Oberliga

Der „Sorge“ getrotzt, „mangelhafte“ Kiesbargler geschockt!

27. Januar 2024, 10:47 Uhr

Marvin Schramm (re.) erzielte das wichtige Führungstor für HR. Archivfoto: Klaas Dierks

Das Hinspiel beider Teams sorgte für jede Menge Brisanz: Neun Gelbe, eine Gelb-Rote – und drei glatt Rote Karten hielt das Aufeinandertreffen zwischen der SV Halstenbek-Rellingen und dem FC Süderelbe (2:0) parat. Gleich drei Platzverweise gingen auf das Konto der Gäste vom Kiesbarg. Vor dem Rückspiel hatte HR-Coach Heiko Barthel jede Menge Respekt: „Sie haben Qualität und vor allem zu Hause die eine oder andere Mannschaft schon vom Hof geschossen. Dass uns das aufgrund der fehlenden Vorbereitung passiert – das war meine größte Sorge“, gestand er – und war mal wieder „zum Improvisieren gezwungen“, da Niklas Siebert aufgrund einer lädierten Schulter ausfiel und Frederic Ernst das Warmmachen mit muskulären Problemen abbrechen musste.

„Erstaunlicherweise – und damit meine ich nicht, dass wir kompakt arbeiten können, was wir richtig gut gemacht haben – hatten wir nach einer Viertelstunde schon vier, fünf ganz klare Torchancen. Leider haben wir zur Halbzeit ‚nur‘ mit 1:0 geführt. Wenn es 4:1 oder 5:1 gestanden hätte, dann wäre es ein nach Chancen gerechtes Ergebnis gewesen“, befand Barthel, dessen Elf durch einen Treffer von Marvin Schramm auf die Siegerstraße abbog.

„Wir sind natürlich total enttäuscht und hatten uns das etwas anders vorgestellt“, haderte Süderelbe-Trainer Stefan Arlt – und führte aus: „Alle hatten ihre Schwierigkeiten mit der Vorbereitung – wir auch. Trotzdem hatten wir am Dienstag noch einen relativ guten Test gegen Heeslingen, wollten daran anknüpfen und hinten ein bisschen besser stehen. Wir haben klar besprochen, dass wir wahrscheinlich auf einen tief stehenden und auf Konter lauernden Gegner treffen werden – und wie das zu bespielen ist, welche Räume und mit welcher Art und Weise man das angehen muss. Da muss man aber ganz ehrlich sagen: Das wurde komplett negiert und überhaupt nicht umgesetzt.“ Und weiter: „Das haben wir ganz schlecht gemacht und viel zu viele Pässe direkt in die Füße von HR gespielt. Und wenn du halt so schnell den Ball im Zentrum verlierst, dann steht die Restverteidigung naturgemäß noch nicht sauber. Das hat HR jedes Mal ausgenutzt.“

"Haben um das Gegentor gebettelt"

In den Zweikämpfen behielten die Gäste aus Halstenbek oft die Oberhand und gewannen auch das Rückspiel am Kiesbarg schlussendlich mit 2:0. Archivfoto: Klaas Dierks

Wenn man ehrlich sei, so Arlt, „dann haben wir förmlich um das Gegentor gebettelt. Ein paar Mal konnten wir das noch mit Glück, Geschick, letztem Willen und Einsatz verteidigen. Aber es war auch von draußen klar: Wenn wir nicht endlich aufwachen, klarer werden in unseren Aktionen, etwas mehr Ruhe haben und nicht ganz so wild, schlecht vorbereitet und übermotiviert reinspielen, dann ist es eine Frage der Zeit, bis das 0:1 fällt. So war es dann auch.“ Die Marschroute für die zweiten 45 Minuten: „Wir haben uns vorgenommen, das wesentlich besser zu machen und haben umgestellt“, brachte er mit Timo Schubert einen weiteren Außenstürmer und wollte mit ihm und Jorge Camacho noch mehr Druck über die Flügel entfachen. „Aber auch das ist uns nur bedingt gelungen, weil wir wieder zu viele Fehler im Aufbauspiel hatten.“

"Im richtigen Moment das 2:0 gemacht"

Die Gäste merkten eben jenen Umstand, feierten jeden gewonnen Zweikampf und Ballgewinn. „Das hat den Gegner immer mehr aufgebaut und nicht dazu geführt, dass mehr Ruhe, Souveränität und Sicherheit in unser Spiel gekommen ist. Ganz im Gegenteil. Das war genau so mangelhaft wie in der ersten Halbzeit“, fand Arlt gewohnt klare Worte. Während Barthels Befürchtungen nicht eintraten: „Natürlich war die Sorge vor dem Spiel verbunden mit der Frage: Was kommt jetzt in der zweiten Halbzeit auf uns zu? Aber wir haben im entscheidenden und richtigen Moment das 2:0 gemacht“, hatte Barthel gut lachen, als sein Team „nach einem weiteren katastrophalen Fehlpass“, wie Arlt monierte, in einer Drei-gegen-Eins-Situation das vorentscheidende zweite Tor durch Chris Heuermann erzielte (60.).

"Zielstrebigkeit und Entschlossenheit haben komplett gefehlt"

Wie schon im Hinspiel, war Marvin Schramm (2. v. re.) auch im Rückspiel erfolgreich - und erzielte erneut das wichtige Führungstor. Archivfoto: Klaas Dierks

Süderelbe gab aber nicht auf. Weil Mario Riesner, der schon im turbulenten Hinspiel vom Platz flog, wegen Meckerns die Ampelkarte sah (88.), witterten die „Kiesbargler“ noch einmal Morgenluft. „Dadurch wurde es nochmal wackelig. Dann hatten sie Chancen – aber alles ab der 85. Minute. Ich weiß gar nicht, warum wir gefühlt 100 Minuten gespielt haben. Der Schiri wollte irgendwie nicht aufhören. Ich glaube aber, wenn wir jetzt noch spielen würden, hätten sie immer noch kein Tor geschossen“, so Barthel.

Und auch Arlt konstatierte: „Wir sind nochmal etwas aufgekommen, hatten einen Pfostenschuss und die eine oder andere Möglichkeit. Aber die Zielstrebigkeit und Entschlossenheit haben heute komplett gefehlt. Insofern geht der Sieg für HR in Ordnung. Wir müssen das ab Montag aufarbeiten, abschütteln, den Blick nach vorne richten und in Düneberg eine andere Leistung auf die Platte bringen – und ich denke, das werden wir auch.“

"Habe hier bisher nur auf die Mütze bekommen"

Das Fazit von Barthel nach dem perfekten Start ins Jahr 2024: „Ich kenne das noch aus der Landesliga-Zeit: Es ist für die Mannschaft, die hinten stabil steht, immer einfacher als für die Mannschaft, die spielen muss. Ich glaube, in zwei, drei Wochen wäre es ein anderes Spiel geworden, weil die dann einen anderen Rhythmus haben und einen zerlegen können. So aber war das eine gute Antwort auf das Hinspiel.“ Und: „Dafür, dass wir am Montag einen halben Kunstrasenplatz, nur ein Spiel in Rissen und am Donnerstag ‚Eckchen‘ gespielt haben, war das schon richtig, richtig gut. Ob das jetzt ein Fingerzeig ist oder ob wir einfach das notwendige Spielglück hatten, das weiß ich nicht genau. Aber das war echt eine stabile Leistung“, strahlte Barthel – und verriet abschließend: „Ich habe bisher, ob mit Wedel, dem VfL Pinneberg oder HR, nur auf die Mütze bekommen. Von daher hätte ich vor dem Spiel einen Punkt sofort unterschrieben. Umso schöner, wie es jetzt gelaufen ist.“