„Die Höhe nervt!“ – Ferati-Traumtor wendet Kunstrasen-Derby!

HSV-Nachwuchs „verwundert“ Trainer in Hälfte eins - und schlägt dann zu

08. März 2018, 00:10 Uhr

Der „Zaunkönig“ mal anders. Auf dem Kunstrasen-Trainingsplatz des HSV am Volksparkstadion triumphierte die U21 - trotz Rückstand - am Ende deutlich gegen Norderstedt. Foto: Mewes

Ein gewöhnliches Regionalligaspiel war es sicherlich nicht – und das hatte nicht einmal etwas mit dem Derbycharakter, sondern vielmehr mit den Randerscheinungen zu tun. Auf dem Kunstrasen-Trainingsplatz am Volksparkstadion, unmittelbar vor dem schmücken Campus, empfing die U21 des HSV den Kontrahenten aus Norderstedt. Nicht etwa zu einem Testvergleich. Nein, beide Mannschaften duellierten sich auf Punktspielebene. „Der Platz ist top. Aber wenn da ein kleines Stadion drumherum ist, ist das eine ganz andere Atmosphäre, als wenn man auf einem Trainingsplatz spielt“, erklärte Eintracht-Coach Dirk Heyne im Nachgang, machte aber auch unmissverständlich klar: „Wir waren froh, dass wir spielen können!“

Die Entscheidung des Norddeutschen Fußball-Verbandes, die Partie tatsächlich unter diesen Bedingungen stattfinden zu lassen, sorgte insbesondere bei den Fans für reichlich Diskussionsstoff. Schon vor Anpfiff hielt der Anhang der Gäste ein Banner mit der Aufschrift „Extrawurst für den HSV“ in die Höhe. Apropos HSV: Der Bundesliga-Nachwuchs, an der Spitze des Tableaus thronend, tat sich lange Zeit unwahrscheinlich schwer gegen die Garstedter. „Mit der ersten Halbzeit war ich sehr unzufrieden“, bekannte Trainer Christian Titz. „Was mich ein bisschen verwundert hat bei meiner Mannschaft: Wir spielen eigentlich auf einem Geläuf, das wie gemacht für uns ist. Und trotzdem haben wir uns sehr schwer getan. Da war viel Stückwerk dabei.“

„Wir hätten in der ersten Halbzeit auch 3:0 führen können“

Jan Lüneburg (re.), verdrängte Sinisa Veselinovic, besorgte die frühe Eintracht-Führung. Archivfoto: KBS-Picture.de

Schon in der neunten Spielminute brachte Jan Lüneburg den Außenseiter – nach einer Rechtsflanke von Felix Drinkuth – mit einem schulbuchmäßigen Kopfball auf die Siegerstraße! Linus Meyer, der von halbrechts freistehend etwas zu ungenau zielte (22.), und abermals Lüneburg, der von der Mittellinie den Kunstschuss über den sehr weit vor seinem Kasten postierten Morten Behrens versuchte und nicht weit am Gehäuse vorbei zog (26.), hätten die Führung sogar noch ausbauen können. „Das Spiel hätte auch einen anderen Verlauf nehmen können“, gestand Titz. „Wir hätten es in der ersten Halbzeit auch deutlich machen und 3:0 führen können“, konstatierte hingegen Heyne und fügte an: „Wir hatten Vieles im Griff – sicherlich war das auch mit großem Aufwand verbunden.“ Wie man mit seinen Torchancen umzugehen hat, demonstrierten die „Rothöschen“ auf der anderen Seite: Tatsuya Ito passte von links flach auf den ersten Pfosten, wo Törles Knöll in bester Torjäger-Manier nur noch den Schlappen reinhalten musste – 1:1 (32.)! Und beinahe hätte Arianit Ferati das Spielgeschehen binnen weniger Augenblicke mit der Zweiten Hausherren-Möglichkeit gänzlich auf den Kopf gestellt – aber eben nur beinahe (34.).

„Sehr effektiver HSV“ entnervt die Eintracht

Dank einer deutlichen Leistungssteigerung nach der Pause hatte der Tabellenführer letztlich allen Grund zum Jubeln. Archivfoto: KBS-Picture.de

Doch: Der Aue-Rückkehrer zeigte unmittelbar nach dem Wiederanpfiff seine ganze Klasse. Ein bitterer Fehlpass von Philipp Koch, genau in die Füße von Knöll, sorgte für einen Gegenzug, den Ferati mit einem traumhaften Schlenzer aus 25 Metern halbrechter Position in den linken Torgiebel veredelte (46.)! „Wir reden in der Pause noch über Ballsicherheit und kriegen dann ein Tor, dass genau daraus resultiert“, ärgerte sich Heyne. „Natürlich war das ein Sonntagsschuss, aber er hat die Qualität und zeigt sie auch im Training. Er kann spiele entscheiden und das heutige hat er mit dieser Aktion gewendet“, lobte Titz seinen Kunstschützen. Jenes Attribut hätte auch auf Lüneburg zutreffen können, wenn einer seiner beiden Versuche aus gut und gerne 50 Metern das Ziel gefunden hätte – diesmal touchierte die Kugel sogar das Außennetz (56.). Auch Meyer hatte die große Gelegenheit, die Partie in Minute 63 wieder zu egalisieren, schoss aus elf Metern halbrechter Position allerdings knapp drüber. Ansonsten bekam der Tabellenprimus das Spiel nun immer besser in den Griff und kontrollierte Ball sowie Gegner. Für die Vorentscheidung sorgte Moritz Broni Kwarteng, der von rechts nach innen zog und aus 17 Metern per Linksschuss ins rechte untere Toreck zum 3:1 einschweißte (67.)!

In den Schlussminuten musste Norderstedt aufpassen, nicht gänzlich unter die Räder zu kommen. Erst erhöhte Mohamed Gouaida nach Vorarbeit des eingewechselten Mats Köhlert ohne große Mühe auf 4:1 (82.), ehe der Franzose nach einem Ito-Querpass mit einem trockenen Linksstrahl unter den Querbalken auch noch das 5:1 besorgte (86.)! Dass die „Rothöschen“ am Ende nicht noch das halbe Dutzend voll machten, verhinderte EN-Keeper Lars Huxsohl mit einer tollen Parade gegen Itos Schuss (88.). „Der HSV war sehr, sehr effektiv“, befand Heyne, der seinen Mannen vor allem bis zum 1:3 keinen Vorwurf machen konnte. „Dann kam das Passspiel vom HSV, wir sind nicht mehr hinterher gekommen und hatten vom Läuferischen her ein bisschen Probleme. Aber bis zu diesem Zeitpunkt war es nicht so, wie das Ergebnis jetzt dasteht.“ Abschließend betonte er jedoch: „Natürlich nervt die Höhe! Denn die gibt nicht das Spiel her. Prinzipiell habe ich nichts großartig auszusetzen. Die Jungs haben bis zum Schluss alles gegeben, was drin war – und alles andere werden wir intern besprechen.“

„Manchem Verein würde so eine Ausnahmeregelung helfen“

Mohamed Gouaida (oben) sorgte per Doppelpack für den 5:1-Endstand. Archivfoto: KBS-Picture.de

Sein Gegenüber konstatierte derweil: „Die zweite war eine sehr gute Halbzeit von uns. Da haben wir uns dann auch belohnt. Wir wussten, dass wir auf eine gute Herrenmannschaft treffen, wo man Geduld haben und über die Zeit gehen muss. Uns war schon klar, wenn wir das Spiel über die Dauer auf unserer Seite halten, werden die Räume größer. Die haben wir dann nutzen können.“ Zu guter Letzt standen aber nochmal die äußeren Randerscheinungen im Mittelpunkt. Heyne: „Als die Anfrage kam, habe ich sofort ja gesagt. Die Jungs wollen doch auch mal so langsam losgelassen werden. Philipp Koch hat seit gefühlt einem halben Jahr das erste Mal wieder auf dem Platz gestanden.“ Unterdessen lautete Titz‘ Plädoyer: „Ich spiele am liebsten auf Naturrasen. Aber wir wissen doch alle selbst, wie es zu dieser Jahreszeit ist. Und wenn du die Spiele durchbringen willst, würde es manchem Verein helfen, wenn es vielleicht mal zu so einer Zeit eine Ausnahmeregelung gibt, dass die Mannschaften auf Kunstrasen gehen können. Sonst kommst du wirklich in die Bredouille.“

Autor: Dennis Kormanjos