Landesliga Hammonia

„Das war ein Derby, in dem alles drin war!“

08. Oktober 2023, 09:33 Uhr

Am Ende trennten sich Haci Gündogan (li.) und seine Rothosen mit einem 3:3-Unentschieden von Ayoub Akhber und dessen Eintracht Norderstedt II. Foto: Sellhorn

„Wie wir gegen einen ambitionierten Landesligisten mit hoher individueller Klasse und einigen sehr erfahrenen Spielern, die auch schon höher gespielt haben, reingekommen sind – und ich muss das immer wieder betonen, dass sich einige Spieler in ihrer allerersten ersten Herren-Saison befinden –, das hätte man sich gar nicht schöner erträumen können“, ist der Matchplan des FC Eintracht Norderstedt II im Derby beim Hamburger SV III komplett aufgegangen. So sehr, dass der Oberliga-Absteiger gegen den Landesliga-Aufsteiger in der ersten halben Stunde gar nicht mehr wusste, wo hinten oder vorne ist. Die Paulat-Mannen überrannten die Rothosen regelrecht, verpassten es aber, den Sack frühzeitig zuzumachen.

Viele intensive und rassige Duelle am Freitagabend bei strömendem Regen im Norderstedter Derby auf der Paul-Hauenschild-Anlage. Foto: Sellhorn

„Ich glaube, für den neutralen Zuschauer war das ein echtes Spektakel“, so Jannik Paulat, Chefcoach der Eintracht-U23. Ein Spektakel war es auch, was seine junge Rasselbande zu Beginn aufs Parkett brachte. „Wir wollten genau so loslegen und mit unseren jungen Wilden mutig und frech sein. Wir haben hoch gepresst und den Gegner immer wieder zu Fehlern gezwungen. Ich glaube, die ersten 30 Minuten waren vom Niveau überragend“, schwärmte Paulat, der bereits nach gerade mal 40 gespielten Sekunden das erste Mal jubeln durfte. Bojan Lukic brachte die Gäste früh in Front (1.), ehe Ayoub Akhber erhöhte (31.). Doch zwischen dem ersten und dem zweiten Torerfolg betrieb die Norderstedter U23 regelrechten Chancenwucher!

"Konnten froh sein, dass wir nicht 0:4 in Rückstand geraten sind"

„Wir hatten die Möglichkeiten, deutlich höher in Führung zu gehen. Da müssen wir noch cleverer werden – denn dann wäre das Spiel vorbei gewesen. Die Chancenverwertung ist noch ein Manko“, beklagte Paulat. Selbst Rothosen-Trainer Stefan Gehrke pflichtete ihm bei: „Wir konnten froh sein, dass wir nicht 0:3 oder 0:4 in Rückstand geraten sind.“ Statt eines möglichen 0:4-Rückstandes hieß es nach 45 Minuten urplötzlich 2:2. „So ist das nun mal, wenn du höher spielst als in den letzten Jahren: Wenn du auch nur ein paar Prozente nachlässt – und das haben wir nach 30 Minuten, wo wir dachten, dass wir das jetzt so rüberschaukeln –, dann ist solch ein Gegner mit seiner Klasse voll da“, weiß Paulat.

"Zum Lernprozess gehören Niederschläge dazu"

Der Norderstedter Emin Kurpejovic (re.) versucht, den Ball an Timon Flach vorbeizulegen. Foto: Sellhorn

Erst veredelte Sebastian Schmalbach, der zuvor schon eine gute Einschusschance besaß, eine Hereingabe von Haci Gündogan (42.). Dann war Kevin Herbermann per Kopf zur Stelle (45.). „Da können wir uns vorwerfen, dass wir nicht ruhiger geblieben sind und körperlich nicht noch mehr dagegengehalten haben. Aber ich weiß, dass meine ehrgeizigen Jungs daraus lernen werden. Sie werden das annehmen und wissen auch, wie sie das beim nächsten Mal besser machen können. Aber auch das gehört zum Lernprozess dazu, dass man auch mal Niederschläge einstecken muss“, richtete Paulat den Blick in der Kabine nach vorne – und gab seinen „jungen Wilden“ mit auf den Weg: „Ihr habt es selbst in der Hand!“

"Gegen Poppenbüttel hatten wir das Glück - heute der HSV III"

Die Gäste aus Garstedt hätten das Derby bereits in der ersten halben Stunde, aber auch nach der 3:2-Führung für sich (vor)entscheiden können, machten den Sack aber nicht zu. Foto: Sellhorn

Während Gehrke meinte: „Wir haben ein paar Sachen angesprochen, umgestellt und den Jungs nochmal aufgezeigt, dass der Plan durchgespielt werden muss. Das hat man bei den beiden Toren gesehen.“ Aber zunächst knüpfte die Eintracht an die ersten 30 Minuten an. Die Folge: Die abermalige Führung durch Maurice Lüllemann, der von Akhber perfekt bedient wurde (57.). „Aber wir waren in der Phase danach wirklich gut im Spiel“, befand Gehrke – und sah eine Begegnung, in der es „mit offenem Visier hin und her ging. Wir hatten zwei, drei gute Möglichkeiten. Norderstedt aber auch.“ Für Paulat waren die Visiere mit einer Führung im Rücken nun zu offen: „Da hätte ich mir gewünscht, dass wir ruhiger spielen, nicht so hektisch und nicht immer wieder mit diesem Drang nach vorne.“

Dennoch: Nicht erst Jeffrey Ekue Mensah, der in der Nachspielzeit freistehend kläglich die Vorentscheidung vergab, hätte den Deckel draufmachen müssen. Stattdessen kam es so, wie es fast schon kommen musste. Ein ruhender Ball fand den Weg zu Lasse Lüttgen, der mit Hilfe des Innenpfostens das 3:3 erzielte (90. +3)! „Wir hatten das Glück gegen Poppenbüttel, wo wir kein gutes Spiel gemacht und den Lucky Punch in der letzten Minute gesetzt haben. Heute hatte der HSV III das Glück mit dem Lucky Punch“, brachte es Paulat auf den Punkt, fügte aber gleichzeitig an: „Das Foul davor und wie wir das dann verteidigen – das darf nicht passieren. Davor hatten wir vier, fünf Hundertprozentige, wo wir das Ding klarmachen können. Sogar nach dem 3:3 hatten wir noch zwei sehr guten Möglichkeiten“, ärgerte er sich über die mangelnde Ausbeute. Aber: „Das sagt ja schon alles aus, dass wir traurig über das Ergebnis sind. Die Saison ist noch lang. Wir werden weiter angreifen – und es ist auch immer noch Luft nach oben.“

"Die Offensivreihen waren top, die Defensivreihen verbesserungswürdig"

Ayoub Akhber (li.) mit viel Drang zum Tor. Foto: Sellhorn

Gehrkes Fazit: „Das war ein Derby, in dem alles drin war: Viele Torchancen, packende Zweikämpfe, viel Tempo und Rasse. Die Offensivreihen bei beiden Teams waren top, die Defensivreihen verbesserungswürdig. Auch wenn Norderstedt das ein bisschen anders sehen wird, glaube ich, dass das Ergebnis am Ende auch in Ordnung geht, weil wir drangeblieben sind und es unbedingt wollten.“

Autor: Dennis Kormanjos