Oberliga

„Wenn jemand mit dem Krankenwagen vom Feld geholt wird, spielt das Ergebnis keine Rolle!“

07. Oktober 2023, 01:21 Uhr

Während der Krankenwagen angerückt ist und sich um den verletzten Pascal El-Nemr kümmert, bespricht Schiri Henry Wagner (Mi.) mit AFC-Trainer Andreas Bergmann (li.) und ETSV-Manager Jassi Huremovic das Vorgehen. Foto: noveski.com

Der Schock stand allen Beteiligten ins Gesicht geschrieben, als Pascal El-Nemr auf Höhe der Mittellinie urplötzlich lautstark schreiend zu Boden sackte, nach Luft schnappte, von Physiotherapeutin Danja Puckel gestützt und behandelt werden musste und sich die Nieren- oder Hüftgegend hielt. Das Signal war sofort klar: Ein Krankenwagen musste am Mittleren Landweg anrücken und den Spieler von Altona 93 nach Boberg bringen, um ihn dort zu versorgen. „Natürlich ist der Schrecken anfangs groß, weil du gar nicht weißt, was es ist“, kümmerte sich auch AFC-Cheftrainer Andreas Bergmann fürsorglich um seinen Leistungsträger – und sprach auf eine Szene wenige Augenblicke zuvor an (alle Highlights im LIVE-Ticker)…

Die Spieler des ETSV Hamburg bejubeln den frühen Führungstreffer nach zehn Minuten durch einen Abstauber von Christian Stark (verdeckt) nach einem Torwartfehler. Foto: noveski.com

Nach einem Foul von Vincent Boock ging Pascal El-Nemr zu Boden und rutschte dabei noch mit der Hüfte über den Ball. Kurz darauf folgte der Weg zur Altonaer Bank. „Da hat er es schon so ein bisschen angedeutet – und ich habe ihn gefragt: ‚Wollen wir wechseln?‘ Da hat er gesagt: ‚Nein, auf keinen Fall!‘ Dann merkte er plötzlich, dass es immer schlimmer wurde und hat es gar nicht mehr ausgehalten. Ich habe es selbst nicht gesehen, sondern dachte erst, er wäre nur über den Kunstrasen gerutscht. Aber es war schon alles Blau angelaufen. Ich hoffe, dass es nur eine schwere Prellung der Nieren ist“, so Bergmann. Hoffnungen, den man sich nur anschließen kann. Denn ohne Fremdeinwirkung nahm das Drama seinen Lauf. Alles erdenklich Gute, Pascal – komm‘ schnell zurück!

"Pascals Gesundheit ist wichtiger als andere"

Ohne jegliche Gegenwehr köpft Michael Ambrosius (re.) aus spitzem Winkel ins kurze Eck zum Ausgleich ein. Foto: noveski.com

„Grundsätzlich hätten wir unter bestimmten Voraussetzungen weitergespielt. Aber wenn ein Spiel so lange unterbrochen ist, muss man sich allein schon überlegen: Jede muskuläre Verletzung, die daraus resultiert und für längerfristige Ausfälle sorgt, ist es nicht wert. Und ganz ehrlich: Wenn jemand mit dem Krankenwagen vom Feld geholt wird, man nicht weiß, was ist, und nur allerbeste Genesungswünsche senden kann, dann steht es eh nicht mehr im Vordergrund, ob das Spiel nun 1:1, 2:1 oder 2:2 ausgeht, sondern dann ist Pascals Gesundheit wichtiger als alles andere“, brachte es ETSV-Interimscoach Matthias Märtens auf den Punkt.

„Das waren 20, 25 Minuten, wo wir alle komplett aus dem Spiel und schon in der Kabine waren. Dann ist es nicht so einfach, weil wir alle nicht wissen, was mit Pascal ist – und das natürlich auch noch nachwirkt. Hinzu kommt, dass es auch für die Spieler nicht einfach gewesen wäre, quasi von null anzufangen und sich wieder aufzuwärmen. Da waren sich beide Seiten dann relativ schnell einig, das Spiel abzubrechen und sich lieber nochmal wiederzutreffen unter hoffentlich besseren Voraussetzungen“, so Bergmann.

ETSV kauft Altona in erster Halbzeit den Schneid ab

Trainer Andreas Bergmann (Mi.), Physio Danja Puckel und die Spieler des AFC kümmern sich um den am Boden liegenden Pascal El-Nemr. Foto: noveski.com

Schiedsrichter Henry Wagner (GW Eimsbüttel) konnte die Partie den Regularien nach nicht vorzeitig beenden und überließ die Entscheidung nach 23-minütiger Unterbrechung beiden Vereinen. Die Sichtweise von Bergmann war schnell klar und eindeutig. Nach Rücksprache mit Eisenbahn-Manager Jassi Huremovic stand die Entscheidung umgehend fest: Spielabbruch.

Dass „beide Mannschaften eine ganze Menge hergeben“, wie Bergmann befand, war in den 55 Minuten zuvor deutlich zu sehen. „Wir wollten die Punkte hierbehalten. Das haben wir zu Beginn auch gezeigt. Wir sind sehr gut ins Spiel reingekommen, waren gut vorbereitet und haben Altona den Schneid abgekauft“, konstatierte Märtens, der die hochverdiente Pausenführung bejubeln konnte. Nach einem dankbar scheinenden 25-Meter-Freistoß von Marcel Andrijanic konnte AFC-Keeper Dennis Lohmann den nassen Ball nicht festhalten und Christian Stark, der wenig später verletzungsbedingt die Segel streichen musste, staubte zum 1:0 ab (10.).

Ambrosius egalisiert, Siemsen verpasst erneute Führung

Vor seiner Verletzung sorgte Pascal El-Nemr (Mi.) auf dem Platz für Furore. Foto: noveski.com

Die Gäste von der „AJK“ fanden gegen unheimlich agile und aggressive Hausherren lange nicht den nötigen Zugriff, erwischten aber den perfekten Start in die zweiten 45 Minuten. Ein Eckball von Gianluca Przondziono landete am zweiten Pfosten beim völlig alleingelassenen Michael Ambrosius, der zum Ausgleich ins kurze Eck einschädelte (50.)! Ein Spiel auf des Messers Schneide, in dem Yannick Siemsen nach einem Andrijanic-Freistoß auf einmal gänzlich freie Bahn hatte, das Runde aber nicht kontrolliert im Eckigen unterbringen konnte (54.). Und nur wenige Augenblicke später fand die Begegnung ein jähes Ende.

Diagnose bei El-Nemr steht

Nachdem sich beide Seiten einig waren über den Spielabbruch, fielen sich ETSV-Manager Jassi Huremovic (Mi.) und AFC-Trainer Andreas Bergmann in die Arme. Foto: noveski.com

„Das ist ein toller und herausfordernder Gegner. Man hat gesehen, dass wir uns anfangs schwergetan haben, aber immer besser wurden. Ich glaube, von der Intensität her hätten wir am Ende die besseren Karten gehabt“, mutmaßte Bergmann, der sich nun auf „ein tolles Spiel“ bei der Neuauflage freut. Apropos Freude: Die kann nach Rückfrage auch bei Pascal El-Nemr aufkommen. Der Offensivakteur des AFC hat sich zu später Stunde bereits selbst wieder aus dem Krankenhaus entlassen und übermittelte uns die Diagnose: Die Beckenschaufel und zwei Rippen sind ganz stark geprellt. Glück im Unglück! Aber El-Nemr wäre nicht El-Nemr, wenn er nicht schon wieder scherzen würde. „Am Montag stehe ich wieder auf dem Platz“, witzelt er. Von dieser Stelle: Weiterhin die besten Genesungswünsche!

Autor: Dennis Kormanjos

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