Oberliga

Trotz fünf Scorerpunkten: Güraltunkesers glanzvoller Abend wird von Kouakou getoppt!

29. Juli 2023, 01:34 Uhr

Charles Kouakou (li.) war von den Gästen bis zu seiner Auswechslung nach 70 Minuten überhaupt nicht in den Griff zu kriegen. Foto: Matthias Wenner

Eigentlich – aber auch nur ganz eigentlich – sollte die Eröffnung der Oberliga-Saison 2023/24 am Wendelweg steigen. Und ganz (in)offiziell wird der Startschuss zum 75-jährigen Jubiläum der TuS Dassendorf auch beim entthronten Serienmeister vollzogen werden. Aber ganz inoffiziell sicherten sich der SC Victoria Hamburg und der FC Süderelbe die glorreiche Ehre, den ersten Anstoß der neuen Spielzeit zu vollziehen. Grund: Dassendorf wollte dem Zweitliga-Auftakt und dem Spiel des Hamburger SV beim FC Schalke 04 aus dem Weg gehen, verlegte deshalb die Partie gegen Auftaktgegner Concordia Hamburg von Freitagabend auf Samstagmittag (12 Uhr) – und der Hamburger Fußball-Verband gewährte Victoria tatsächlich den Wunsch, sein Heimspiel gegen die „Kiesbargler“ am Freitagabend stattfinden zu lassen. So eröffneten Vicky und Süderelbe ganz (in)offiziell die neue Saison. Und wie (alle Highlights im LIVE-Ticker)!

Gleich zweimal überwand Kouakou (li.) den bemitleidenswerten Niklas Hoffmann im Süderelber Gehäuse. Foto: Matthias Wenner

Eine weitere pikante Randnotiz, um nicht gar zu sagen, eine überaus schwachsinnige Regel von Seiten des Verbandes: Der SCV musste neben Torjäger Nick Scharkowski (Zerrung) auf Nikolas Mallwitz und Luca Palzer verzichten. Dem Gast fehlten unter anderem Jorge Camacho und Malik Abu Dieh. Während Mallwitz und Palzer im letzten Spiel der Vorsaison (!) jeweils ihre fünfte Gelbe Karte sahen, mussten Camacho aufgrund seiner zehnten „Gelben“ und Abu Dieh gar wegen einer Gelb-Rote Karte eine Sperre absitzen. Letzteres: Verständlich. Aber: Eine Gelbsperre mit in die neue Saison zu nehmen – blanker Irrsinn!

Elf Tore zum Oberliga-Auftakt 2023/24

Kurz vor der Pause eröffnete der überragende Osman Güraltunkeser (re.) mit dem Tor zum 1:3 die Aufholjagd seines FC Süderelbe. Foto: Matthias Wenner

Reiner Irrsinn waren auch die 90 Minuten im Stadion Hoheluft – und das im wahrsten Sinne des Wortes! Das inoffizielle Oberliga-Eröffnungsspiel bot pures Spektakel. Ein Auftaktspiel, das schon jetzt getrost als Highlight der ganzen Saison durchgehen könnte. Beispiel gefällig? In seinem allerersten Oberliga-Einsatz spielte Süderelbe-Neuzugang Osman Güraltunkeser (zuletzt FTSV Altenwerder) ganz groß auf. Der Torschützenkönig der vergangenen Spielzeit in der Landesliga Hammonia erzielte für die Arlt-Equipe zwei Tore selbst (40., 80.) und bereitete drei Treffer seines FCS – zwei per Ecke für Kopfballvollstrecker Nico Reinecke (73., 76.) und einen per Flanke für Prince Dzigbede (88.) – direkt vor. Fünf Scorerpunkte im ersten Oberliga-Spiel – mehr geht nun wirklich nicht!

Süderelbe-Schlussmann erwischt rabenschwarzen Tag

Nach einer Ecke findet der Ball über den Hinterkopf von Lionel Lingani (li.) den Weg zum 4:1 ins Tor der Gäste. Foto: Matthias Wenner

Das absolut Paradoxe und kaum zu glaubende: Eben jene fünf (!) Torbeteiligungen für seinen FCS reichten unglaublicher Weise nicht zu etwas Zählbarem! Denn: Die haarsträubenden Aussetzer in der Defensive wurden von den Gästen noch einmal getoppt. Hinzu kam, dass Charles Kouakou die „Kiesbargler“ fast im Alleingang schwindelig spielte und Keeper Niklas Hoffmann, der an mindestens drei Gegentoren maßgeblich beteiligt war, einen rabenschwarzen Tag erwischte! Zweimal auf Vorlage von Levin Erik veredelte Kouakou zur 2:0-Führung (10., 29.), ehe Dennis Bergmann eine Flanke des starken Alexander Borck zum 3:0 über die Linie nickte (35.).

Zwar brachte Güraltunkeser den FCS nach Vorarbeit von Marvin Alidemi wieder heran (40.), aber Maximilian Arlt vergab den Anschluss mit dem Pausenpfiff äußerst kläglich und grämte sich beim Gang in die Kabinen noch länger auf dem Platz (45. +2). Süderelbe kam mit Schwung und weiterhin großem Ballbesitzanteil aus der Kabine, konnte daraus aber nur wenig Kapital schlagen. Stattdessen köpfte Lionel Lingani eine Ecke des gerade eingewechselten Timo Stegmann zum 4:1 ein (62.). Und nur kurz darauf war es wiederum Kouakou, der Ljubisa Panic stehen ließ und Borck den fünften Streich auf dem Silbertablett servierte (67.)!

Nach 1:5-Rückstand: Süderelbe verkürzt auf 5:6

SCV-Trainer Joshua Krause (li.) und Levin Erik schreien ihre Freude nach der vermeintlichen Vorentscheidung heraus. Foto: Matthias Wenner

Das Spiel schien endgültig entschieden und Vicky-Coach Joshua Krause schonte seine ersten Leistungsträger für die Pokalpartie gegen Regionalligist Eintracht Norderstedt am Dienstagabend. Die Folge: Unbedrängt schädelte Reinecke zwei Güraltunkeser-Eckbälle zum 3:5 ein (73., 76.). Doch dann gab Hoffmann beim harmlos anmutenden Schussversuch von Evailton Fernandes, der nach einem geblockten Abschluss auf der anderen Seite von der Mittellinie zum Solo ansetzte, abermals eine ganz schlechte Figur ab – 6:3 (78.)!

Ein wenig bezeichnend für die Begegnung: Die Reaktion von Stefan Arlt auf die vierte Bude seiner Elf. Der Cheftrainer schlug nur noch die Hände vor das Gesicht, als ein Rückpass von Lingani auf Hendrik Rabe gründlich misslang, Justin Heinbockel das Runde nicht im verwaisten Eckigen unterbringen konnte, aber Güraltunkeser für den Rebound nach einem starken Block von Julian Pötzinger zur Stelle war (80.). Und spätestens in dem Moment, als Dzigbede eine Güraltunkeser-Hereingabe per Kopfball-Aufsetzer ins lange Eck bugsierte (88.), keimte nach einem 1:5-Rückstand noch einmal Hoffnung bei den Mannen vom Kiesbarg auf. Vergeblich!

"Das ist nicht unser Anspruch"

Julian Pötzinger gibt im Mannschaftskreis nach dem geglückten Heimauftakt das "Feierbiest" beim SCV. Foto: Matthias Wenner

Obwohl sein Team am Ende als Sieger den Platz verließ, stapfte Joshua Krause unmittelbar nach Abpfiff in Richtung Kabine. „Das kann nicht wahr sein!“, schimpfte der Vicky-Übungsleiter darüber, dass das eigentlich schon entschiedene Spiel noch einmal spannend wurde. Auch der herausragende Charles Kouakou holte seine feiernden Mannschaftskameraden erst einmal auf den Boden zurück und dämpfte die Freude. Kurze Zeit später erklärte er jedoch: „Ich freue mich enorm über die drei Punkte. Aber klar ist auch, dass wir das zum Schluss nicht mehr so spannend machen dürfen. Denn unser Anspruch ist es nicht, fünf Gegentore zu bekommen.“ 

Nichtsdestotrotz zeigte er sich froh und glücklich darüber, dass er seine Mannschaft in einem denkwürdigen ersten Oberligaspiel der Saison 2023/24 mit zwei Toren und einer Vorlage unterstützen konnte. Und wie er das tat!

Ein konsternierter Süderelbe-Trainer Stefan Arlt im Interview:

Ein hochgradig erleichterter Vicky-Coach Joshua Krause im Gespräch:

Autor: Dennis Kormanjos