Balzis' Eigentor macht Buchholz zum „Vize“

„08“ sichert sich durch 3:2-Sieg Platz zwei vor Altona

20. Mai 2017, 00:30 Uhr

Am Ende durften die Spieler des TSV Buchholz 08 sowohl den Sieg als auch die Vizemeisterschaft bejubeln. Foto: Heiden

Die Ausgangslage war klar: Für Altona 93 und den TSV Buchholz ging es am Freitagabend im direkten Duell zwar nicht (mehr) um Meisterehren, aber immerhin noch darum, welche der beiden Mannschaften sich den Titel des Vizemeisters in der Oberliga sichert. Am Ende hatte dabei der TSV das bessere Ende für sich und schob sich quasi auf den letzten Metern noch am AFC vorbei. Und das mit einer gehörigen Portion Glück – oder eben Pech, wenn man es aus Altonaer Sicht betrachtete. „Für unsere Startelf wäre es eine schöne Sache gewesen, Vizemeister zu werden. Aber für Buchholz hat das in der Summe tatsächlich eine größere Bedeutung“, konstatierte AFC-Coach Berkan Algan, während sein Widerpart erstmal wieder trocken werden wollte... 

Denn das Bild, das Thorsten Schneider und Simon Beecken abgaben, passte irgendwie nicht so ganz. Wie zwei begossene Pudel saßen der Trainer und der Manager der Gäste nach dem Spiel in der Pressekonferenz. Beeckens schwarzes Hemd zierten große Wasserflecken. Und auch Schneiders gleichfarbigem Shirt ging es nicht viel anders. Ein Umstand, den die beiden allerdings gerne in Kauf nahmen, denn das Momentum, das der sprichwörtlich begossene Pudel ausdrücken will – nämlich eine gewisse Form von Beschämtheit – traf absolut nicht zu.

Schneider: „Die Truppe hat eine tolle Moral beweisen und zwei Rückstände aufgeholt“

Soeben hat Altonas Ricardo Balzis (Nummer 22) zum 2:3 ins eigene Netz getroffen. Keeper Bojan Antunovic blickt konsterniert drein. Foto: Heiden

Im Gegenteil: Schneider und Beecken lagen sich Minuten zuvor, der Himmel über der Adolf-Jäger-Kampfbahn hatte gerade nebst eines herannahenden Gewitters seine Schleusen geöffnet, mit den Spielern des TSV Buchholz 08 in den Armen. Sie lachten, hüpften und besangen ihren 3:2-Sieg an der „AJK“, der gleichbedeutend mit dem Gewinn der Vizemeisterschaft war. Und das musste gefeiert werden. „Ich glaube, für uns hat diese Vizemeisterschaft eine ganz andere, eine größere Bedeutung als für Altona. Bei denen liegt der Fokus auf der Aufstiegsrunde zur Regionalliga. Dafür drücke ich ihnen die Daumen“, sagte Schneider und schloss anschließend sein mehr als kurzes Fazit zum Spiel mit einem Lob für seine Mannschaft: „Das Spiel stand immer auf der Kippe. Die Truppe hat eine tolle Moral bewiesen und zwei Mal einen Rückstand aufgeholt. Über 90 Minuten ist dieser Sieg nicht ganz unverdient.“ Mehr gab es aus Schneiders Sicht nicht zu sagen: Klar: Er wollte sich nach dem Jubel im Regen in diesem Moment erst einmal trocken legen – und dann weiterfeiern.

Der wirklich begossene Pudel, dem nicht unbedingt nach feiern zumute war, war an diesem Abend ein ganz anderer: Ricardo Balzis nämlich. Altonas Nummer 22 war es, der in der 65. Minute nach einer Flanke von links, die der Buchholzer Arne Gillich in seinem letzten Spiel für die Nordheider vors Tor gebracht hatte, den Ball am ersten Pfosten ins eigene Netz manövrierte. „Das war unglücklich, aber so etwas passiert im Fußball“, sagte der 23-jährige und bekannte: „Natürlich wirst du lieber Zweiter, wenn du die Möglichkeit hast, Zweiter oder Dritter zu werden. Keiner verliert gerne vor mehr als 1200 Zuschauern. Ich muss klar sagen: Wir haben nicht mit unserer ersten Elf gespielt. Trotzdem ist das schade. Ich hätte gerne gewonnen.“ Jetzt, so Balzis weiter, „sind wir eben Dritter. Wir haben eine gute Saison gespielt, nur mit den letzten fünf oder sechs Spielen können wir nicht zufrieden sein.“

Balzis: „Haben wir in der Aufstiegsrunde Erfolg, ist es egal, ob wir Vize sind oder nicht“

Auf verlorenem Posten: Marc-Kemo Kranich (Mitte) muss sich gegen Jannik Thees (li.) und Andreas Metzler (re.) behaupten. Foto: Heiden

Allerdings, so erklärte Balzis weiter, „interessiert das in den Aufstiegsspielen keinen mehr. Da ist nur die Tagesform wichtig und das, was da passiert. Wenn wir dort erfolgreich bestehen, ist es egal, ob wir Vizemeister geworden sind oder nicht.“ Noch bevor Balzis ins eigene Netz getroffen hatte, verbuchte der AFC – zumindest, was die Tore angeht – den besseren Start. Denn: Nach 15 Minuten holte Buchholz-Keeper Philipp Wilke im Strafraum den heranstürmenden Max Stolzenburg von den Beinen – Elfmeter! Phlipp Körner trat zum Duell mit seinem Vornamens-Vetter an und überwand diesen zur 1:0-Führung für die Hausherren. Die Gäste hatten bis dahin kein schlechtes Spiel gegen einen AFC gemacht, bei dem Justin Lübcke und Felix Hennings, der aus der eigenen A-Jugend aufrückte, ihre Saisonpremiere feierten. Und die „08er“ brauchten so auch nur ganze sechs Zeigerumdrehungen, um zum Ausgleich zu kommen. Der ging auf das Konto von Nikolas Mallwitz, der nach einem Querpass von Niklas Jonas im Strafraum vollendete (22.).

Auf der anderen Seite sollte es noch zwei Mal gefährlich werden, ehe Referee Paul Jennerjahn zum Pausentee bat: Erst konnte Philipp Wilke eine Flanke von Finn Lukas Rettstast nicht festhalten, sodass Mallwitz vorm einschussbereiten Stolzenburg klären musste (39.). Stolzenburg stand auch sechs Minuten später im Mittelpunkt, als er erneut im Strafraum zu Boden ging. Schiri Jennerjahn gab diesmal keinen „Elfer“ – zurecht: Maximilian Fischer hatte im Zweikampf mit dem Altonaer den Ball gespielt. So also ging es mit einem 1:1 in die Kabinen, aus der die sowieso schon ordentlich durcheinander rotierte AFC-Elf mit zwei personellen Veränderungen wieder herauskam: Statt Marco Schiavone und Hennings standen nun Jakob Drinkuth und Chris Pfeifer auf dem Platz, die mit ansehen mussten, dass der TSV die erste Chance des zweiten Durchgangs hatte. Die aber machte Keeper Bojan Antunovic mit einer klasse Rettungstat gegen Dominik Fornfeist zunichte, der von Gillich bedient worden war (54.).

Algan: „Die Aufstiegsrunde wird ein hammerhartes Programm“

Die AFC-Spieler bedankten sich nach dem Spiel bei ihren Fans und ließen sich für die Aufstiegsrunde heiß machen. Foto: Heiden

„Klingeln“ sollte es auf der anderen Seite: Marc-Kemo Kranich legte für den eingewechselten Dinkuth auf – 2:1 für den AFC (56.). Davon aber ließ sich Buchholz absolut nicht beeindrucken und antwortete postwendend: Gillich-Freistoß von links, in der Mitte steht Jonas goldrichtig – 2:2 (58.). Was folgte, war Balzis' Eigentor und aus AFC-Sicht ein Distanzschuss von Lübcke aus 35 (!) Metern, der ans Quergebälk klatschte (69.). Dennis Thiessen, der nach 77 Minuten in Spiel gekommen war, verfehlte zudem mit einem Freistoß das 3:3 für Altona (84.), doch die Hausherren hatten auch das Glück, dass Antunovic gegen den völlig blank stehenden Leif Wilke, den Karol Trocha nach einem Flankenlauf bedient hatte, parieren konnte (86.). Sonst hätte der AFC mit 2:4 in die Röhre geguckt, was ja aber so oder so nebensächlich gewesen wäre. Stichwort: Konzentration auf die Aufstiegsspiele. „Wir fahren Sonntag nach Bremen, um gewinnen zu wollen. Wir haben alle Chancen. Ich mache mir keine Gedanken. Wir sind Fußballer und wissen, was wir können. Die bisherige Saison zählt jetzt nicht mehr“, konstatierte „Unglücksrabe“ Balzis.

Dessen Coach bemühte sich, zunächst das Positive in den Mittelpunkt zu stellen. „Meine junge Hasen-Bande hat das richtig gut gemacht. Buchholz ist auch nicht irgendwer, sondern eine Top-Mannschaft der Oberliga. Die Jungs haben so in dieser Konstellation zum ersten Mal auf dem Platz gestanden, weil ich ihnen vor der Saison versprochen hatte, dass jeder mal in der Startelf stehen wird“, erklärte Berkan Algan, „trotzdem hat man auf unserer Seite gemerkt: Jeder wollte Vizemeister werden. Ich bin froh, dass wir unsere Teilnahme an der Aufstiegsrunde schon sicher hatten, sonst wäre der Druck für die Jungs hart gewesen.“ Er habe, so Algan „einige Situationen gesehen, die wir vielleicht hätten besser lösen müssen. Hier hätten heute beide gewinnen können, deswegen ein Kompliment an meine Truppe. Wir sind momentan in einer sehr unglücklichen und angespannten Situation, weil wir viele Verletzte haben. Jetzt müssen wir die Kräfte bündeln und die, die uns nicht zur Verfügung stehen, ersetzen. Die Vizemeisterschaft wäre für diese Startelf eine schöne Geschichte gewesen, aber für Buchholz hat sie in der Summe tatsächlich größere Bedeutung. Wir konzentrieren uns ab sofort auf die Aufstiegsrunde – und das wir ein hammerhartes Programm.“  


Jan Knötzsch