Traumtor-Tag: Ohne Hass, aber mit dem Fußballgott im Bunde!

Wedels Kunststücke düpieren schwache Halstenbeker

17. Dezember 2016, 19:21 Uhr

1:0-Schütze Marcus Richter (2. v. li.) lässt sich von Gerrit Gomoll (li.) und Niklas Sabas feiern. Auch Hendrik Ebbecke eilt herbei. Foto: KBS-Picture.de

Marcus Richter war der wohl traurigste Protagonist des ersten Aufeinandertreffens zwischen seinem Wedeler TSV und der SV Halstenbek-Rellingen. Grund: Der Angreifer traf damals doppelt, ehe das Derby wenige Minuten vor Schluss aufgrund eines Gewitters abgebrochen wurde. „Natürlich war ich danach angefressen, weil meine zwei Tore flöten gegangen sind“, ärgerte sich Richter. Dementsprechend groß war die Motivation vor der Neuauflage. „Wir waren völlig fokussiert auf das Spiel und hatten ein bisschen Hass im Hinterkopf“, gestand der 27-Jährige.

HR-Keeper Mirko Oest (re.) segelt vergeblich - und kann den Einschlag bei Richters Kunstschuss nicht mehr verhindern. Foto: KBS-Picture.de

Dass die SVHR so etwas wie der Lieblingsgegner des aus Cuxhaven gekommenen Offensivakteurs ist, unterstrich dieser einmal mehr – und das auf äußerst eindrucksvolle Art und Weise. Nachdem Niklas Siebert – leistete sich wenige Augenblicke zuvor eine eklatant schlechte Schwalbe – die einzige echte Halstenbeker Chance für lange Zeit knapp vergab (25.), war es eben jener Richter, der nach Gerrit Gomolls Ballgewinns, Sonay Hayrans Hereingabe und Sieberts missglückter Kopfballabwehr vor dessen Füße aus gut und gerne 28 Metern halbrechter Position einfach mal Maß nahm. Der Strahl des Angreifers segelt im hohen Bogen Richtung rechter Torwinkel und schlug dort ein – absolut unhaltbar für HR-Fänger Mirko Oest, der diesem „Sonntagsschuss“ am Samstagnachmittag nichts entgegenzusetzen hatte (28.)! „Das war kein Glück, ich habe den optimal getroffen“, verriet der Kunstschütze anschließend. Während seine Mitspieler an ihm vorbeihuschten und mit einem Lächeln im Gesicht das Gegenteil behaupteten.

"Völlig die Ordnung verloren und schlecht gespielt!"

Seht her, ich war's - scheint Marcus Richter nach seinem Geniestreich sagen zu wollen. Foto: KBS-Picture.de

Thomas Bliemeister, der berufsbedingt erst mit Verspätung am Platz eintraf, konstatierte trocken: „Nach dem 0:1 haben wir völlig die Ordnung verloren und wirklich schlecht gespielt!“ Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen – und viel mehr hatte auch Bliemeister nicht zu sagen. Selbst während der 90 Minuten herrschte auf der Bank der Gäste nahezu Totenstille. Stattdessen musste Bliemeister mit ansehen, wie einer seiner Ex-Spieler nun so richtig aufdrehte: Es war schlichtweg eine Augenweide, mit welcher Leichtigkeit Marlo Steinecke das Spielgerät behandelte und seinen ehemaligen Teamkameraden damit so richtig wehtat. Von Richter in Szene gesetzt, ließ er Ermisch ins Leere rutschen und schoss von halblinks gekonnt ins lange Eck ein. 2:0 (38.)! Es folgte das zweite Traumtor des Tages, als Steinecke das Defensiv-Chaos der Gäste einmal mehr zu nutzen wusste – und den Ball aus 30 Metern mit Übersicht in den linken Giebel streichelte (42.)! „Ich verstehe mich nach wie vor mit allen Leuten gut bei HR. Von daher ist es eine Sache von Anstand, dass ich mich verhalten freue – gerade bei solchen Toren“, erklärte der „Stratege“ hinterher, fügte aber auch an: „Es war ein hin und her am grünen Tisch. Von daher ist es schon ein Stück weit Genugtuung.“

Doppeltorschütze Steinecke fliegt, Schiri Krüger hat nach 88 Minuten genug

Aus halblinker Position trifft Marlo Steinecke (li.) gegen den zu spät kommenden Vincent Ermisch zum 2:0. Foto: KBS-Picture.de

Das Derby war nach 45 Minuten entschieden. „In der ersten Halbzeit haben wir guten Fußball gespielt, dann den Fuß vom Gaspedal genommen“, fasste 1:0-Schütze Richter treffend zusammen. Yakup Telli (58.) und Tim Jeske (64.) verpassten den Ehrentreffer, ehe erstgenannter noch einmal am Innenpfosten scheiterte (77.). WTSV-Schlussmann Lucas Albracht war nahezu beschäftigungslos! Einen Aufreger hatte die Begegnung allerdings noch – und wie sollte es auch anders sein: Dafür verantwortlich waren einmal mehr die Wedeler. Kurz vor Ultimo stellte sich Steinecke in den Dienst der Mannschaft und holte bei einem Konter in einer Eins-gegen-Drei-Situation Halstenbeks Christian Okafor zu Fall. Referee Björn Krüger (SV Börnsen), der wenig später nach 88 Minuten abpfiff (!), zeigte dem „Doppelpacker“ glatt Rot (83). Das änderte jedoch nichts mehr am Ergebnis. „Der Fußballgott ist Wedeler“, urteilte Thorsten Zessin mit dem Schlusspfiff – und spielte damit auf das sehr unglückliche Ende des ersten Duells an.

"Ich hätte heute wahrscheinlich fünf Rote Karten bekommen"

Ein Bild mit Symbolcharakter: Jubelnde Wedeler - hier nach dem 3:0 durch Marlo Steinecke (2. v. re.). Foto: KBS-Picture.de

Wedel-Coach Daniel Domingo bilanzierte: „Da ich ja Südländer bin, habe ich den Jungs in der Ansprache gesagt: Ihr könnt froh sein, dass ich nicht spiele. Denn ich hätte wahrscheinlich – etwas übertrieben gesagt – fünf Rote Karten bekommen in so einem Spiel. Ich wollte der Mannschaft damit vermitteln, dass Emotionen dazu gehören, aber der Kopf mitspielen muss. Natürlich wollten wir gewinnen – vor allem gegen den Gegner.“ Allerdings gab er auch an: „Es brennt in einem, aber es ist kein Hass. Wir wollen niemandem wehtun, sondern wollten es rein sportlich allen zeigen.“ Trotz des äußerst souveränen Auftritts und der völlig verdienten drei Punkten gegen einen alles in allem schwachen Gegner, befand Domingo aber auch: „Es wird immer schwer, wenn der Gegner nichts mehr zu verlieren hat. Aber wir haben in der zweiten Halbzeit gar nichts mehr gemacht. Das ist eine reine Kopfsache.“ Angebrannt ist dennoch nichts. „Schön, dass wir auch zu null gespielt haben“, so Domingo abschließend.