Hacke, Spitze, eins, zwei, Fedai – auch Varela ist mega!

Bramfeld erst nach 75 Minuten wach - Ärger über Nachspielzeit und nach Schlusspfiff

13. Oktober 2017, 23:19 Uhr

Andrej Blum (2. v. li.) stand dieses Mal nicht im Mittelpunkt - dafür aber Teamkollege Martin Fedai (li.), der gegen seine Ex-Teamkollegen den Führungstreffer erzielte. Foto: Mathias Merk

Erst versuchte Milos Ljubisavljevic seine Mitstreiter wachzurütteln: „Ey Jungs, wacht mal auf! Was ist los?!“, fragte er sich und seine Teamkollegen kurz vor der Halbzeit. Dann erkannte Marko Sumic unmittelbar nach Wiederbeginn: „Wir haben überhaupt keine Körpersprache!“ Und auch wir fragten uns, wo war der Bramfelder SV in den ersten 75 Minuten? „Das weiß ich auch nicht so richtig“, suchte selbst Neucoach Carsten Henning nach Ende des Spitzenspiels gegen den Meiendorfer SV noch nach einer Erklärung. „Wir haben klare Ansagen getroffen, wie wir spielen wollen – aber das haben wir erst nach dem 0:3 gezeigt.“

In den letzten sechs Spielen traf Meiendorf-Bomber Andrej Blum jeweils ins Schwarze – und das insgesamt gleich 13 Mal. Im Spitzenspiel gegen den Bramfelder SV blieb Blum torlos – doch die Mannen von der B75 demonstrierten eindrucksvoll, dass sie auch ohne die Tore ihres Goalgetters überaus erfolgreich sein können. „Wir wissen, dass wir viel Qualität im Kader haben. Und wenn sich der Gegner sehr stark auf Andrej konzentriert, sind halt andere erfolgreich“, jubelte Co-Trainer Tobias Sävke hinterher – und das völlig zu Recht. Einer, der am heutigen Abend für Blum in die Bresche sprang: Martin Fedai. In der Vorsaison noch an der Ellernreihe zu Hause und im Sommer nicht gerade im Frieden gegangen, gelang dem Mittelfeldspieler nun an alter Wirkungsstätte der so wichtige Führungstreffer. Einerseits, weil Andrej Blum auf dem linken Flügel keinerlei Gegenwehr spürte, und andererseits, weil Fedai nach dessen Flanke zentral vor dem Tor ebenso viel Zeit, Platz und Raum hatte. Aus elf Metern schlenzte der Ex-Bramfelder den Ball ins linke Toreck – BSV-Keeper Steven Pagenkop blieb wie angewurzelt stehen (18.)!

Nach verletzungsbedingten Wechseln: Meiendorf schwimmt

Glänzte als Doppelpacker: Leonel Varela Monteiro. Foto: Mathias Merk

Spieler Nummer zwei, der in die Blum-Rolle schlüpfte: Leonel Varela Monteiro. In der 28. Minute lieferte er sich erst ein verbales Scharmützel mit Milos Ljubisavljevic, dann mit Lennard Bahn. Keine 60 Sekunden darauf war Lawrence Schön auf dem rechten Flügel kaum zu bremsen und passte scharf auf den ersten Pfosten, wo Varela Monteiro einlief und mit der Hacke ins kurze Eck veredelte (29.)! Anschließend schrie er seine Freude dem einen Schritt zu spät gekommenen Lennard Bahn regelrecht ins Gesicht. Nun war Zunder drin! Der ehemalige Oststeinbeker, Billstedter und HUFC-Akteur hatte aber noch nicht genug. Eine gute Stunde war vorüber, als der MSV das vermeintlich vorentscheidende und zu diesem Zeitpunkt hochverdiente dritte Tor markierte. Diesmal pennte die komplette Bramfelder Hintermannschaft nach einem Eckball von Marcin Hercog. Fedai verlängerte mit der Fußspitze und Varela Monteiro durfte völlig ungehindert und mutterseelenallein stehend einschieben (60.)! Die Hausherren schauten nur zu und waren viel zu passiv. Im Gegensatz zum MSV, der nun sogar mit einem Auge nach Rahlstedt schaute, wo der Tabellenzweite gegen Lohbrügge im Hintertreffen lag. Dies führte zu unverkennbaren und freudestrahlenden Gesichtszügen bei den Offiziellen. Zurück zum Spiel: „Bis dahin war es wirklich gut“, freute sich auch Trainer Baris Saglam. Doch dann passierte etwas, was zu diesem Zeitpunkt kaum einer mehr für möglich hielt. Zu überlegen, zu dominant waren die Gelb-Schwarzen bis dato.

Erst musste Saglam Abwehrchef Marcel Hoffmann verletzungsbedingt vom Platz nehmen, dann Lucas Hallmann, der im ersten Abschnitt – bereits gelbverwarnt – mit einer völlig unnötigen und überflüssigen Schwalbe auffiel. Und plötzlich war ein unübersehbarer Bruch im Spiel der Gäste. Der für Hoffmann eingewechselte Domagoj Bozic musste in der Innenverteidigung aushelfen und machte dabei keine glückliche Figur. Zunächst ermöglichte er den bis hierher gänzlich harmlosen Bramfeldern die allererste echte Torchance, als er eine Flanke von Robin Polzin beim Klärungsversuch um ein Haar ins eigene Netz beförderte – der Ball klatschte an die Latte (69.). Dann wollte Bozic nach einem Steilpass von Justin Sadownik vor Polzin retten, spitzelte die Kugel dabei aber unglücklich zu Ljubisavljevic, der ins verwaiste Tor einschob – nur noch 1:3 (77.)! „Danach schwimmen wir und haben kein kontrolliertes Spiel mehr“, befand Saglam. Aus dem Nichts war die Henning-Elf zurück im Geschehen – und keine zwei Zeigerumdrehungen darauf sogar wieder mittendrin: MSV-Keeper Briant Alberti patzte bei einem Sadownik-Freistoß, ließ den Ball fallen und Lennard Bahn setzte erfolgreich nach (79.)!

"Die zwei Minuten Nachspielzeit waren natürlich sehr, sehr dürftig!"

Die Fans des MSV feuerten ihr Team schon vor dem Spiel mit schwarz-gelbem Konfetti an - und feierten damit auch den Sieg. Foto: Mathias Merk

In der Schlussphase zeigten die Schwarz-Weißen auf einmal das, was man zuvor vermissen ließ. „So wollten wir von Anfang an auftreten. Da hat man gesehen, dass auch Meiendorf schwimmt. Wir haben es nur leider zu spät erkannt und zu spät umgesetzt“, so Henning. Trotzdem ging es nun hin und her – allerdings lief dem BSV die Zeit davon. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn nach gerade einmal zweiminütiger Nachspielzeit betätigte Referee Mario Schirmer, der mit seinem Gespann oftmals keine klare Linie erkennen ließ, seine Pfeife und beendete das Spitzenspiel – sehr zum Unmut der Hausherren. „Es gab zwei Verletzungsunterbrechungen und sechs Wechsel in der zweiten Halbzeit. Das ist natürlich sehr, sehr dürftig!“, bemängelte Henning die viel zu geringe Nachspielzeit. Nach Schlusspfiff ging es jedoch weiter zur Sache. Marcel Perz und Osman Celik gerieten aneinander. Es kam zu einer Auseinandersetzung, in der sämtliche Spieler mitmischten und mehr oder weniger versuchten, die Streithähne zu trennen. Unter dem neuen Chefcoach kassierte Bramfeld die erste Pleite. „Das war der erste richtige Härtetest für uns. Die Spiele davor mussten wir gewinnen und haben das auch getan. Die nächsten Wochen gegen Dersimspor und Kosova werden entscheidend sein und zeigen, wo wir hingehören – ob nach oben oder ins Mittelfeld“, gibt Henning schon mal die Richtung vor.

Währenddessen ging Saglam noch einmal auf die verletzungsbedingten Wechsel ein: „Die Gesundheit des Spielers ist das wichtigste und deshalb müssen wir menschlich und bewusst handeln. Nur leider mussten dann einige auf anderen Positionen spielen. Wenn wir die Spieler, die auf den jeweiligen Position spielen können, dabei gehabt hätten, dann sage ich ganz klar: Wir hätten das Ding noch weiter ausgebaut. Denn die Qualität haben wir, da brauchen wir uns vor keinem Gegner verstecken. Wir müssen nur über 90 Minuten den vollen Fokus an den Tag legen – und das war heute nur über 75 Minuten der Fall“, konstatierte Saglam, meinte aber auch: „Ich freue mich, dass wir weiter ungeschlagen sind und dass wir ein so wichtiges Spiel dominiert haben.“ Aktuell scheint es fast so, als könne sich Meiendorf nur selbst stoppen. „Es ist alles schön und gut, aber auch wir können in eine Negativspirale geraten. Wenn die Jungs aber so wie heute in den ersten 75 Minuten spielen, dann glaube ich eher weniger dran.“

Autor: Dennis Kormanjos