktisch im Gegenzug war Alexander Fernandes hellwach, weil sich Rahlstedt nach einem Eckball erneut im Tiefschlaf befand und Zagre freistehend abschließen durfte. Keeper Timm konnte den Ball nicht festhalten und der Verteidiger staubte zum 4:3-Sieg ab (74.)! Den immens wichtigen Dreier hielt Andresen in der sechsten (!) Minute der Nachspielzeit gegen Kepceoglu fest. „Die Jungs haben richtig Gas gegeben. Ich bin übertrieben stolz! Freitagsspiele sind für uns immer eine Katastrophe, weil es unglaublich schwer ist, alle Mann zusammenzukriegen. Aber die Leistung war super. Dass wir jedes Mal zurückgekommen sind, ist einfach nur geil! Die Moral stimmt. Und wenn wir so weitermachen, freut mich das. Man sollte uns noch nicht abschreiben“, bilanzierte Perez. Während Gruber bekannte: „Der Gegner hat uns vorgemacht, wie man verteidigen muss. So muss man in ein Spiel gehen - und zwar ganz unabhängig vom Tabellenstand. Wenn der Gegner den Ball hatte, war das von unserer Seite komplett ohne Aggression. Das geht einfach nicht - no way! Das hat was mit Leidenschaft zu tun und da werden wir jetzt ansetzen. Denn: Gegen den Ball war das echt schlecht.“

Autor: Dennis Kormanjos