45 Minuten Vollgas-Fußball: Vor allem drei Offensiv-Raketen zünden

Dersimspor feiert einen 5:0-Heimsieg, lässt aber weitere Chancen liegen

30. April 2017, 19:07 Uhr

Applaus, Applaus: Lamin Jawla und seine Teamkollegen boten eine hervorragende ersten Halbzeit. Archivfoto: noveski.com

Greift Dersimspor in der Landesliga Hansa auf der Zielgeraden doch noch einmal ins Rennen um den Titel ein, obwohl der Verein selbst den Aufstieg schon ad acta gelegt hatte? Dank eines souveränen und zu keiner Zeit gefährdeten 5:0-Erfolges auf dem heimischen Kunstrasen an der Baererstraße gegen den FC Voran Ohe hat Dersim nun nur noch vier Punkte Rückstand auf Spitenreiter Bramfeld und sogar lediglich zwei Zähler auf den „Vize-Rang“, den derzeit der TSV Sasel einnimmt. Voran Ohe hingegen enttäuschte auf ganzer Linie.

Ein kleines bisschen Kritik gab auf Seiten des Siegers dann doch. Aber erst im Nachgang, als alle Spieler längst den Platz verlassen hatte. Aufgeregt wurde Sven Siebert, der Trainer von Dersimspor, durch seine Spieler davon in Kenntnis gesetzt, dass Ligakonkurrent TSV Sasel soeben sein Heimspiel gegen den SC Schwarzenbek mit 15:0 gewonnen habe. „Das war so zu erwarten“, sagte Siebert, meinte damit die Tatsache, dass Sasel gegen das Schlusslicht einen „Dreier“ einfahren würde – und erntete von seinen Schützlingen nur die Frage, ob er auch mit der Deutlichkeit des Sieges gerechnet habe. Siebert grinste, wich ein wenig aus und stellte dann nur trocken fest: „Das kann passieren. Ihr hättet ja heute auch acht Treffer machen können oder müssen...“ So unrecht hatte der Coach damit nicht. Und doch war es am Ende „nur“ eine ärgerliche Randerscheinung, schließlich feierten die Hausherren gegen Voran Ohe einen nie gefährdeten 5:0-Sieg.

Seibert: „Wir hätten auch acht Tore machen können“

Da geht's lang: Roberto D'Urso und Co berannten das Ohe-Tor förmlich, trafen nach der Pause aber nicht mehr. Archivfoto: noveski.com

„Die ersten zehn Minuten des Spiels haben sogar uns gehört, dann fangen wir uns den ersten Konter ein“, analysierte Ohes Ligamanager Achim Urbschat nach dem Kick an der Baererstraße und bietet damit die verbale Steilvorlage für den Einstieg in die Vollen: Vergaben die Hausherren zunächst durch Edison Sa Borges Dju, der zuvor Daniel Gläser ausgespielt hatte, ihre erste Gelegenheit noch (3.), so stach die Dersim-Offensive sieben Minuten später erstmals zu: Serhat Cayir leitete mit seinem langen Ball einen Flankenwechsel auf Roberto D'Urso ein, der rechts in den Strafraum zog und den Ball im unteren linken Eck versenkte. Zwei Angriffe später – erst standen sich D'Urso und Marco Löffke beim Abschluss gegenseitig im Weg (13.), dann traf Lamin Jawla nach einem leichtfertigen Ballverlust von Voran-Keeper Leo Hebbeler nur das Außennetz (19.) – lag die Kugel dann erneut im Oher Gehäuse. Diesmal war Löffke im Mittelfeld an den Ball gekommen, offenbarte den direkten Zug zum Tor und netzte ein (20.). Ohe protestierte lautstark. Nach Ansicht der Gäste hatte Löffke bei der Ballannahme die Hand zur Hilfe genommen.

Dersimspor war dies egal. Die Equipe von Sven Siebert suchte ihr Heil weiter in der Vorwärtsbewegung – und nun kam auch das Geburtstagskind dazu, sich selbst zu beschenken: Nach einem Eckball der Oher klärte Dersim. Das Spielgerät landete bei Cayir, der auf Zuruf den Ball in den Lauf von Sa Borges Dju passte. Der Mann mit der Nummer 17 auf dem Trikot, seit heute 23 Jahre alt, schüttelte im Laufduell mit hoher Geschwindigkeit seinen Gegenspieler ab, ließ dann Torwart Hebbeler aussteigen und schloss den hervorragend vorgetragenen Angriff mit dem 3:0 ab (28.). Danach ging es weiter nur in eine Richtung: Sa Borges Dju hätte nach 34 Minuten statt selbst zu schießen auf Löffke ablegen müssen – es wäre das sichere 4:0 gewesen. Das aber folgte fast auf dem Fuße: Anders als kurz zuvor bewiese Sa Borges Dju, der diesmal auf links den Turbo gezündet hatte, genügend Übersicht und legte mustergültig für Cayir auf. Der fünfte Volltreffer ging dann auf das Konto von Löffke, der im Anschluss an einen Jawla-Freistoß und eine Kopfball-Verlängerung von Sa Borges Dju erfolgreich war (44.) Immerhin: Ohe hatte zuvor auch eine kleine Chance zu verzeichnen, doch Prince Boateng Styhn klärte vorm einschussbereiten Maxim Gassmann (41.).         

Urbschat: „Wenn du in der Abwehr körperlos spielst, dann passiert sowas“

Ohes Trainer Rainer Seibert war nach dem Auftritt seiner Mannschaft restlos bedient. Archivfoto: noveski.com

Wer nun gedacht hatte, Ohe würde sich nach der Pause weitere Einschläge einfangen, der sah sich getäuscht. D'Urso schlenzte den Ball nach 56 Minuten an den Pfosten und Cayirs Freistoß aus dem rechten Halbfeld parierte Hebbeler (61.). Dann folgte auf beiden Seiten die Zeit des großen Wechselns, wobei Dersim nach 62 Minuten in Person von Umut Yildiz, Marco Löffke und Edison Sa Borges Dju gleich drei Akteure zugleich vom Feld holte und sie durch Vasco Zawada, Christian Fuchs und Jose Adulai Balde ersetzte. Das Trio sorgte zwar für Belebung, setzte aber bei weitem nicht so viele Ausrufezeichen wie zuvor Löffke, Sa Borges Dju und Cayir, der allerdings auf dem Feld geblieben war und nach 83 Minuten im Anschluss an ein Zuspiel von Zawada vergab. Der wiederum war zwei Minute zuvor an Hebbeler gescheitert war, Hinzu kamen ein Abseits-Tor durch Fuchs und etliche weitere Szenen, in denen der letzte Pass oder die Zielgenauigkeit im Abschluss fehlte, so dass es letztlich beim 5:0 blieb.

„Wir hätten im Strafraum einfach noch konsequenter sein müssen“, beschied Dersims Vorstandsmitglied Yücel Al nach dem Abpfiff des Spiels, nach dem die Kicker von der Baererstraße nur noch vier Punkte Rückstand auf den Spitzenreiter Bramfelder SV haben und trotz der klaren Aussage von Coach Sven Siebert nach dem Oddset-Pokalspiel am Karfreitag gegen Altona („Die Zug Richtung Meisterschaft ist für uns abgefahren. Wir werden im nächsten Jahr angreifen und wollen hoch“) auf einmal wieder mit im Titelrennen sind. Auf Seiten der Oher kam Achim Urbschat derweil zu folgendem Fazit: „Wenn du in der Abwehr körperlos spielst, kommt so ein Ergebnis zustande. Da war keiner, der mal dazwischengehauen hat. So ein Spiel hat man in der Saison offenbar. Obwohl es für uns seit drei oder vier Wochen um Nichts mehr geht, hatte es die Mannschaft bis zum heutigen Tag geschafft, die Spannung hochzuhalten. Besonders Sa Borges Dju, den wir im Hinspiel noch an die Kette legen konnten, haben wir mit unserer Defensive dieses Mal überhaupt nicht in den Griff bekommen.“

Jan Knötzsch