Trotz „Schnappatmung“: Bramfelder Bahn läuft wie ein D-Zug

Bei TuRa Harksheide ist „gar nix los“

02. August 2017, 00:11 Uhr

Freude beim Bramfelder SV nach einer starken Leistung und dem Einzug in die dritte Pokalrunde.

Es lief die 39. Spielminute, als Harksheides Lars Hartmann an der Außenlinie behandelt werden musste und Bramfeld-Betreuer Behrend Schulz seinen Spielern die Wasserflaschen reichte. Einer von ihnen war Lennard Bahn – seines Zeichens ehemaliger TuRaner. „Ich hab Schnappatmung“, entgegnete der Bramfelder Außenverteidiger Schulz, als dieser ihn auf seine bis zu diesem Zeitpunkt fulminante Leistung ansprach. Dann fügte Bahn an: „Eigentlich hatte ich die schon nach dem Aufwärmen“, schmunzelte er und pustete einmal durch. 

Bramfelds Lennard Bahn (hier beim Einwurf) zeigte als Rechtsverteidiger eine starke Vorstellung gegen seinen Ex-Verein.

Umso bezeichnender für das Zweitrunden-Duell im Oddset-Pokal zwischen zwei alt-bekannten Landesligisten, dass eben jener Lennard Bahn in der 92. Minute mit einer perfekt getimten Flanke auf den gerade einmal 20 Sekunden auf dem Platz befindlichen Justin Sadownik das 3:0 für seinen BSV blitzsauber vorbereitete und seine eigene Leistung krönte. Denn trotz der vorhandenen „Schnappatmung“ – der 26-Jährige pendelt aufgrund seines Studiums derzeit noch zwischen Köln und Hamburg und kann noch nicht regelmäßig am Training des Hansa-Ligisten teilnehmen, was sich jedoch ab Donnerstag ändern wird – hielt Bahn nicht nur bis zum Ende durch, sondern war zugleich auch einer der Hauptprotagonisten für den Bramfelder Drittrunden-Einzug. „Er hat das wirklich sehr gut gemacht – wie alle anderen aber auch“, lobte sein Trainer, Florian Neumann, die gesamte Mannschaftsleistung. „Es gibt heute keinen, den man herausheben kann, weil wir im Kollektiv wirklich gut funktioniert haben.“

Was ist mit TuRa los? „Gar nix war heute los!“

Der BSV bejubelt die frühe Führung.

Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Denn von Nummer eins bis zur Nummer 14 zeigte der Bramfelder SV den Gästen aus Norderstedt überraschend klar die Grenzen auf! „Gar nix“, ärgerte sich TuRa-Co-Trainer Sidnei Marschall, der den urlaubenden Marcus Fürstenberg vertrat, als er gefragt wurde, was mit seiner Truppe los war, um dann gleich nochmal anzufügen: „Gar nix war heute los!“ Denn der ambitionierte Hammonia-Vertreter enttäuschte auf ganzer Linie. „Alles, was wir in der Vorbereitung und in den letzten Spielen gut gemacht haben, habe ich heute vermisst. Bei uns hat einfach alles gefehlt. Allen voran das Zweikampfverhalten. Entweder wir haben den ersten Ball schon verloren, oder aber spätestens den zweiten nicht mehr gewonnen. Auch die Laufbereitschaft war nicht da. Ich habe schon vor dem Spiel und auch in der Pause gesagt, dass man mit 80 oder 90 Prozent so ein Spiel nicht gewinnt – schon gar nicht gegen Bramfeld.“ Klare Worte vom ehemaligen Mittelfeld-Lenker, der in seiner Laufbahn auch lange an der Ellernreihe zu Hause war und deshalb umso enttäuschter sein wird.

Fürstenberg-Vertretung Sidnei Marschall zeigte sich enttäuscht von der Leistung seiner Equipe.

„Ich dachte mir schon, wenn wir taktisch gut stehen und gut verschieben, dass wir das Spiel über Konter für uns entscheiden können. Wir wussten, dass sie bei Standards extrem gefährlich sind, aber auch, dass sie im Umschaltspiel anfällig sind“, verriet Neumann hinterher die Marschroute seiner Elf, die jenen Plan nahezu perfekt in die Tat umsetzte. So dauerte es keine 180 Sekunden, bis Christian Westphal den Ball für Niklas Remark durchsteckte. Dieser wurde zwar etwas weit in Richtung Grundlinie abgedrängt, brachte die Kugel aber dennoch so scharf vors Tor, dass ein TuRa-Abwehrbein unglücklich vor die Füße von Robin Polzin klärte, der zur frühen Führung einschoss! Auch in der Folge spielte sich Bramfeld Chance um Chance heraus – und das überwiegend mit tollen Spielzügen. Ob über die Außen oder durchs Zentrum, wo Harksheide unglaubliche Lücken offenbarte: Die „Schwarz-Weißen“ kamen immer wieder durch und erhöhten nach einer halben Stunde durch eine einstudierte Eckenvariante auf 2:0: Polzin fand am zweiten Pfosten den Kopf von Christian Westphal, der sich keinerlei Gegenwehr gegenübersah (30.)!

Trotz einseitiger Partie - Neumann: "Einfach war das nicht"

Auch zu Beginn von Hälfte zwei blieb eine Reaktion der Gäste aus. In Minute 64 gab Dren Hoti den allerersten Schuss auf das von Steven Pagenkop, der hier keine große Mühe hatte, gehütete Tor des BSV ab. TuRa weiter völlig konfus, mit leichten Fehlern und extrem anfällig. Knapp wurde es – nachdem Bramfeld etliche Möglichkeiten ausließ – nach 76 Zeigerumdrehungen, als Kevin Hermeneit das lange Eck nur um Haaresbreite verfehlte. Ein Latten-Freistoß von Lukas Raphael (87.): Das war‘s dann auch schon mit den Offensivaktionen der Fürstenberg-Kicker, die in der Nachspielzeit den eingangs schon beschriebenen dritten Gegentreffer schlucken mussten. Mit dem 0:3 war der Hammonia- gegen den Hansa-Landesligisten noch gut bedient. Trotzdem befand Neumann: „Einfach war es nicht. Wir mussten aufpassen, weil sie immer wieder versucht haben, die Bälle durch die Schnittstelle zu spielen. Aber wir haben diese Bälle durch unsere gute Ordnung verhindert.“

"Wir haben das Spiel im Zentrum verloren"

Justin Sadownik (Nr. 7) kommt für den starken Milos Ljubisavljevic und braucht nur wenige Sekunden für sein Tor.

Der starken Bramfelder Darbietung stand eine schwache Harksheider Leistung gegenüber, was auch Marschall anerkennend feststellte: „Die haben aggressiv gespielt und die Ketten kompakt zusammengehalten. Meiner Meinung nach haben wir das Spiel heute im Zentrum verloren. Woran es gelegen hat, weiß ich allerdings nicht. Die haben genauso am Sonntag gespielt, wie wir auch.“ Seine Rückkehr an die alte Wirkungsstätte – mit Bahn, Skalnik und Pietruschka standen auch drei Bramfelder auf dem Platz, die mal für TuRa ihre Stiefel schnürten – hätte sich Marschall sicherlich anders vorgestellt. „Es ist immer ein bisschen was Besonderes, wenn man gegen einen Ex-Verein spielt. Ich freue mich immer, die Leute wiederzusehen, die ich noch von damals kenne. Aber ich hätte heute lieber gewonnen.“ Abschließend meinte der 37-Jährige, der mit seinem Team in der Vorbereitung alles gewann und auch zum Ligastart beim 6:1 gegen SCALA einen ungefährdeten Dreier einfuhr: „Dass wir irgendwann mal ein Spiel verlieren werden, war ja klar. Dann ist es mir lieber, wenn wir heute verlieren, aus dem Pokal raus sind und nun alle Kräfte für die Liga sammeln können. Das wird schwer genug.“


Autor: Dennis Kormanjos