Regio Nord

Verrücktes Finish: Pollersbeck pariert Malone-Strafstoß - doch der Lübecker beweist Nerven aus Stahl!

In der Schlussminute: Lübeck feiert beim HSV-Nachwuchs nach „Doppel-Elfer“

28. September 2019, 16:35 Uhr

Im zweiten Anlauf sitzt er: Ryan Malone schickt Julian Pollersbeck ins falsche Eck und sorgt in der Schlussminute für den Lübecker „Luckypunch“. Foto: KBS-Picture.de

Hannes Drews war außer sich. Der Trainer der U21 des HSV kochte vor Wut und brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. "Es ist immer einfach, etwas über den Schiedsrichter zu sagen", begann er sein Statement nach dem Spiel, "aber ich finde, es sind zwei spielentscheidende Situationen in einer Partie, in der es hart auf hart kommt, die er in meinen Augen nicht gut gelös hat", so Drews weiter. Sein Team war drauf uns dran, dem Tabellenführer aus Lübeck einen Punkt abzuknüpfen (alle Highlights im LIVE-Ticker) - doch dann brach die 87. Spielminute an...

Patrice Kabuya (Mi.) - hier gegen Tim Weissmann, der zunächst das 1:2 verschuldete und zehn Minuten vor Schluss Gelb-Rot sah - erzielte das zwischenzeitliche 1:1. Foto: KBS-Picture.de

Zunächst ahndete der Unparteiische Theodor Potiyenko einen sauberen Zweikampf von Henrik Giese gegen Nicolas Hebisch mit einer Gelben Karte für den "Rothöschen"-Verteidiger und sprach den Gästen einen Freistoß direkt am Sechzehner der Hausherren zu. Kresimir Matovina blieb zwar mit seinem Versuch in der Mauer hängen - doch plötzlich ertönte erneut ein Pfiff. Weil Gentrit Limani den Ball mit der Hand abgewehrt haben soll, entschied der Referee auf Strafstoß für die Marzipanstädter und stellte Limani mit der Ampelkarte vom Platz. Nachdem Tim Weissmann bei den Gästen vorzeitig zum Duschen geschickt wurde (80.), beendeten beide Teams die Begegnung zu zehnt. "Da auch noch Gelb-Rot zu geben, ist für mich die größte Farce, die es an dieser Regel gibt!", echauffierte sich Drews - uns fügte an: "Dieses Hand-Thema ist sowieso eines der größten und bescheuertsten Themen, das es im Fußball gibt! Wenn einer aus 9,15 Meter den Ball an die Hand kriegt, der Spieler da nicht steht und den Ball wie beim Basketball oder Handball abwehrt, dann finde ich es sehr zweifelhaft, den zu geben." Ryan Malone stand Julian Pollersbeck gegenüber - und die Profi-Leihgabe des HSV blieb Sieger (88.) - wie in der Vorwoche beim Derbysieg in Norderstedt, als er einen Strafstoß von Nick Brisevac entschärfte!

Gentrit Limani (3. v. li.) kann’s nicht glauben und deutet an, dass der Arm angelegt war. Foto: KBS-Picture.de

Sollte der Bundesliga-erfahrene Schlussmann erneut zum "Man of the Match" avancieren? Mitnichten! Denn nur wenige Augenblicke später kam Lukas Pinckert gegen Dennis Hoins zu spät - erneur zeigte Potiyenko auf den berühmt-berüchtigten Punkt. Wieder übernahm Malone die Verantwortung. Dabei wollte sein Coach Rolf Landerl eigentlich, "dass sich Marcel Schelle den Ball nimmt", wie er hinterher verriet. Aber: "Respekt vor Ryan, dass er sich da nochmal hinstellt und den zweiten Elfmeter dann reinhaut." Denn diesmal zeigte der Ami keine Nerven, blieb ganz cool, überwand Pollersbeck und sorgte für das viel umjubelte 3:2 für den "selbst ernannten Titel-Aspiranten", wie Landerl selbst hinterher meinte, und ließ den Lübecker Anhang toben. "Sehr positiv ist die Tatsache, dass auch nach Rückschlägen in so einem Spiel, wo man dem Gegner wirklich in den Sattel hilft, die Mentalität überwiegt und der Charakter in Ordnung ist, so ein Spiel dann noch zu drehen", lobte Landerl seine Elf.

„Wir haben genau das gespielt, was wir uns vorgenommen haben“

Heißer Kampf um den Ball: Kresimir Matovina (li.) vs. Lukas Pinckert. Foto: KBS-Picture.de

Mit dem "in die Sattel helfen" meinte der Übungsleiter des VfB die beiden Gegentore im ersten Durchgang, die eine frühe Führung durch Patrick Hobsch (9.) binnen 180 Sekunden zunichte machte. Erst verschätzte sich Keeper Lukas Raeder bei einem Limani-Eckball ganz böse und ermöglichte Patrice Kabuya den Ausgleichstreffer (29.), ehe Weissmann ohne jeglichen Gegnerdruck einen kapitalen Fehlpass in die Füße von Khaled Mohssen spielte, der wiederum direkt auf Julian Ulbricht weiterleitet. 2:1 (32.)! Doch der Primus hatte die prompte und hochverdiente Antwort parat, als Florian Riedel mit seinem dritten trockenen Abschluss das 2:2 markierte (36.). "In der ersten Halbzeit haben wir genau das gemacht, was wir uns vorgenommen haben, sind in Führung gegangen und haben uns weitere Chancen herausgespielt", konstatierte Landerl. "Wir haben eine gewisse Verunsicherung bei der jungen Mannschaft von Hamburg gespürt - die haben wir auch ausgenutzt. Durch zwei Geschenke, das muss man ganz klar so sagen, bist du auf einmal 1:2 hinten. Das ist unangenehm, egal gegen wen man spielt."

„Ein Geschenk, das Lübeck dankend annimmt - so wie wir zwei Geschenke angenommen haben“

„Rothöschen“-Coach Hannes Drews war nach dem Spiel mächtig angefressen. Foto: KBS-Picture.de

Nach der Pause hätte seine Equipe "nicht mehr die klaren Spielanteile gehabt", wie er gestand. Und nach der Ampelkarte gegen Weissmann "musst du wahrscheinlich den Punkt mitnehmen. Aber auf einmal bekommst du noch zweimal die Chance, in Führung zu gehen." Gesagt, getan. Währenddessen gab sein Gegenüber zu Protokoll: "In der ersten Halbzeit sind wir von der Wucht und der Zweikampfintensität überrascht worden", so Drews, der "die zwei Geschenke, in der Phase, in der wir uns befinden, gerne annahm". Es folgten die turbulenten Schlussminuten, die dem HSV-Nachwuchs auf den letzten Drücker etwas Zählbares entrissen. "Ein Geschenk, das Lübeck dankend annimmt, so wie wir in der ersten Halbzeit zwei Geschenke von Lübeck angenommen haben", fasste es Drews zusammen - und meinte: "Mir tut's für meine junge Mannschaft einfach leid, weil sie heute wirklich gekämpft und gegen den Tabellenführer eine klasse Leistung gezeigt hat. Wir haben aktuell einen ganz kleinen Kader. Deshalb muss ich sagen: Chapeau - und wenn ich einen Hut hätte, würde ich ihn vor meiner Mannschaft ziehen."

HSV-Ordnungsdienst überfordert

Gentrit Limani (Mi.) will den Ball an zwei Gegenspielern vorbeispitzeln. Foto: KBS-Picture.de

Abschließend betonte der ehemalige Zweitliga-Coach von Erzgebirge Aue: "Auch wenn es jetzt irgendwelche Strafen geben sollte, mich stört die Art und Weise, wie die Schiedsrichter teilweise mit einem umgehen. Das ist wirklich unfassbar! Man darf nichts normal fragen, sondern es wird gleich abgewiesen und meistens noch laut zurück geschrien, obwohl man in einem ganz normalen Tonfall nachfragt. Das finde ich keine guten Umgang und das werde ich auch an entsprechender Stelle ganz klar weitergeben. Natürlich gehören Emotionen dazu. Aber wir werfen auch angewiesen, uns vernünftig zu benehmen." Selbiges taten die Lübecker Fans, die für eine famose Stimmung sorgten - und das inmitten des HSV-Anhangs. Eine Fan-Trennung gab es nicht, der Ordnungsdienst der Rothosen wirkte maßlos überfordert…

Autor: Dennis Kormanjos