Landesliga Hammonia

„Erkämpft, errannt, erspielt!“ – Lokstedter Coup mit Ansage!

13. April 2024, 16:51 Uhr

Max Kutschke bejubelt einen Dreierpack - und den 5:4-Sieg seiner Eintracht aus Lokstedt beim Tabellenführer. Archivfoto: noveski.com

Das vermeintliche „Meisterstück“ verpasste der Hamburger SV III in der Vorwoche im Hammonia-Gipfeltreffern beim FC Eintracht Norderstedt II mit einem 2:2-Unentschieden. Dennoch konstatierte Chefcoach Stefan Gehrke angesichts von acht Punkten Vorsprung und aufgrund des deutlich besseren Torverhältnisses: „Es geht in die Richtung, dass wir jetzt sicherlich die besten Karten haben. Wir haben nächste Woche Lokstedt. Wenn wir da wieder punkten, dann wird die Luft für Norderstedt dünner“, wollte man mit einem „Dreier“ gegen ein weiteres Kaliber der Staffel einen weiteren Schritt in Richtung Oberliga gehen. Aber: „Wenn‘s dem Esel zu gut geht, dann geht er aufs Eis tanzen“, zitierte Gehrke ein Sprichwort – nachdem seine Mannen auf dem Eis eine Bruchlandung erlebten.

Unmittelbar nach Schlusspfiff war der Adrenalin-Pegel bei Anto Josipovic noch in derartiger Höhe, dass er sich über den Coup seiner Mannen beim Primus noch gar nicht so richtig freuen konnte. Der Grund: „Mit Elf gegen Elf auf dem Platz ist das reale Ergebnis 4:1 für Lokstedt!“, haderte der gesperrte Trainer der Eintracht mit der Leistung von Referee Dennis Voß (TuS Dassendorf) und dessen Gespann. „Es sind Dinge passiert, wo wir nicht mehr Elf gegen Elf gespielt haben. Dadurch kommt der HSV zurück ins Spiel.“ Aber: „Auch das hat uns nicht umgeworfen. Das Team ist cool geblieben, hat sich nicht beirren lassen und ist gar nicht darauf eingegangen, dass man ungerecht behandelt wurde“, so Josipovic.

"Ich habe ihm gesagt, dass wir gegen den HSV gewinnen werden"

Es dauerte, bis sich Lokstedt-Coach Anto Josipovic (Mi.) über den Sieg seiner Jungs freuen konnte. Zu sehr haderte er mit diversen Schiedsrichter-Entscheidungen. Archivfoto: noveski.com

Denn nach einer zwischenzeitlichen 4:1-Führung wurde es tatsächlich nochmal brenzlig für seine Jungs. Doch der auf der anderen Seite des Platzes mitfiebernde Josipovic hatte am Ende allen Grund zur Freude – und behielt mit seiner Vorhersage gegenüber Milenko Mutabdzija, Teammanager von HSV III-Kontrahent Eintracht Norderstedt II, recht. „Ich habe ihm gesagt, dass wir gegen den HSV gewinnen werden.“ Was ihn so optimistisch stimmte: „Die Jungs haben im Training wieder die Intensität an den Tag gelegt und unabhängig davon, dass wir eine Negativserie hatten und im Niemandsland der Tabelle waren, die Motivation und den Willen wiedergefunden, unsere Stärken einzubringen. Und wenn wir das tun, dann sind wir auch eine gute und stabile Landesliga-Mannschaft.“

Kutschke überragt - Wechsel wirft "Lokke" nicht um

Man habe „einen klaren Plan“ verfolgt, wie man die Rothosen bezwingen wollte. „Und der ist voll aufgegangen“, konstatierte der „Lokke“-Dompteur. Ein Beispiel dafür: Forcierte Balleroberungen im Zentrum. So geschehen beim Führungstor, als ein im Gegenpressing eroberter Ball prompt tief gespielt wurde und Max Kutschke aus gut und gerne 22 Metern über den weit vor seinem Kasten postierten José Aguirre Daron hinweg in die Maschen traf (6.). Auch nach einem frühen verletzungsbedingten Wechsel (Omar Boutrif musste Jed Adotey ersetzen) und dem Ausgleich habe man sich „nicht beirren lassen“, sei „bei unserem Plan und stabil im Kopf geblieben“, befand Josipovic. „Obwohl wir mit dem einen Wechsel gleich drei Positionen umstellen mussten. Die Jungs haben das sofort angenommen und weitergespielt, als wäre nichts passiert.“

"Alle haben mit Überzeugung, Power und Leidenschaft gespielt"

HSV III-Trainer Stefan Gehrke machte keinen Hehl daraus, dass sich die Eintracht den Sieg "erkämpft, errannt und erspielt" hat. Archivfoto: noveski.com

Die Folge: Der eingewechselte Boutrif verlängerte einen Standard auf den zweiten Pfosten, wo Kutschke per Flugkopfball veredelte (35.)! Und auch das 3:1 spiegelte den Matchplan wider. „Bilderbuchmäßig“ habe man den Angriff nach einem Ballgewinn und dem umgehenden Steckpass ausgespielt. Erneut war Kutschke zur Stelle und blieb cool (42.)! „Das war eine verdiente Führung“, so Josipovic nach 45 Minuten. „Ein gutes Spiel von uns, wir waren voll da und gallig in den Zweikämpfen. Alle haben mit Überzeugung, Power und Leidenschaft gespielt.“

Auf seine Halbzeitansprache musste der gesperrte Chefcoach verzichten. „Ich weiß nicht, was gesagt wurde“, rätselte er – aber offenbar fanden die Worte des verletzten Mario Beslic Gehör. Diesmal vollstreckte David Heuer zur vermeintlichen Vorentscheidung (49.)! Aber auch nur vermeintlich…

"Damit haben wir das nochmal ein bisschen scharf gestellt"

Man hatte zwar „viel Ballbesitz“, so Gehrke, „aber Lokstedt hat hinten wirklich gut ‚abgeschlossen‘ – und wir sind extrem schlecht ins Spiel gekommen“, befand der Coach der Rothosen, der zudem viel zu viele Fehler zu beklagen hatte. Vor dem 0:1 sah Michael Ulbricht nicht allzu gut aus. Beim 1:2 gaben erst Haci Gündogan, dann Edward Pfister am zweiten Pfosten keine glückliche Figur ab. Hinzu kamen die fehlende Konterabsicherung, ein in erster Linie „zerschellter Chip“ von Pfister nach einem eigenen Eckball, der zum verhängnisvollen Gegenzug und dem Tor zum 1:4 führte – und nach einer unglaublichen Aufholjagd die negative Krönung: Anstatt den Ball einfach ins Aus zu befördern, ging Kevin Herbermann auf die Balleroberung. Doch Boutrif blieb hartnäckig, erkämpfte die Kugel und eilte schnurstracks auf Dardon zu – 4:5 (74.)!

„Da hat dann auch die Schlussoffensive nichts mehr genutzt“, erklärte Gehrke – und gab unumwunden zu: „Die haben sich das erkämpft, errannt, erspielt – und es war am Ende nicht unverdient. Damit haben wir das nochmal ein bisschen scharf gestellt. Jetzt müssen wir nächste Woche in Kummerfeld sehen, dass wir wieder in die Spur kommen“, beträgt der Vorsprung auf die U23 der Eintracht, 11:0-Sieger gegen einen hoffnungslos unterlegenen FTSV Altenwerder, „nur“ noch fünf Punkte. Allerdings muss Norderstedt am kommenden Wochenende nach Lokstedt reisen.

Aus 1:4 mach 4:4

Der überragende Hattrick-Schütze Max Kutschke (li.) nimmt gegen Rothosen-Verteidiger Michael Ulbricht Maß. Archivfoto: noveski.com

Den zwischenzeitlichen Ausgleich durch Herbermann, der eine Stafette über Gündogan und Lasse Lüttgen zum Abschluss brachte (31.), gab dem Primus keinerlei Sicherheit. Postwendend geriet man nach einem Standard wieder auf die Verliererstraße, ehe man erneut ausgekontert wurde. „Wir haben uns in der Halbzeit ordentlich was vorgenommen und gesagt: Egal wie, wir gehen jetzt drauf und packen nochmal ein paar Kohlen ins Feuer“, verriet Gehrke. Aber spätestens nach dem 1:4 schien der Drops gelutscht. Doch: Der HSV III zeigte Moral. „Danach haben wir uns reingearbeitet“, und kam durch Treffer von Herbermann (52.), einen zweifelhaften Foulelfmeter von Sepehr Nikroo (63.) und Sebastian Schmalbach (67.) tatsächlich zum 4:4-Ausgleich.

"Damit ist zu dem Thema alles gesagt..."

Doch dann kam die „überragende Einzelaktion“ von Boutrif. „Danach war nur noch Kampf, Wille und Leidenschaft! Alle haben dagegengehalten, wir haben zusammengehalten – ohne Einflüsse von außen. Damit ist zu dem Thema alles gesagt...“, machten umstrittene Entscheidungen die Freude von Josipovic, der mit seinen Lokstedtern in dieser Saison den Fairness-Preis gewann und aktuell an dritter Stelle der Fairplay-Wertung steht, zunichte. Aber: „Es hat sich in den letzten drei Wochen bereits abgezeichnet, dass wir wieder zu unserer Stärke und unserer Form zurückgefunden haben“, konnte er sich dann doch noch über den Coup freuen.

Autor: Dennis Kormanjos