Bravo, BSV: Henning leitet Tor ein, Hannemann vermisst viele Attribute

Bramfeld düpiert Rahlstedt - Hausherren helfen kräftig mit

01. Dezember 2017, 23:57 Uhr

Jubel bei den Spielern des Bramfelder SV nach dem überraschend deutlichen Derbysieg beim Rahlstedter SC.

Seinem Team fehlte ein halbes Dutzend an Leistungsträgern – doch Dirk Hannemann wollte das in „keinster Weise als Ausrede“ für die dargebotene Leistung geltend machen. Vielmehr fand der Übungsleiter des Rahlstedter SC nach der 0:4-Derbyklatsche gegen den Bramfelder SV deutliche Worte: „Für mich ist es eher andersrum: Wenn ich die Chance bekomme, dann krempel ich meine Ärmel hoch, hol‘ meine Eier raus, reiß‘ mir den Arsch auf – und zeig verdammt nochmal, dass ich dieses Spiel gewinnen will! Das habe ich vermisst.“ Stattdessen zeigten die Gäste nach zuletzt äußerst dürftigen Auftritten mal wieder ihre „Eier“.

Der BSV bejubelt den Führungstreffer.

„Soll ich mit nach vorne gehen?“, fragte Robert Pietruschka seinen Trainer Carsten Henning gleich mehrfach, als der Bramfelder SV einen Freistoß in der gegnerischen Hälfte zugesprochen bekam. „Soll ich wirklich?“, war er sich nach dem ersten „Ja, geh mit rein“ noch immer nicht gänzlich sicher. Doch dann fügte sich der Innenverteidiger des BSV der Ansage seines Coaches, marschierte an den gegnerischen Sechzehner – und wenige Augenblicke später lag der Ball im Kasten von RSC-Fänger Patrick Krysiak. Schütze: Robert Pietruschka (44.)! Mit einem breiten Grinsen im Gesicht quittierte er seinen Torerfolg. Denn so richtig wusste er wohl selbst nicht, wie er das Runde ins Eckige „stolperte“. Niklas Remark köpfte den von Justin Sadownik getretenen Freistoß vom rechten Strafraumeck quer vors Tor. Dort schien die Gefahr bereits gebannt – allerdings leistete sich Alexander Hintz einen derart kapitalen Querschläger, dass Pietruschka gar nicht mehr anders konnte, als auf 3:0 für seine Farben zu erhöhen.

Rahlstedt legt sich die Eier selbst ins Nest - Bramfeld „bricht“ Rahlstedt

Mit dem 4:0 kurz nach Wiederanpfiff war der Drops endgültig gelutscht.

Schon die ersten beiden Gegentreffer leiteten die Hausherren durch individuelle Fehler selbst ein – wenngleich Bramfeld diese dankend annahm und auch aufgrund des Spielverlaufs in dieser Höhe verdient führte. Erst war es Keeper Krysiak, der mit seinem Abschlag ins Zentrum Sadownik ins Spiel brachte. Dieser bediente postwendend den rechts am Sechzehner freistehenden Milos Ljubisavljevic – und der vollendete formschön aus 18 Metern per Heber über den Schlussmann hinweg zum 1:0 für den BSV (26.)! Nur kurz darauf war es wiederum Hintz, der keine glückliche Figur abgab, als er Sadowniks Freistoß-Flanke aus dem linken Halbfeld in die eigenen Maschen verlängerte (32.), ehe Pietruschka den Pausenstand folgen ließ. „Die Spiele, die wir verloren haben – auch heute, wenn man sich mal die ersten drei Gegentore anguckt – sind durch individuelle Fehler verloren gegangen. Die Tore sind nicht gefallen, weil der Gegner diese so stark herausgespielt hat, sondern die sind gefallen, weil wir es durch einfachste Fehler zugelassen haben“, befand Hannemann. „Aber das passiert und so ist Fußball.“

Seine Mannschaft wirkte auch nach der Pause völlig verunsichert. Bramfeld ließ überhaupt keinen Zweifel daran aufkommen, wer der Herr im gegnerischen Haus ist und erspielte sich weitere Möglichkeiten. Und lange dauerte es nicht, bis es zum vierten Mal im RSC-Gehäuse klingelte. Ein Pass in die Schnittstelle, Ljubisavljevic legte quer – und Marko Sumic hatte keine Mühe mehr (52.)! „Das Vierte war für uns entscheidend. Damit haben wir sie endgültig gebrochen“, erkannte Henning, dessen Elf es in der Folge noch gnädig mit den Gastgebern hielt. Kurz vor Schluss holte sich der ohnehin schon angeschlagene Dominik Moss nach einem Foul an Christopher Hoff zu allem Überfluss auch noch den gelb-roten Karton vom sehr kleinlich pfeifenden und bei seiner Kartenvergabe nicht immer glücklich wirkenden Max Beyer ab und vergrößerte damit die Defensivsorgen seiner Equipe (82.). Denn mit Nassif Dowou (Gelb-Rot-Sperre) und Bastian Warning (verletzt) fehlten im Abwehrzentrum bereits zwei Stammkräfte. „Ja, es ist gravierend und man sieht es auch an der Trainingswoche. Am Dienstag hatten wir acht Feldspieler da. Es ist absolut schwer, weil man häufig nicht so trainieren kann, wie man möchte, um das im Spiel umzusetzen. Aber wir sind nicht die einzigen, die so eine Situation haben. Wir haben trotzdem genug Qualität im Kader und wenn man sich die erste Elf mal anschaut, dann sind da Spieler, die auch sonst in der ersten Elf stehen. Deshalb lass ich das nicht als Ausrede gelten“, so Hannemann ganz offen und ehrlich.

„Das war heute gar nix!“

Gute Laune herrschte nach Spielende bei den Bramfelder Gästen.

BSV-Coach Henning durfte sich hingegen über einen sehr souveränen und spielfreudigen Auftritt seiner Schützlinge freuen: „Das war es in der Tat, weil wir im Training unter der Woche auch so aufgetreten sind und das aufs Spiel übertragen wollten. Das haben wir von der ersten bis zur letzten Minute gut gemacht. Es war eine super Mannschaftsleistung mit ein paar herausragenden Spielern – aber die Stürmer sind nun mal da, um Tore zu schießen. Durch die vielen Fehler in der Vorwärtsbewegung von Rahlstedt hatten wir die Räume nach vorne und haben diese gut ausgenutzt. Zudem ist es uns gelungen, genau im richtigen Moment die Tore zu machen“, resümierte er. „Heute haben sich die Jungs endlich mal für ihre Trainingsleistung belohnt“, fügte er an. Nichtsdestotrotz scheint der Zug nach ganz oben abgefahren zu sein, was Henning bestätigt. „Das hat sich erledigt und versteht sich von selbst. Dafür haben wir zu viele Spiele in den letzten vier Wochen hergeschenkt. Wir wollen den heutigen Moment genießen, nächste Woche einen guten Jahresabschluss haben und dann schauen wir, was die Rückrunde so bringt.“

Derweil brachte Dirk Hannemann das, was seine Mannen aufs Parkett brachten, mit seinen ersten Worten nach dem Abpfiff auf den Punkt: „Das war heute einfach gar nix!“ Schließlich führte er aus: „Wir haben uns so viel vorgenommen, die Jungs waren bis in die Haarspitzen motiviert. Aber dieses Spiel hat all das gezeigt, was uns die letzten Wochen so ein bisschen den Knockout gegeben hat: Wir sind eine junge Truppe, der in gewissen Situationen die Cleverness und die Abgezocktheit fehlt. Die komplette Mannschaft hat unter ihren Möglichkeiten gespielt. Deshalb bin ich froh, dass die Winterpause vor der Tür steht.“

Autor: Dennis Kormanjos