Oberliga

Vom „Chef“ und Trainer gedrillt, „kaputt gemacht“ – und zur absoluten Höchstleistung getrieben!

31. März 2023, 23:12 Uhr

Marco Panata zeigte in der Innenverteidigung der "Geächteten" eine bockstarke Leistung - trotz zweier Stockfehler auf dem Rübenacker im Hammer Park. Archivfoto: noveski.com

„Wir sind wieder da!“, ballte Marco Panata die Fäuste – und marschierte einige Zeit nach dem Abpfiff mit letzten Kräften und den Schuhen in den Händen gen Kabine. Der Innenverteidiger des Hamm United FC zeigte im Heimspiel gegen den Eimsbütteler TV (alle Highlights im LIVE-Ticker) eine überragende Leistung. „Das liegt am guten Kaffee, den er bekommt“, scherzte sein Trainer Sidnei Marschall. Was er damit genau meinte? Panata kickt nicht nur unter „Sid“ bei den „Geächteten“, sondern ist auch in dessen „Café Dailycioso“ angestellt. „Ich habe ihn die letzten Wochen leider ziemlich kaputt gemacht, weil er viel arbeiten musste“, gestand Marschall. Aber: „Er ist eine echte Arbeitsmaschine – sowohl im Job als auch auf dem Platz. Das war eine Top-Leistung“, ehe der Chefcoach des HUFC direkt hinterherschob: „Aber von der ganzen Mannschaft! Alle haben großen Einsatz, Wille und Leidenschaft gezeigt!“

Roberto d'Urso (re.) musste viel einstecken, bekam aber nur sehr wenig gepfiffen von Referee Johannes Mayer-Lindenberg. Foto: Kormanjos

Bezeichnend dafür: Marco Panata. Kurz nach der Pause kratzte er den Ball – nach einem etwas zu ungenauen Rückpass von Maurizio d’Urso – gerade noch so von der Linie. Michael Igwe hatte Thomas Kuballa bereits umkurvt und überwunden (53.). Zwölf Minute vor Ultimo schrie der Innenverteidiger seine Emotionen heraus, als er in einer überaus brenzligen Überzahlsituation des Gegners nicht nur den durchgestarteten Niklas Bär stoppte, sondern auch noch einen Abstoß für sein Team herausholte. Besonders bitter: Panata holte sich seine fünfte Gelbe Karte ab und wird den Marschall-Mannen am Dienstag im Nachholspiel gegen Sasel fehlen, wie auch „Mauri“ d’Urso.

Marschall fliegt, d'Urso auch: Ein Schiri ohne Linie

Und damit wären wir beim zum Teil grotesken „Abenteuer-Feuerwerk“ von Referee Johannes Mayer-Lindenberg (Harburger TB). „Mir geht es darum, neutral und fair zu bleiben. Ich möchte nicht, dass für uns gepfiffen wird, ein Spiel soll neutral geleitet werden“, haderte Marschall. „Ich habe es vor dem Spiel schon gesagt, dass abzusehen war, dass irgendwas passiert.“ Irgendwas ist gut. In der Nachspielzeit des ersten Durchgangs sah „Sid“ vom überaus kleinlichen Unparteiischen die Ampelkarte (45. +3). Gleiches galt für Maurizio d’Urso in den letzten Zügen der Partie, weil er den Ball nach einem Pfiff leicht wegspitzelte, eher sogar „wegstreichelte“. Der Mittelfeld-Motor des HUFC war auch weit nach Abpfiff kaum zu beruhigen, verstand die Welt nicht mehr – und das zurecht.

Ob Einwurf- oder Foulentscheidungen, die Kartenverteilung, Kommunikation oder auch die angezeigte Nachspielzeit von drei Minuten bei etlichen Unterbrechungen – eine Linie war von der ersten bis zur letzten Minute nicht zu erkennen! Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Es lief bereits die 95. Minute, als der unglaublich hart ackernde und stets in Bewegung befindliche Sinisa Veselinovic gegen fünf Widersacher einen Einwurf herausholte. Obwohl die Gäste bereits in der Rückwärtsbewegung waren, sprach der „Ref“ ihnen den Einwurf zu. Zu Beginn der Partie entschied er nach einer strittigen Situation zwischen Panata und dem im Vollsprint befindlichen Michael Igwe auf Abstoß (9.). Klar und deutlich war das Vergehen von Bamo Mohamed gegen Veselinovic, der nach einem ruhenden Ball zum Schuss ausholen wollte und klar getroffen wurde (19.). Ein Pfiff blieb aber aus!

"Dieser Punkt könnte noch Gold wert sein"

ETV-Coach Khalid Atamimi (li.) mit Anweisungen an Bamo Mohamed. Am Ende kam der Tabellenzweite aber nicht über ein torloses Remis beim "Kellerkind" hinaus. Foto: Kormanjos

Und damit zurück zum Sportlichen: „Einmal Glück in dieser beschissenen Saison!“, schlug Marschalls Co-Trainer Robert Pietruschka die Hände vors Gesicht, als Karl Feldmer einen strammen Strahl aus der zweiten Reihe abließ – und das Leder an den linken Pfosten klatschte (67.). Viel fehlte da wahrlich nicht! Dennoch: „Hätte mir vor dem Spiel jemand gesagt, wir holen einen Punkt und spielen zu Null – dann hätte ich das angesichts der tabellarischen Situation angenommen. Wenn man das Spiel im Ganzen betrachtet, denke ich, dass ein Unentschieden gerecht ist, obwohl wir in der zweiten Halbzeit häufiger im und am gegnerischen Sechzehner waren, als der Gegner. Ich habe überhaupt keinen Unterschied gesehen, wer um die Meisterschaft und wer gegen den Abstieg kämpft“, so das Fazit von Marschall.

Und obwohl „dieser Punkt noch Gold wert sein könnte“, wie er befand, konstatierte er: „Es tut mir im Herzen und in der Seele weh, was für eine Qualität eigentlich in der Mannschaft steckt. Wir haben es während der Saison nur zu selten gezeigt. Aber der Punkt ist auch für die Moral top.“

"Für uns ist das eine sehr große Erkenntnis"

Weniger „top“ dürfte der eine Zähler für den Eimsbütteler TV im Kampf um den Oberliga-Titel gewesen sein. „Ich kümmere mich null um die Meisterschaft! Mir geht es darum, mit den Jungs voranzukommen. Und heute sind wir in einem Punkt vorangekommen, der wichtig für die Zukunft ist“, entgegnete Trainer Khalid Atamimi – und fügte erklärend an: „Die Art und Weise, wie man auf so einem Platz Fußball spielt und dass wir uns da adaptieren müssen.“ Das Bezirksamt Hamburg-Mitte stellte beiden Teams mal wieder einen katastrophal zu bespielenden Acker zur Verfügung! Doch das Geläuf wollte Atamimi nicht als Entschuldigung geltend machen. Im Gegenteil: „Für unsere Mannschaft ist das eine sehr große Erkenntnis: Wenn wir auf Rasen spielen, müssen wir noch sehr viel lernen.“ Unter anderem, „wie wir mit dem Ball umgehen, wie wir in gewissen Situationen handeln, wenn wir Zweikämpfe führen, dass wir aktiv zum Ball hingehen müssen und der nicht von selbst kommt, wie auf Kunstrasen. Das sind viele gute Dinge, die wir mitgenommen haben.“

"Die Regionalliga ist noch ganz weit weg"

Während Khalid Atamimi (li.) von der Seitenlinie ordentlich Dampf macht, geht Maurizio d'Urso (Mi.) auf dem Platz ins Dribbling. Das Ende des Spiels erlebte er nur von außerhalb. Foto: Kormanjos

Auch in Bezug auf die Regionalliga, wo der ETV im Falle eines Aufstieges an der Hagenbeckstraße auf Naturrasen spielen würde? „Wir müssen erstmal unsere Hausaufgaben machen. Wenn es dazu kommen sollte, kann ich mich damit beschäftigen. Aber aktuell ist die Regionalliga noch ganz weit weg“, erklärte Atamimi, dessen Analyse wie folgt ausfiel: „Durch individuelle Fehler von Hamm sind wir zu Chancen gekommen. Hamm hatte durch unsere individuellen Fehler, wo wir nicht richtig in den Zweikämpfen drin waren, Torchancen. In der zweiten Halbzeit hat Hamm das sehr clever gemacht. Die wissen schon ganz genau, wie man auf so einem Platz zu spielen hat. Man merkt einfach, dass das ein großer Unterschied für uns ist. Daraus müssen die Jungs lernen und die richtigen Schlüsse ziehen.“

Autor: Dennis Kormanjos