„Unterschiedliche Auffassungen“ – Bettin hört nach sechs Jahren auf!

„Katastrophal!“ – Altenwerder bricht in Schlussphase ein

17. Februar 2016, 01:04 Uhr

Altenwerder-Coach Thorsten Bettin (l.) hört nach sechs Jahren am Saisonende auf. Hier im Gespräch mit "Sündenbock" Waldemar Grigoruk. Foto: noveski.com

Von einer holprigen Vorbereitung zu sprechen, wäre schon fast ein Stück weit untertrieben: Aufgrund zweier angesetzter Nachholspiele, die bei den Witterungen stets auf der Kippe standen, musste der FTSV Altenwerder körperlich bereits zu einem Zeitpunkt auf der Höhe sein, an dem sich andere Teams noch in der Winterpause befanden. Die Vorbereitung wurde so konzipiert, dass man rechtzeitig zum ersten Pflichtspiel Vollgas geben könne, allerdings musste gleichzeitig „zweigleisig geplant werden“, wie Liga-Manager Sven Lührs erklärt. Gar nicht so einfach, wenn erst wenige Stunden vor Anpfiff bekannt wird, dass gar nicht gespielt werden kann – und kaum möglich, so kurzfristig einen Testspielgegner an Land zu ziehen.

FTSV-Doppeltorschütze Eugen Götz. Foto: noveski.com

Umso überraschender dürfte der Auftritt der Bettin-Kicker in den ersten 45 Minuten im Süd-Derby gegen den TuS Finkenwerder gewesen sein. Zwar verschlief der FTSV den Start in die Partie – Justin Gutzeit hatte nach Rolf-Vorarbeit bereits nach 120 Sekunde die Riesenchance zur Führung für die Gäste, scheiterte aber an Altenwerder-Keeper Marc Wendt sowie am Außennetz –, doch folglich kamen die Hausherren besser in die Begegnung. Mümin Mus vergab zunächst noch im Eins-gegen-Eins, ehe der Torjäger wenig später eine Überzahl schaffte und mit einem herrlichen Pass in die Tiefe Eugen Götz in Szene setzte. Dieser behielt die Nerven und schob freistehend zur FTSV-Führung ein (22.)! Es entwickelte sich ein offenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten – und dem zweiten Torerfolg der Gastgeber: Eine scharfe Hereingabe von Ken Steffens wurde vor die Füße von Götz geklärt, dessen wuchtiges Geschoss aus 17 Metern haargenau im Knick einschlug – 2:0 (43.)!

„Katastrophal – völlig saft- und kraftlos!“

Finkenwerders Helge Körs (l.) und Aushilfs-Innenverteidiger soiwe Kapitän Daniel Schröder. Foto: noveski.com

Was dann allerdings geschah, machte die Sportliche Leitung des letztjährigen Hansa-Ligisten fassungslos. „Keiner wusste zu diesem Zeitpunkt, dass wir in der Kabine bleiben und nicht zurückkommen“, befand Lührs im übertragenen Sinne und führte aus: „Für uns war es ein Katastrophen-Sonntag!“ Dass der Manager nach starken ersten 45 Minuten ein solch ernüchterndes Fazit ziehen musste, war tatsächlich nicht absehbar. Doch: „Was wir in der zweiten Halbzeit gezeigt haben, war katastrophal – absolut saft- und kraftlos!“ Nachdem Finkenwerder bereits drei Hundertprozentige liegen ließ, war es Claas Rehder, der nach Rolf-Hereingabe die Wende einleitete (60.) und die acht furiosen Schlussminuten mit dem Treffer zum 2:2 eröffnete, als er am zweiten Pfosten zur Stelle war – nachdem Kai Vollpott einen Siegismund-Freistoß verlängerte (82.)! Bei Altenwerder ging kaum noch was – stattdessen erwies Routinier Waldemar Grigoruk seinem Team auch noch einen absoluten Bärendienst, als er gegen Torschütze Rehder nachtrat und glatt Rot sah (82.)! „So etwas darf einem stellvertretenden Mannschaftskapitän nicht passieren!“, ärgerte sich Lührs.

Innerhalb von acht Zeigerumdrehungen machte der TuS aus einem 1:2 ein 5:2! Goalgetter Daniel Schröder, der als Innenverteidiger (!) aushalf, war nach einem weiteren ruhenden Ball zur Stelle – 3:2 Finkenwerder (85.)! Dann startete Erik „Bolt“ Rolf noch am eigenen Sechzehner zu einem unnachahmlichen Solo, legte sich die Kugel einige Meter vor und sprintete an Mann und Maus vorbei, um dieses herausragende Solo mit dem 4:2 zu krönen (89.)! Schließlich staubte Vollpott nach einem Lattentreffer zum Endstand ab (90.)! Für Finkenwerder war es der neunte Sieg im neunten Auswärtsspiel – und dieser war auch nach Meinung von Lührs mehr als nur verdient. „Ich habe es auch Trainer Deniz Zepcan nach dem Spiel gesagt, dass auch die Höhe in Ordnung geht. Unsere Leistung in der zweiten Halbezti ist mir völlig unerklärlich. Ich hatte da ein kleines Déjà-vu an die vergangene Landesliga-Saison, als wir nach Rückständen auch oft Auflösungserscheinungen hatten. Auch wenn die Vorbereitung nicht optimal verlief, appelliere ich an die Selbstständigkeit der Spieler. Die Mannschaft ist jetzt gefragt und gefordert, eine Reaktion zu zeigen!“ Bettin befand: „Jetzt zeigt sich die bescheidene Vorbereitung.“

„Thorsten hat sechs Jahre lang herausragende Arbeit geleistet“

Manager Sven Lührs fand nach der Derby-Schlappe gegen Finkenwerder deutliche Worte. Foto: noveski.com

Ein bitteres Ergebnis im letzten Derby gegen Finkenwerder für die Sportliche Leitung des FTSV Altenwerder. Denn das Trainerteam Thorsten Bettin/Manuel Garcia sowie Manager Sven Lührs werden ihre Ämter nach der Saison zur Verfügung stellen! „Diese Entscheidung hat gar nichts mit der beruflichen Situation zu tun, wie es zuletzt hieß“, stellt Lührs klar, „es gab einfach unterschiedliche Auffassungen über die künftige sportliche Ausrichtung zwischen Verein und der Sportlichen Führung.“ Heißt: Für Bettin ist nach sechs Jahren am Jägerhof zum Saisonende Schluss! „Thorsten hat beim FTSV Altenwerder herausragende Arbeit geleistet“, schwärmt Lührs regelrecht vom 50-jährigen Übungsleiter, der den Klub in die Landesliga führte, einige Jahre unter bescheidenen Bedingungen in der Klasse hielt und während der Hinserie auch ein Kandidat beim Oberligisten FC Türkiye auf die Nachfolge von Reza Khosravinejad war. „Das letzte Jahr in der Landesliga schmerzt noch immer – das wollten wir reparieren. Leider ist dies nur eingeschränkt möglich...“ Lührs selbst hat derzeit zwei Anfragen vorliegen, wie er sagt. „Eine geht ein bisschen weg vom Fußball – die andere kommt von seinem sehr attraktiven Verein, der auch höherklassig spielt. Wichtig ist mir, dass es ein Verein mit einem klaren Konzept ist, dessen sportliche Auffassung ich auch voll und ganz vertreten kann.“ Nichtsdestotrotz betont er: „Stand jetzt, sitze ich ab Ende Mai auf der Couch. Ich möchte mich nicht ins Schaufenster stellen und kann mir auch gut vorstellen, ein Sabbatjahr einzulegen. Ich bin da total entspannt!“